Mittwoch, 26. Dezember 2012

Frohe Weihnachten

Oha, nun aber gerade noch kurz vor knapp hier mein offizieller Weihnachtsgruß:




Und das eigentlich auch weniger dank Pflichtgefühls, sondern dank Schlechtwetterphase! Denn am zweiten Weihnachtstag, in Irland "St Stephen's Day" befinde ich mich traditionell um 15 Uhr bis zum Kinn im Matsch stehend auf der alljährlichen Weihnachtswanderung meiner Schwiegerfamilie. Nach alter Sitte treffen sich mittags alle fünf Söhne mitsamt Gattin und den dazugehörigen Sprösslingen zur Wanderung in den Niederungen County Wicklows. Ich berichtete bereits. Dieser Kelch ist dieses Jahr an mir vorbeigegangen. Noch nie habe ich mich so sehr über den Besuch und den damit immer verbundenen Krankenstand meiner Eltern gefreut... Denn als wir alle um 12 Uhr am vereinbarten Parkplatz eintrafen, regnete es Katzen und Hunde und ich beschloss spontan - und in filialer Rücksichtnahme auf meine Eltern - heute mal keine angeheiratete P___ zu sein und den Matschgang ausfallen zu lassen! Während sich Kinder und der Gatte dem Ruf des Blutes nicht entziehen konnte (bei vier naturburschig veranlagten Brüdern ja auch verständlich) die Herausforderung Wind, Regen und Matsch zu besiegen, schwang ich mich hinter den Volant und steuerte die zivilisationsgeschädigten Deutschen wieder in die behagliche Frösteligkeit des heimischen Altbaus. Zuhause friert es sich einfach gemütlicher, nicht wahr?

Und so genieße ich jetzt bei der dritten Tasse Tee das geruhsame Aktualusieren meiner Blogs und freue mich darauf, danach gleich mit meinen Weihnachtsgeschenken weiterspielen zu dürfen, während Schwiegerfamilie am Berg noch in der Schlammlawine hängt. Kulturelle Unterschiede machen sich an den Festtagen besonders deut(sch)lich aus. Aber das gönn' ich mir!

Ein weiterhin schönes Verdauen wünscht...

Sonja


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Montag, 29. Oktober 2012

Winterzeit ist Abschiedszeit

So richtig verstanden habe ich es ja immer noch nicht, wieso es hier zu einer anderen Zeit dunkel wird als zu Hause in D'land. Und ich meine jetzt nicht Zeitdifferenz von einer Stunde wegen Irlands westlichererererer Lage als D'land. Mir kommt es - subjektiv? - so vor, als würde es hier erst später dunkel als in der Heimat.

Was mich aber trotzdem nicht davon abhielt, heute zu erschrecken. Ist ja schön und gut, dass die Zeitumstellung immer am Wochenende erfolgt. Das Dumme dabei ist nur, dass man es am ersten Morgen neuer Zeit nie wirklich bemerkt und das böse Aufwachen, im übertragenen Sinne, erst am darauf folgenden ersten Werktag kommt: Man sitzt gemütlich bei der Arbeit, freut sich auf den Feierabend. Und plötzlich ist es um 17.30 stockduster draußen.

Grauenhaft. Zwar gibt es jetzt noch die Übergangsphase, in der es wenigstens morgens früher hell wird. Da darf man immerhin noch mit der Sonne aufstehen und muss lediglich nur im Dunkeln nach Hause gehen. Aber drei Wochen weiter und wir sind wieder in der totalen Finsternis. Da geht man im Finstern zur Arbeit und kommt erst im Finstern nach Hause. (Es sei denn man ist so glücklich dran wie ich - und arbeitet von zu Hause, *haha*.)

Apropos Übergangsphase: liebe LeserInnen - ich weise dann mal aus gegebenem Anlass darauf hin, dass die [West]Randbemerkungen dann mal wieder in den Winterschlaf gehen. Jetzt geht's auf Weihnachten-Blog weiter. Da muss ich allerdings erstmal ein bisschen sauber machen - damit es auch weihnachtlich schön wird.

Bis bald und happy hibernation.

Eure
Sonja

Dienstag, 23. Oktober 2012

Sonja bastelt wieder

Tausende von Auslandsdeutsche begegnen Tag für Tag dem gleichen grausamen Schicksal. Fern von der Heimat darben fingerfertige Frauen an der mangelhaften Versorgungslage von Bastelmaterialien und erdulden das bastelshoplose Exilantinnendasein. In Irland trifft es uns bekennende Basteltanten besonders hart. Nicht nur, dass außer Papier und Wolle handarbeitstechnisch wenig Material erhältlich ist und dass der Ire an sich Handarbeit wenig schätzt, außerdem bringt die geographische Randlage der Insel eine äußerst pekuniär anspruchsvolle Problematik mit sich: Die im Internet mittlerweile global gehandelten und im Normalfall günstig erhältlichen Bastelmaterialien werden dank Versandkosten zu kostbaren Luxusartikeln, die nach Verarbeitung kaum mehr bezahlbar sind.

Diese trost- und bastellose Kreativwüste erhellte nun kürzlich mein lieber Besuch D___ mit einem wunderbaren Mitbringsel, das so genial ist, dass ich es allen in- und ausländischen Mitlesern gerne vorstellen möchte. Ein Bastelabonnement, das desillusionierte Bastlerinnen in Entzücken versetzen wird. Supercraft nennt sich die Idee: Ein Bastelabo im zweimonatigen Turnus, bei dem alles, was zum Basteln benötigt wird, im Paket vorhanden ist.




Das vorliegende Paket war die Herbstedition von Supercraft. Und angesichts des Herbstwetters und gemütlicher Kaminabende enthielt das Paket alles, was man zum Stricken von ein paar gemütlichen Kopf- und Halswärmern braucht.


(Verdammt, hier links rächt sich, dass sich die faule Bloggerin zur Bildbearbeitung nicht aus Flickr herausbewegen wollte. Aviary kennt leider keine deutschen Umlaute. Nun ja, ihr als Muttersprachler versteht vermutlich, was ich schreiben wollte... )


Nach drei Jahren Fotostudium ist es Zeit, meine Kreativität mal wieder in etwas divers Bahnen zu lenken als ausschließlich Fotografie, und so griff ich mir spontan am Sonnabend mal das Kit und legte morgens los. Aus mehreren ausführlich beschriebenen Projekten im Kit suchte ich mir einen Schalkragen aus.











Blitzlichtergraute braune Wolle!

Nach ungefähr einem Nachmittag Stricken war mein Kragen fertig. Nur noch das lästige Zusammennähen lag vor mir. Und das ist normalerweise dann die Hürde, über die ich mit meiner Bequemlichkeit nicht hinüberkomme. Beim Supercraft Kit gab's da aber keine Ausrede - schließlich waren allen Zutaten vorhanden, Sticknadel, Schmuckknöpfe und so weiter. Also nähte ich mein Wollstück zusammen, setzte die Knöpfe auf und presto - mein erstes Supercraft Projekt war fertig.



Kleines Späßken - Basteln ist lustig!
Ich find's super - die Designs in der beiliegenden Anleitung sind superschön und verströmen alles andere als den Muff altmodischer Handarbeitsläden. Neben Mütze und Schal gibt es Anleitungen zu einem funky Handwärmer und lustigen Pompoms.

Ich hab jedenfalls gleich mal weiter gestrickt und neue Wolle rangekarrt, damit ein zweiter Kragen gestrickt werden kann. Meine Mutter hat bald Geburtstag - und ihr wisst ja, wie sehr sich Mütter über selbstgebastelte Geschenke freuen. *hüstel* Auch wenn ihre Kinder bereits das mittlere Lebensalter erreicht haben *unschuldigpfeif*
 

Von einer anderen Freundin hatte ich ein wunderschönes Knopf-Einzelstück geschenkt bekommen. Und hier war der ideale Verwendungszweck für das gläserne Kunsthandwerksstück. Kommt auf dem grauen Kragen wunderschön zur Geltung und wirkt geradezu wie eine glänzende Brosche!

Leider hat es nicht zum professionellen Ausleuchten von Model und Mode gereicht, deswegen werden die luschigen iPhone-Fotos dem schönen Kragen nicht gerecht, aber wenigstens zur allgemeinen Ansicht hier noch einmal ein Eindruck vom Gesamtwerk:


Jetzt kann ich nur noch
  1. hoffen, dass Mama hier nicht mitliest
  2. (wenn doch: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag; Päckchen kommt übermorgen!)
  3. wünschen, dass Supercraft weiterhin so coole Kits zusammenstellt
  4. und D___ danken, dass ich ihr Kit benutzen durfte.



Donnerstag, 18. Oktober 2012

Besuchszeit

Als Auslandsdeutsche bin ich in der glücklichen Lage, oft und lange Besuch zu bekommen. Für gesellige Menschen wie mich ist das ein Glücksfall. Besuch macht mich nämlich zu einem besseren Menschen. 

Das fängt schon vor der Ankunft meiner Gäste an. Spätestens am Tag vor der Anreise ist der Leidensdruck so groß geworden, dass Sonja zu Lappen und Staubsauger greift. Auch selbsternannte Schlampen haben schließlich ihren Stolz! Der Sauberkeitsgrad des Hauses wächst direkt proportional mit der Frequenz des Besuchs. Und dem Verwandtschaftsgrad zur Hausherrin. Direkte Blutsverwandte mit Doppel-X-Chromosom lösen etwa in der Hausschlampefrau ein stärkeres Bedürfnis zum makellosen Präsentieren des häuslichen Wirkungskreises aus als jugendliche Touristen aus dem weiteren Bekanntenkreis, insbesondere solche, die männlichen Geschlechts sind.

Aber auch während des Aufenthalts wirkt die Anwesenheit von Besuchern sich positiv auf seelische und heimische Hygiene der Dame des Hauses aus. Dank langjähriger Gewöhnung bin ich ein Frühaufsteher. Aber ich gebe zu, ich bin ein Spätanzieher. Während es ein Leichtes für mich ist, mich schon um 6.30 am PC zur morgendlichen Frühschicht einzufinden, gedopt mit einem Halbliter-Pott Tee, fällt es mir ungeheuer schwer, nach dem Familienfrühstück um 8 Uhr wortwörtlich aus den Puschen zu kommen. Ganz anders, wenn Besuch im Hause ist. Dem kann man ja schließlich nicht in geblümten Nachthemdchen und Schlupfsocken unter die Augen treten.

Wer mich kennt, weiß, dass ich ich bekennende Nicht-Köchin bin. Wenn es nach mir ginge, gäbe es bei mir nur Backwaren zum Essen. Diese zwar selbst gebacken. Aber keine gekochten Speisen. Mir fehlt die Liebe zum Kochen (leider allerdings nicht die Liebe zum Essen, aber das ist eine andere Geschichte). Dabei ist es um meine Kochkunst gar nicht so schlecht bestellt - Gordon Ramsay muss zwar nicht einpacken, aber zur Hausmacher-Verpflegung reicht es eigentlich noch. Doch hat sich Besuch angesagt, fühlt sich Sonja bemüßigt, in der Küche mit ein bisschen mehr Flair, Fantasie und Mühe zu kochen.

Kein Wunder, dass meine Familie meine Besucher immer extrem gerne empfängt. Nutznießer des picobello sauberen Hauses, einer gepflegten Gastgeberin/Mutter/Gattin und nahrhaft-abwechslungsreicher Ernährung sind meine Kinder. Die freuen sich schon auf den Besuch von Oma und Opa - denn dann wird hier endlich mal wieder sauber gemacht...

Montag, 15. Oktober 2012

Zwei Herzen schlagen in meiner Brust...

Normalerweise würde mich nichts in der Welt dazu hinreißen, auf der Basis von Blut, Sprache oder Grenzverlauf Loyalitäten öffentlich zu bekunden. Nationalismus ist mir zuwider - und auf Grund von jahrelangen Exillebens auch längst in seiner latentesten Form abhanden gekommen. Nur in einem Zusammenhang kann ich alte Loyalitäten nicht abschalten: wenn es um das runde Leder auf grünem Rasen geht. Und so war ich doppelt erfreut, als es mir gelang, zwei Karten für das WM-Qualifikationsspiel Deutschland - Irland im heimischen Aviva Stadion zu erwerben. Einmal die deutsche Nationalmannschaft live spielen sehen - und meinen fußballverrückten Sohn dazu einladen. Das war das ursprüngliche Vorhaben. Nur dass mir schon bald ein Haken bei meinem Plan auffiel: Während mich persönlich nichts  - auch nicht ein Sitzplatz außerhalb der deutschen Fanränge inmitten feindlicher Anhänger - davon abhalten würde, für Jogi Löws Truppe zu jubeln, würde die deutsche Mutter den sich mittlerweile als Iren selbst bezeichnenden Sohn vermutlich nicht nur irritieren, sondern auch peinlich berühren. Das war der Grund, warum ich meinen Sitzplatz an den irischen Kindsvater abtrat und die beiden Männer am vergangenen Freitag ins Stadion entließ, um selber von der heimischen Couch aus das Match am HD-kompatiblen LED Bildschirm mitzuverfolgen.

Boys in green vs Schland. Immer eine schöne Partie, die in der Regel wohlige Gefühle für deutsche Fußballfans aufkommen lässt - trotz wechselnder Form ein normalerweise bezwingbarer Gegner für die deutsche Fußballmannschaft bei unterhaltsamer tapferer Gegenwehr der nicht völlig hoffnungslos unterlegenen Iren. Denn das Schöne am Fußball ist doch seine Unberechenbarkeit: Wer will schon ein Topklassenteam gegen San Marino spielen sehen - da ist ja schon von vornherein klar, wer am Ende die Bälle aus dem Netz fischen muss und einzig und allein eine Frage bleibt offen: Wie viele Tore verwandelt heute der deutsche Torwart selbst?

Nein, die Iren sind eine Kämpfernation. Nach 800 Jahren Unterdrückung und winterlicher Abhärtung dank unbemützter Ausfahrten im Kinderwagen ein Volk zäher, schneidiger, aggressiver Draufgänger. Kurz - für eine Überraschung gut.

Allerdings hatte die Überraschung am vergangenen Freitag dann schon fast Herzinfarktpotential. Es fing ja alles normal an. Hier das Protokoll eines Fußballabends:

Sturm aufs irische Tor, deutscher Spieler im Strafraum gefoult. Kurzsichtiger Schiedsrichter gibt gelbe Karte gegen den Gefoulten (!). "Schiedsrichter - Telefon!!" Im Gegenkonter ballert Reus zwei Minuten später das Leder ins Tor. 1:0.
"Super, das ist die Revanche für das Foul. Recht geschieht's euch, Irland!"
Die Deutschen spielen beflügelt und drängen weiter auf die Iren ein. 40. Minute: Reus trifft zum zweiten Mal.
"Tooooor! Klasse Mensch, das läuft ja heute gut. Schade, dass ich nicht im Stadion bin. Mensch, da ist sicher dolle Stimmung."
Halbzeit - Teezeit.
Wechselplänkeleien auf beiden Seiten. Bisher haben die Iren noch nichts aufregendes gezeigt, und das irische Kritiker-Trio im Studio war angesichts der unkoordinierten Spielweise der irischen Mannschaft auch nicht gerade erfreut. Der deutsche Fan sitzt gemütlich zurückgelehnt auf dem Sofa.
Moment, was war das? Foul Foul FOUL! Özil im Strafraum gefoult. Der Schiedsrichter muss in der Halbzeit wohl die Kontaktlinsen gewechselt haben - jetzt gibt's Elfmeter. BOOOOOM. Drin.
"Klasse, das war's. Jetzt kann man richtig genießen, mit drei Toren Vorsprung ist hier eigentlich alles gelaufen, verlieren werden die Deutschen nicht mehr. "Schöööön, so ein Spiel."
BANG. Drei Minuten später knallt Klose den Ball zum 4:0 ins Netz.
"Jut, Leute, bravo. Alles klar. Das Spiel haben wir in der Tasche. Jetzt reicht es dann auch."
SMS von einem deutschen Freund aus dem Stadion: "Wird langsam bitter!"
Genau mein Gedanke. Jetzt find ich's nicht mehr schön.
Die irische Mannschaft spielt nicht mehr mit. Steht nur noch rum.
62. Spielminute: 5:0! Status Update Facebook: "Ok, das reicht jetzt. Hört auf, Deutschland!"
Und irgendwie hat man fast das Gefühl, als sei es den Deutschen tatsächlich peinlich, noch weiter aufs Tor zu stürmen. Stattdessen machen die Deutschen Trainingslager-Kreisspiele um sich warm zu halten. Trotzdem in der 83. Minute 6:0.
Mir ist der Spaß vergangen. Ich kann jetzt nur noch hoffen, dass die mittlerweile wie begossene Pudel nur noch leidenschaftlos auf dem grünen Rasen umherirrenden Iren wenigstens einen Ehrentreffer in den Kasten setzen. Ganz ohne Gegenwehr zu gewinnen macht eben keinen Spaß (s. San Marino). Und auch dafür rennt ihnen fast die Zeit weg - in der 90. Minute gelingt ihnen der Treffer.

Was für ein grauenhaftes Spiel. So richtig kann ich mich nicht mal über den Sieg freuen, denn jetzt stellt sich heraus, dass die Loyalitäten doch nicht so deutlich verteilt sind. Zwar hat die deutsche Mannschaft gewonnen - aber dafür wurde die irische Mannschaft auch (zwar nicht grundlos! aber dennoch) gedemütigt.
Es schlagen wohl doch zwei Herzen in meiner Brust. Gewinnen darf Deutschland gerne gegen Irland - aber bitte verletzt nicht ihre Ehre völlig!

Freitag, 12. Oktober 2012

Prominenz

Eigentlich wollte ich schon lange mal einen Blogbeitrag darüber schreiben, wie prominentenfreundlich die Iren sind. Damit meine ich nicht, dass sie Prominente vergöttern und anbeten - ganz im Gegenteil. (Man denke nur an dieses wunderschöne urbane Märchen, das bereits in den offiziellen Kanon der weltbesten Fan-Encounters eingegangen ist: Der Legende zu Folge begab sich der bekannte Sänger einer noch bekannteren irischen Rockband in sein Süd-Dubliner Stammlokal. Die dort bereits heftig zechenden Normalsterblichen erkannten den als zugänglichen Gutmenschen bekannten Sänger sofort. Ein besonders gewiefter Anwesender soll auf dem Weg zum WC auf Popstar Bono zugetreten sein: "Bono, hör mal, ich bin hier gerade auf einem Date mit einer Frau, die ich gerne beeindrucken würde. Wäre es möglich, dass du gleich, wenn ich aus dem WC zurück bin, mal eben an den Tisch rankommst und hallo zu mir sagst? Ich heiße James." Der immer freundliche Bono konnte sich diesem Ansinnen nicht entziehen - er macht ja so gerne alles, was in seiner Macht steht, um den Menschen Freude zu bringen - und so stimmte er dem Plan zu. - James kehrte nach kurzer Zeit vom Klo zurück und setzte sich zurück zu seiner Angebeteten. Wie verabredet schlenderte Bono lässig zu James hinüber. "Hey James, nett dich hier zu sehen", elaborierte Bono freundlich, um James' potentielle Freundin adäquat mit seiner Prominenz zu beeindrucken. "Wie geht es dir?" Worauf James Bono direkt in die Augen blickte und sagte "F*ck off, Bono, ich hab jetzt keine Zeit!" --- Ah, köstlich, köstlich, diese Anekdote...)

Ja, so, ich wollte also mal einen Blogbeitrag über die Iren und ihr interessantes Verhältnis zur Prominenz schreiben. Das Problem: Ich komme nicht dazu. Weil ich ständig irgendwo selber irgendwelche Prominente treffe. Naja, treffen ist wohl etwas übertrieben - ich sehe sie. Gestern abend schnackte meine Freundin K___ z.B. unwissend einen bekannten irischen Theater- und Fernsehschauspieler an. Ich selbst saß bei meinem letzten Theaterbesuch direkt vor John Hurt. Und hinter besagtem Bono stand ich neulich auf einem Musikfestival.

Ja, mich beeindruckt das. Nicht, weil ich in der Nähe von göttlichem Talent zu stehen komme und vielleicht ein Milligramm des prominenten Glanzes und Glamours auch auf mich abfallen würde. Nein, es beeindruckt mich, weil man hier einfach so normal mit den Prominenten umgeht. Keiner macht ein Aufhebens um die Herrschaften - Fangetümmel gibt es hier nicht. Dafür aber gelegentlich eher forsche und dezent abschätzige Anekdoten wie die obige. Ich finde das irgendwie schön. Denn der Trubel, der um Prominente gemacht wird, kann doch für die Personen selber nicht angenehm sein. Wie grauenhaft muss es sein, immer und überall erkannt und angesprochen zu werden? Bei allem Glanz und aller Glorie der Welt: Der Verlust der Privatsphäre ist wahrscheinlich der höchste Preis, den die Prominenten bezahlen müssen. Es sei denn, sie ziehen nach Irland - und genießen das echte Leben.

Sonntag, 7. Oktober 2012

Es geht los!

Jou, und kaum habe ich mich auf Weihnachten gefreut, geht es auch schon los... Nichtsahnend erledigte Sonja ihren Wocheneinkauf beim Discounter ihres Vertrauens. Ein Päckchen Vollkornmehl, ein paar Eier, ein Kilo Kartoffeln. Oh was haben wir denn heute für eine Sonderaktion in der Mittelreihe?

Schock.

Oh Mann, muss das sein? Mitte Oktober, und der Weihnachtskladderadatsch ist schon wieder in aller Munde. Aber nicht in meinem. Nein, ich habe widerstanden. Die Marzipankartoffeln blickten mich mit ihren braunen Augen an. Die Nikoläuse wisperten "Kauf mich!" und der Spekulatius knisterte verführerisch in seiner Packung. Aber ich bin eiskalt vorbei gegangen. Natürlich nicht, ohne noch ein Foto zu machen.


Dabei werde ich dieses Jahr Weihnachten ganz böse Entzugserscheinungen haben, das weiß ich jetzt schon. Denn mit einem Trip nach Deutschland zur vorweihnachtlichen Stimmungsmache wird es dieses Jahr nichts. Ich habe mich stattdessen entschieden, nach London zu fliegen. Dort gibt es zwar keine Nikoläuse zu bestaunen, dafür aber andere bärtige Herren, die mich derzeit in mehr Entzuücken versetzen als schokoladige Hohlfiguren.

Quelle: Heirs of Durin
 Yum, da kriegt man dann doch auch Hunger. Auf andere Art...

Dienstag, 2. Oktober 2012

FYI

Oh mein Scott, was ist nur mit mir los? Ich fürchte, meine Mittlebenskrise ist zu Ende. Und die Menopause fängt an. Oder ich habe eine Sinn- und Schaffenskrise. Ich kann es mir eigentlich anders nicht erklären!

Ich freue mich auf Weihnachten!

Da, ich habe es ausgesprochen. Und das im September. Das sollte eigentlich mit Marzipankartoffeln bis zum Abwinken und Glühwein nicht unter drei Litern bestraft werden. Und zwar mit dem ganz Fiesen. Der in den Tetrapacks aus dem Discounter, der für 1,99 pro Liter mit dem extra langanhaltenden Kater inklusive direktem Draht zu Gott über das Porzellantelefon am darauffolgenden Morgen! Immerhin könnte man dabei ja schon mal gleich die Weihnachtswunschliste an den Hlg. Nikolaus übermitteln, der müsste da ja auch am anderen Ende sitzen...

Mensch Leute, jetzt hätte ich doch glatt hier schon voreilig den Laden dicht gemacht und auf das weihnachten-blog.com umgeschaltet! Das kanns' habn, wenn du es zu früh wagst, ins alte Blog vom letzten Jahr(esende) zu gucken. Bevor ich mich versah hatte ich eben mal sämtliche Einträge der Saison 2011/2012 durchgelesen. Und schon war ich in Stimmung. Es war auch einfach zu originell, das alles. Allein meine köstlichen Formulierungen und die immer spritzigen Themen! Ich hätte noch stuuuundenlang weiterlesen können *röchel* [Anm. d. Red. IRONIE!]

Nein, nein, nicht wirklich. Aber ich wollte euch lediglich mal vorwarnen, dass Ende des nächsten Monats dann wieder unausweichlich der Wechsel kommt. Aber bis dahin haben wir noch einen Herbstmonat bei den Westrandbemerkungen! Horrido!

Montag, 24. September 2012

Nur für Frauen geeignet!

Ok, Männer, bitte weglesen. Echt! Jetzt geht es um Frauensachen, und zwar wirklich ans Eingemachte. Nein, ich schwärme euch nicht wieder von meinem selbstgemachten Brombeergelee vor (obwohl das wirklich absolut hervorragend schmeckt). Ich möchte mich hier einmal auskotzen, was die medizinische Versorgung von Frauen in Irland angeht - und mögliche Auswanderer warnen, was hier auf sie zukommt.
Das Szenario: Ich war schon seit drei Jahren nicht mehr zur Untersuchung. Ok, ich bin zum Einen mit einer Rossnatur gesegnet und zum Anderen auch relativ sorglos und unhypochondrisch. Heute dachte ich mir aber, dass ich doch einmal selbständig aktiv werden könnte, und mir einen Termin verschaffen sollte. Schließlich sollte man ja eigentlich jedes Jahr mal einen gewissen Test machen lassen, der auf Englisch übrigens den reizenden Namen "smear test" trägt. (Doll - so ein richtig schönes lateinisches Wortungetüm würde mir da besser gefallen, als dieses einem direkt ins Gesicht starrende unschöne Wort. Nun ja.) Nachdem ich zunächst feststellen musste, dass mein bisheriger Frauenarzt offenbar nicht mehr praktiziert, rief ich woanders an. Was mich schon als erstes störte: Ohne Angabe von Gründen, warum ich eine Konsultation wünsche, kriegte ich schon mal von der eiskalt-genervten Sprechstundentusse am Telefon kein Gehör. Als ich dann meinte, es wäre wohl mal wieder Zeit für den Abstrich (auch nicht gerade ein besseres Wort, aber naja...), ließ sie mich deutlich spüren, wie *genorven* sie von meiner Anfrage war. Da müsste ich mich erstmal bei der staatlichen Stelle anmelden und mir von denen eine Überweisung für einen kostenlosen Test holen. Peng, aufgelegt.
Ok, ich mich also auf die Webseite von Cervical Check Ireland begeben, meine Daten da eingegeben und erwartet, einen Überweisungsschein zugemailt zu bekommen. Pustekuchen. Ergebnis: Abgewiesen. So einen Test gibt es hier nur alle drei Jahre. Ich bräuchte mich vor Mitte Februar 2013 nicht wieder melden.
Ich bin entsetzt und sauer. Ein wahres Unding, wie hier mit der Gesundheit von Menschen umgegangen wird. Seit wann ist so ein beknackter Test Luxus? Und wieso kann ich bei der Frauenarztpraxis nur dann einen Termin kriegen, wenn ich einen solchen Test machen lassen möchte? Echt, heute könnte ich Irland mal so richtig einen an die Backe klatschen. Die ham se doch nicht mehr alle, hier.

Dienstag, 18. September 2012

Ich bin verrückt nach deinem Brombeermund

Vielleicht sollte ich den neulichen Ausflug in die niederen Gefilde kulinar-erotischer Literatur dann doch noch einmal aufgreifen und erklären, was da eigentlich los war. Geht ihr im Herbst auch Beerensammeln? Ich kenne das noch aus meiner Kindheit, wenn ich mit meinen Eltern im Frühherbst Fahrradtouren entlang von Bahndämmen und auf heckenbesäumten Feldwegen machte, mit dem Plastikeimer am Lenker baumelnd, auf der Suche nach unseren geheimen Brombeerhecken... In Irland gibt es Gottseidank mehr Brombeeren als es Leute gibt, die diese eigenhändig verarbeiten wollen. Brombeeren wachsen an jeder Straße. Die Kunst ist hier eigentlich nur, Brombeerbüsche zu finden, bei denen man nicht von dem halsbrecherischen Verkehr bedroht wird.

Der Blutrausch, den ich euch beschrieben habe, ist (fast) wirklich so passiert. Wir waren zu dritt und hatten eigentlich nicht gerade reiche Beute auf unserer Route an der Rückseite von Bray Head gemacht. Erst auf dem Rückweg entdeckte ich dann das geheime Versteck der perfiden Brombeermafia: Die schwarzesten und saftigsten Dinger wuchsen meistens ganz unten, fast schon im Gras.

Und als ich mich dann - großzügig - auf das niedrige Niveau der Brombeer-Vigilanten herabgelassen hatte, da überkam mich dann dieser Brombeerrausch. Wo vorher nur leere Büsche uns gerade zu verhöhnt hatten, sah ich plötzlich Zweige-weise die üppigsten Beerenfrüchte. Während Gatte und Sohn um die letzte Kurve aus meinem Sichtbereich verschwanden - ich gebe es zu, ich war nicht ganz undankbar dafür; ich wusste, dass jetzt der Rausch zuschlagen würde, und das ist ein Anblick, den ich meinen Liebsten dann doch eher ersparen wollte - zupfte ich wie wahnsinnig an den Büschen. "Ich muss eigentlich aufhören", sagte mir der Verstand. Aber die Gier überkam mich. "Nur noch den einen Busch hier", dachte ich mir mehr als einmal. Aber immer wieder sah ich dann vom vermeintlich letzten Busch den nächsten direkt daneben.




 Nun ja, meckern kann die Mannschaft nun sowieso nicht. Immerhin habe ich die gepflückten  Brombeeren dann zu Hause stante pede zu zwei Litern Saft verarbeitet. Und diesen wiederum in 10 Gläser Gelee umgesetzt. Klasse - jetzt nur noch ein frisch gebackenes Kürbisbrot, und das Frühstück ist perfekt.

Sonntag, 16. September 2012

Blutrausch

Das Blut hämmerte mir in den Ohren. Es war als hätte mich ein Anflug von Wahnsinn überkommen. "Mehr, ich will mehr", dachte ich. Nur noch eines war mir im Sinn, diese Lust zu stillen, dieses Gefühl zu verlängern, die Befriedigung des überwältigenden Verlangens zu erlangen. Meine Nüstern blähten sich, gleich wie ein Spürhund witterte ich nach dem Objekt meiner Begierde. Wie geschrieben und doch nur als ein wollüstiges Gefühl erreichten gedachte Wortfetzen den Rand meines Bewusstseins. Üppig. Rund. Saftig. Süß. Sünde. Besitz. Jetzt. Mehr. Mehr. Mehr.

Meine Hände zitterten unter einem Anflug von Begierde und der Erwartung des erfüllten Blutrausches. Ich konnte sie kaum koordinieren, aber unter Aufbringung meiner letzten Kräfte und mit der ultimativen Befriedigung meiner Gier vor Augen streckte ich meine Finger aus. So weich, so zart, so leicht verletzlich. Sanft, mit der Zärtlichkeit eines Liebhabers, streichelte ich, zog ich sachte. Ja. Ich hatte es geschafft. Warm und weich lag sie in meiner Hand.

Doch die Befriedigung währte nur kurz. Schon hämmerte mir wieder das Blut in den Schläfen. Mehr. Und ich wühlte mich tiefer. Wie gehetzt von den Furien der Hölle suchte ich weiter nach der mir verhießenen Erfüllung. Ich konnte nicht aufhören. Nicht jetzt. Nicht nach diesem Busch. Niemals. Auch dass es zu regnen anfing, konnte mich nicht von meiner Mission abbringen. Ich musste weitermachen. Ich musste meinen Blutrausch stillen, bis mein Herz zersprang und das Körbchen voll war.

"Sonja, are you coming?" Ja. Ja, ich komme. Nur noch diese eine Brombeere.

Freitag, 14. September 2012

Goldener September

Wenn man in Irland lebt, wird man bescheiden, was das Wetter angeht. Ich bin ja schon froh, wenn es trocken ist, höre ich mich selbst sagen. Zur Ausstattung jeder Handtasche im Repertoire gehört immer ein Knirps. Vorzugsweise billige oder gefundene solche - alles andere ist bei den hier ständig herrschenden Windverhältnissen herausgeschmissenes Geld! Doch der September, der ist immer golden.


Auch dieses Jahr beweist der September wieder einmal, dass er der beste Monat für einen Besuch in Irland ist. Wir haben herrliches Spätsommerwetter, mit milden Temperaturen um die 19, 20 Grad. Die Sonne scheint. Die Hecken blühen wie blöd und die Brombeerernte winkt bereits in den windgeschwängerten country lanes.


Und noch etwas ist im September immer wieder Anlass für Vorfreude: das alljährliche Fringe Fest, das am Rande des renommierten Theatre Festival läuft. Was haben wir da schon für coole Stücke gesehen... Molly Blooms Monolog in Kerzenbeleuchtung und auf die Bühne im James Joye Centre gebracht von einer polnischen Theatergruppe. Bizarr wurde es, als sich ein Schauspieler unter unseren Stühlen quer durch den Raum durch die Stuhlbeine wand. (Es wurden zahlteiche Türen geknallt - fast wie bei einer Publiksbeschimpfung a la Handke...). Dann war da das geniale Kammerspiel, das in einer echten Mietwohnung stattfand und bei der das Publikum in kleinen Gruppen von maximal 5 Personen direkt neben den Schauspielern im Wohnzimmer/Schlafzimmer/Badezimmer/Balkon stand. Quasi vier Stücke auf einmal, denn die Handlung lief synchron in allen vier Zimmern und war trotz Wechselpause fortlaufend, so dass der Gatte und ich, von den Theatermächten absichtlich getrennt, unterschiedliche Handlungen erlebten. Zweck: die Zuschauer sollten sich nach dem Stück über die unterschiedlichen Handlungsstränge austauschen. Kostenlose Paartherapie : da hat man dann mal wieder einen Gesprächsanlass... Und unvergessen auch die Stadtführung Berlin, die wir vor zwei Jahren mitmachten. In Dublin, wohlgemerkt! Und die mir einen neuen wortwörtlichen Höhepunkt meiner eigenen Gästetour geliefert hat, den ich gerne ansteuere, wenn ich Dublin-Besucher herumführe. Das neueste highlight des Fringe Festivals? Die Ikeaoper Flåtpäck. Eine moderne Oper in vier Akten, deren Libretto aus jeweils einem Wort bestand: Gorm. Hemsvik. Grundtal. Billy. Und das ganze vor Ikeamöbeln. Wunderbar. Ein Muss für der Kultur zugeneigte Einrichtungshausfanatiker.

Ich liebe den September in Dublin. Auch wenn die Tage wieder kürzer werden.

Mittwoch, 29. August 2012

It's surf week, Ladies and Gentlemen.

Gestern habe ich bereits einmal auf anderer Plattform aus touristischer Perspektive über Irland als das Hawaii Westeuropas geschrieben. Aber so ganz ehrlich war das ja nicht. Hand aufs Herz - Surfen ist mehr als nur Wellenreiten. Das ist Lifestyle am Busen von Mutter Natur aber in coolen Klamotten und immer gewaschenen Haaren... Nicht, dass ich mich in meinen reifen Jahren noch mal auf so ein Brett stellen würde; ganz so weit geht die latent vorhandene Midlife Crisis dann doch nicht. Aber ein wohlplatzierter Aufkleber einer bekannten Surfwear-Marke und das dezente Übernehmen von Surfer Slang sind ja schon die halbe Miete, nech...

"the surf was great today, wasn't it" (Surf Slang-Angeberei)
Als Kreateurin schöner Kindheitserinnerungen, kurz: als Mutter, übt man einfach leichten Druck auf die besagten Schutzbefohlenen aus, meldet sie kurzerhand zur Surfschule an und sonnt sich dann im Dunstkreis der selbst geschaffenen Surf Chicks oder Surf Dudes. Denken wir mal lieber nicht darüber nach, dass im Dezember 2011 vor der irischen Westküste eine 20 Meter hohe Monsterwelle gemessen wurde und die coole Leichtigkeit des Surfens zur lebensmüden Todessehnsucht wird, wenn man sich in derartige Wellen stürzen würde. Sind ja auch noch ein paar Jahre bis da hin...Könnte dann eventuell so aussehen:

Bis dahin muss ich dann nur noch ein paar Ferien-KOCHkurse für die Surfdudes buchen...

Mittwoch, 15. August 2012

Westwestrandbemerkungen

So, weiter westlich geht jetzt nicht. Ich melde mich zur Stelle von der irischen Westküste, genauer gesagt aus dem Surferparadies an der Atlantikküste Irlands.


Keine Angst, ich selbst habe mich nicht in eine enge Wurstpelle gezwängt um die Umwelt visuell mit meinem Anblick im Surf-Outfit zu verschmutzen! Ich gucke nur zu. Und gehe spazieren, in diesem herb-schönen Fleckchen der Welt.


Während im heimischen Dublin gerade die Welt im Regen ersäuft, kommen wir im Westen um das Schlimmste herum. Typisch irisch regnet es hier lediglich heftig und kurz, um darauf im grellsten, warmen Sonnenschein zu erstrahlen. Kein Wunder, dass Irland so saftig grün gedeiht. Der Abendspaziergang auf der Suche nach Fotomotiven war atemberaubend schön. Und noch immer beeindruckt mich, was mich schon bei meiner ersten Irlandreise im Jahr 1984 fasziniert hat. Die kleinen Nebenstraßen sind eng und führen durch fast verlassene Gegenden. In Irland kann man spazieren gehen, ohne an jeder Ecke an Bewohnten Häusern vorbei zu kommen. Mal abgesehen von den zahlreichen Farmhouse- und Cottage-Ruinen, in denen heute aber nur noch Schafe wohnen... Wunderbar läuft es sich hier - geschützt vom Wind hinter den mannshohen Hecken von Fuchsien. In Deutschland stehen die als Topfpflanze auf der Fensterbank, der Stolz der Hausfrau, wenn man sie sorgsam über den Winter durchbringt. Hier wachsen sie haushoch wild und ohne Gießen.


Eine halbe Stunde spazieren und 20 Fotomotive im Kasten, eines schöner als das andere. Wo gibt's das schon? Was für ein Paradies! Ich möchte morgen nicht nach Hause fahren...


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Location:Ireland

Sonntag, 5. August 2012

Hutalarm


Deutschland – das ist für mich unter anderem Kaffeekultur. Oder vielleicht sollte gerade ich als Teetrinkerin hier eher von Cafékultur sprechen: Von einer gemütlichen Plauderstunde in einem Café bei Kuchen und Heißgetränk. Das finde ich jedenfalls typisch für einen Besuch „in der Stadt“, wie man es bei mir zu Hause nennt, wenn man nach Bremen, Innenstadt, fährt.
Früher hab ich darüber ja noch eher die Nase gerümpft – das war doch alles ein wenig zu etabliert und angespießt. Dort saßen in den einschlägigen Etablissements – Café Knigge in der Sögestraße kommt mir dabei in den Sinn – die bremischen Rentnerinnen und unterhielten sich über einem Stück Schwarzwälderkirschtorte und einem Kännchen Hag. Was so eine echte Bremer Oma war, trug selbstverständlich Hut. Gerne auch mit Dekor – eine pfiffig abstehende Fasanenfeder etwa. Und dieser Hut wurde keineswegs beim Aufenthalt in geschlossenen Räumen abgesetzt. Nein, er war Teil des eleganten Outfits, was für solche Unternehmungen angelegt wurde. Wie schade, dass ich das nie fotografiert habe – Bremer Omis beim Kaffeetrinken sind eben eine ganz andere Schose als irische Grannies beim Teetrinken. Doch, das könnt ihr mir glauben!


Leider hatte ich gestern keinen Hut auf, als ich mit meiner Freundin K___ zum „Kaffeetrinken“ ins Café Stecker in der Knochenhauerstraße war. Ein Wunder eigentlich, dass man nus unbehütet eingelassen hat. Die anderen Damen waren selbstverständlich in entsprechender Café-Uniform unterwegs. Immerhin hab ich aber ansonsten der Etikette Genüge getan, indem ich ein Stück gebackenen Käsekuchen bestellt habe. Kuchen und Torten – das ist eben etwas, was man in Deutschland gut kann. In Irland? Nun, schweigen wir mal lieber über die Lücke in der kulinarischen… äh… Wüste…
Vielleicht wäre das ja dann doch mal eine Marktnische, die man füllen könnte. Sollte es mit der Fotokarriere jetzt nichts mehr werden, dann mach’ ich Dublins Café Knigge auf. Ohne Altersbegrenzung. Aber mit Hutzwang!

Montag, 30. Juli 2012

Dublin touristisch (3): Relaxen in der Stadt

Der größte Stadtpark Europas liegt in Dublin. Wenn man denn einheimischen Aussagen glauben darf. (Und wir wissen ja, dass die Iren gerne und viel reden, siehe auch Beitrag "Blarney Stone") Knapp 8 Quadratkilometer ist der Phoenix Park groß - und hat einen Zoo, Cricket- und Fußballplätze, den Obelisk des Wellington Monument, ein Papstkreuz und das irische Schloss Bellevue (= die Residenz des irischen Präsidenten) auf seinem Gelände. Dumm nur, dass er knapp 4km von der Stadtmitte aus entfernt liegt - und das zieht sich schon heftig hin, wenn man zu Fuß unterwegs ist... Darum sind meine Relaxtipps heute auf andere Parkanlagen bezogen - nämlich die, die mitten in der Stadt liegen.

Zentraler als die Grünfläche hinter Dublin Castle kann man in Dublin eigentlich gar nicht relaxen. Dublin Castle steht da, wo die Geschichte der Stadt begann, nämlich auf der Anhöhe über dem Fluss Liffey. Wer zunächst Kultur will, ist in und um Dublin Castle gut beraten: Das Castle selbst kann man besichtigen - ist allerdings, so viel zur Warnung, weder so schaudrig-mittelalterlich wie man es sich dem Namen nach vorstellt, noch so prächtig wie man es von europäischen Schlössern her vermuten würde. Als Regierungssitz der Vertreter der englischen Krone in Irland übernommen, ist das Dublin Castle eher schlicht anzusehen...

Wer aber aus dem Burghof herausgeht und sich am unteren Ende des kleinen Berges um die Burgkapelle nach rechts wendet, kommt auf die Rückseite der Burg. Hier heißt es ausnahmsweise mal "von hinten hui, von vorne pfui" (ganz wie eine Bekannte einmal zu mir meinte, um mich davon zu überzeugen, dass es für eine über-35-Jährige nicht angemessen sein, lange Haare offen zu tragen, weil - Vorspiegelung falscher Tatsachen:"von hinten hui, von vorne pfui" eben... autsch! Ja, es tut mir immer noch weh! Aber das ist eine andere Baustelle...) - so schöne bunte Castles hat man in Deutschland noch nie gesehen... Mir zaubert es jedenfalls jedesmal aufs Neue ein Lachen ins Gesicht, wenn ich die bunt gestrichenen Außenwände von Dublin Castle sehe.

Das wahre Kleinod ist aber der gegenüberliegende kleine Park, von dem aus ich das Foto oben gemacht habe. Auf den ersten Blick ist er nicht besonders spannend: Eine runde Rasenfläche, umgeben von Beeten und Wasserläufen, begrenzt auf der Rückseite von den ehemaligen Stallgebäuden Dublin Castles und dem hervorragenden Bücherwurm-Museum Chester Beatty Library an der anderen Seite. Doch wer auf den kleinen Aussichtspunkt steigt, erkennt von oben, dass in den Rasen ein typisch keltisches Schlangenmuster eingepflaster ist. 30 cm breite Steinpfädchen ziehen sich geschwungen über den Rasen. Das sieht von oben schön aus - und ist für Kinder ein Heidenspaß, denn darauf lässt sich genial eine Variation von "Fangen" spielen, bei der man nur auf den Pfaden vor dem Häscher davonlaufen darf. Macht auch Erwachsenen Spaß (*hüstel*).

Wer dann genug vom Hasch-mich hat, kann sich entweder "intell-ell" in der Chester Beatty Library austoben (bedeutende Sammlung vo Handschriften aus dem mittleren und nahen Osten). Oder sich neu stärken, denn in der Chester Beatty Library ist ein hervorragendes Café, The Silk Road, das Spezialitäten aus dem nahen Osten serviert. Erst dann, wenn man sich da den Bauch vollgeschlagen hat, darf man sich guten Gewissens dem Relaxen hingeben:




Donnerstag, 26. Juli 2012

Dublin zoologisch

Nein, eigentlich ist das ein weiterer Beitrag in der Reihe "Dublin touristisch" (2). Ein weiterer Geheimtipp aus dem bestgehütetsten Nähkästchen Dublins. Und etwas ganz Besonderes! Mit Kindern in Irland unterwegs? Oder einfach selber mal Lust auf eine ungewöhnliche Begegnung mit der Tierwelt? Wie wär es hiermit:


Schon cool, oder? Und so etwas kann man in und um Dublin erleben. Die bei uns an der Nordseeküste so scheuen Meeressäuger sind in Irland ganz wie ihre menschlichen Cousins: Zutraulich, putzig, neugierig. Und natürlich sind sie clever, denn sie wissen ganz genau, wie und wo sie am einfachsten zu ihrem Mittagessen kommen.

Grüner Pfeil: Fischladen und Seehundrestaurant
Zum Beispiel im Hafen von Dun Laoghaire, wo obiges Foto entstand. Dun Laoghaire ist ein südlich der Dubliner Innenstadt gelegener Vorort, der als Fährhafen für die Überfahrten nach Liverpool dient. Der Hafen, bereits 1823 erbaut, ist mit der DART (Dubliner S-Bahn) gut zu erreichen. Die Seehunde tummeln sich - schlau wie sie sind - im ehemaligen Kohlenhafen von Dun Laoghaire. Heute gibt es dort kein Brennmaterial mehr zu kaufen, sondern Fisch. Am Ende des Piers steht der Betonklotz der Fischereigenossenschaft, in dem man täglich frischen Fisch kaufen kann. Das wissen auch die Seehunde und haben sich um den Pier herum häuslich eingerichtet. Wer die Fischverkäuferinnen freundlich um ein paar Fischabfälle bittet, kann sich bei den Seehunden beliebt machen - und wird erstaunt sein, wie groß und dennoch wendig die Säuger sind, wenn es darum geht, die besten Brocken abzugreifen...

Das Füttern der Seehunde ist mittlerweile am zweiten Seehundrestaurant - dem Hafen von Howth -  nicht mehr erlaubt, aber dennoch lassen sich die Tiere hier gerne bestaunen. Und einen Ausflug ist Howth natürlich immer wert - Halbinsel im Osten Dublins mit einem idyllischen Hafen und Klippenwanderweg, der einem mitten in Dublin authentisches Irlandfeeling vermittelt. Auch hierher fährt man bequem und einfach mit der DART, Endstation Howth.


Montag, 23. Juli 2012

Achtung: Schmutzgeschichte

Lust auf was Anrüchiges? Aber klar, wir sind doch alle erwachsen, hier, da können wir doch auch einmal in die Abgründe menschlicher Natur blicken, finde ich. Schmutzgeschichten sind doch irgendwie immer gut! Erst recht, wenn es sich dabei um den Dreck fremder Leute handelt. Da kommt es einem vor der eigenen Haustür so herrlich sauber gekehrt vor...



Haha, reingelegt. Ihr dachtet, ich will hier intime Details aus dem Ex-Pat-Liebesleben preisgeben? Das ist bei Weitem nicht so abendfüllend, wie ihr euch das vorstellt *hüstel*! Nein, ich möchte wahrhaftig über den menschlichen Müll sprechen. Beziehungsweise über die Beseitigung des solchen. Oder auch die nicht-erfolgte solche des solchen. Siehe im Beweisfoto oben. Nun ist es ja schon schlimm genug, dass es hier, im historischen Zentrum Dublins, an der Business-Adresse schlechthin und mitten auf dem Touripfad durch das georgianische Dublin keine Sulos gibt. Ihr wisst schon: die deutsch-genormten Plastikmülltonnen mit den flüsterleisen Rollen zum formschönen Transport zwischen Gehweg und Garage. Passend für alle gängigen Müllkutschen. Quadratisch, praktisch, gut. Hat man auch in Irland bereits entdeckt. Denn die Deutschen sind ja, was praktikable Erfindungen angeht, immer top! Nur dass man bei uns am Platz eben keinen Platz für diese Tonnen hat: alle Häuser haben einen mehrstufigen Aufgang zur Haustür und ein ausgehobenes Souterrain, sowie keinen direkten Zugang zum Garten. Ergo: keine Stellfläche für einen ordentlichen, geruchsarmen und praktischen Sulo. Stattdessen machen wir auf Retro-Chic: Wir stellen unseren Müll in Plastiksäcken der Abfuhr bereit. In schwarzen Säcken, denn schwarz macht ja immer eine gute Figur. Da sieht man den Müll eigentlich gar nicht mehr. Vergleicht noch mal das Foto oben. Seht ihr den schwarzen Sack? Nein. Na eben!

Der weiße Sack dagegen fällt unangenehm auf: schlaff und bleich steht er am Zaun. Wie bestellt und nicht abgeholt. Moment, da ist das Stichwort! Nicht abgeholt ! Der Sack wurde nicht abgeholt! Und zwar seit Wochen. Die Dubliner Müllbeseitigung wurde bereits vor geraumer Zeit privatisiert. Dolle Sache für die Stadtverwaltung Dublins: Die hat sich quasi eines unschönen Problems meistbietend entledigt. Mittlerweile gehört unser Turf dem dritten privaten Müllabfuhrunternehmen. Mit dem wunderbaren Ergebnis, dass unsere Recyclingsammlung seit Monaten nicht mehr funktioniert. Die Müllkutscher ignorieren geflissentlich die Recyclingsäcke, von der Hausfrau sorgsam unter Aufbietung aller Ordnungskniffe und nach gewissenhafter Säuberung mit Papier und zulässigen Kunststoffen und Metallbehältern befüllt. Derweil stapeln sich im Keller die liegengebliebenen Müllsäcke! Der Kohlenkeller ist bereits voll, der Müll breitet sich unaufhaltsam im Keller aus. Er drängt in den Vorraum vor, hat die Waschküche bereits fast in seiner Hand und ist auf dem besten Wege, ins Erdgeschoss vorzudringen. Sollte das Blog plötzlich nicht mehr aktualisiert werden, schickt die Rettungsmannschaft bitte mit Mundschutz zu Nummer 36!!!

Spaß beiseite. Die Sache ist ärgerlich, denn Müll ist gefährlich. Zudem wir mit unseren Steuern die Beseitigung ohnehin bezahlen müssen! Doch das ist Dublin wohl egal?! Es sieht so aus, als müssten wir zurück ins letzte Jahrtausend schreiten und den Müll ungetrennt in den schwarzen Säcken rausstellen. Oder zu Eigeninitiative schreiten und eine private Müllverbrennung im Garten anzetteln. Wobei das selbstverständlich auch nicht etlaubt ist.

Seufz. Manchmal wünscht man sich dann doch ins Land der Sulos zurück. Wenigstens kann man da mit gutem Gewissen seinen Müll loswerden!

Mittwoch, 18. Juli 2012

Dublin touristisch: South Wall

Mein kürzlicher Ausflug nach Farmleigh hat mich auf die Idee gebracht: Während ich derzeit urlaubstechnisch selber aktiv bin, könnte ich den Zu-Hause-Gebliebenen meine Dubliner Lieblingsecken zeigen. Ein bisschen abseits vom ausgetretenen Touri-Pfad, für den man meine Tipps nicht braucht, zeigt sie doch jeder Stadtführer ohnehin. Doch wohin gehen die Leute, die in Dublin schon alles gesehen haben? Da habe ich ein paar Hinweise im Ärmel, die ich hier gerne weitergeben möchte.
Absolute Lieblingsplätze zu definieren ist immer schwierig - diese ändern sich von Zeit zu Zeit, wenn Neuentdeckungen hinzukommen oder eigene Interessen sich wandeln. Seit ich in Dublin lebe gibt es aber ein Ziel, das ich immer wieder ansteuere, an dem ich schon die schönsten Fotos gemacht habe und das garantiert alle meine Besucher beeindruckt: South Wall. Dabei klingt dieses Ausflugsziel auf den ersten Blick nicht besonders anziehend: South Wall ist die Verlängerung der südlichen Hafenmauer des Liffey-Flusses.
Erklärend zur Lage: Dublin liegt an einer natürlichen, fast runden Bucht, die von Bray Head am südlichen Ende und der Halbinsel Howth im Osten begrenzt wird. In diese Bucht hinein baute man im 18. Jahrhundert den Poolbeg-Leuchtturm, der über eine mehrere Kilometer lange Kaimauer mit dem Festland verbunden ist und der das Ende der Liffey-Fahrrinne markiert. Wer an einem klaren Tagen und den richtigen Windverhältnissen mit dem Flugzeug aus südlicher Richtung über die Halbinsel Howth nach Dublin einfliegt, kann den roten Leuchtturm gut erkennen. Denn er steht inmitten der Dubliner Bucht.
So führt ein Ausflug zu Poolbeg Lighthouse den Besucher trockenen Fußen mitten in die Bucht. Der Fußweg lohnt, denn am Ende steht man im Zentrum eines Panoramas, dass die wunderschöne Lage Dublins zu Füßen der Berge direkt am Meer betont: Die Wicklow Mountains ziehen sich von Süden bis Westen um die Stadt. Das Stadtpanorama mit Spire, Kathedralen, Liberty Hall ist deutlich zu erkennen. Und lässt man den Blick weiter im Kreise schweifen, so sieht man die nördlichen  Küstenstadtteile Clontarf bis zum Hill of Howth und dem Leuchtturm auf Howth Head.
Der Trip lohnt für alle: Die Sportlichen dürfen sich über einen Fußmarsch in der frischen Brise freuen. Die Stadtindianer müssen dafür nicht mal weit aus ihrer Komfortzone heraus. Kinder können die in der Fahrrinne vorbeirauschenden Fähren und Schiffe beobachten. Fotografen finden zahlreiche Motive zum Fotografieren. .Thrill-Seeker gehen am besten bei Springflut hierher und holen sich nasse Füße (alles schon erlebt!!!). Angler können mit ihresgleichen am Leuchtturm fachsimpeln. Hungrige sollten das auch tun, denn dann bekommen sie vielleicht einen Fang geschenkt (auch schon passiert!), der im Hause dann gleich in die Pfanne kommt.
Mein Dubliner Lieblingsplatz - am besten zu genießen bei Sonnenuntergang mit einer Portion Fish and Chips. Amtlich bestätigt!


Montag, 16. Juli 2012

Elderflower Cordial

Gestern noch touristisch, lasst uns heute einen Ausflug in das kulinarische Irland machen. Keine Angst, es wird keine Horror-Tour in die Abgründe inseleuropäischer Geschmacklosigkeit. Ob man es glaubt oder nicht, manchmal finden sich in Irland wahre Hochgenüsse. Oder liegt es eventuell doch daran, dass das, was ich heute vorstellen will, aus der Küche meiner englischen Schwiegermutter stammt? Naja, die englische Küche ist ja nun nicht gerade besser beleumundet als die irische...
Schritt-für-Schritt-Anleitungen zum Selbstmachen stehen normalerweise ja in meinem englischsprachigen Bastelblog Craft-Werk. Aber heute und auf Deutsch passt mein Beitrag wohl eher in die Westrandbemerkungen. Es ist quasi die letzte Chance, dieses Jahr noch etwas Elderflower Cordial herzustellen, denn die wichtigste Ingredienz für diesen köstlichen, erfrischenden Sommerdrink steht kurz vor dem Verblühen: Holunderblüten. Aus diesen stellt man einen Sud her, der zu einem Holunderkonzentrat wird, den man mit Wasser auffüllt und mit Eiswürfeln serviert an heißen Tagen trinkt. Wie's geht, zeige ich euch hier:

Man braucht: 20 große Holunderdolden, 1 kg Zucker, 36 g Zitronensäure (kristallisiert), 2 Zitronen, Wasser.

Der Zucker wird zunächst in eine große Pyrex-Schale gegeben.

Mit 1 Liter kochendem Wasser aufgießen.

Den Zucker einrühren, bis er komplett absorbiert ist. Die Zuckerbrühe abkühlen lassen.



Zwei Zitronen in dicke Scheiben schneiden und hinzufügen.

In das abgekühlte Zuckerwasser die Zitronensäure einrühren.



Nun die Holunderdolden gut ausschütteln (wir wollen schließlich ein fleischloses Getränk!) und in das Zuckerwasser legen.

Gut einrühren bzw. in die Brühe tauchen.

Mit einem sauberen Geschirrtuch abdecken und 48 Stunden ziehen lassen.

Dann durch ein Sieb geben, um Blüten und Zitronen herauszuseihen und schließlich das Konzentrat in verschließbare Flaschen füllen. Das Cordial sollte an einem kühlen, dunklen Ort aufbewahrt werden - und hält dann ungeöffnet gut und gerne bis zur nächsten Holunderblüte. Einmal geöffnet, gehört die Cordial-Flasche in den Kühlschrank.

Die Holunderblüten verleihen dem Zuckerwasser einen deutlichen Duft nach Sommer und Sonne ;-). Beim Aufgießen des Konzentrats kann man ruhig großzügig mit Wasser sein - der Cordial ist intensiv süß. Geschmacklich aber eher dezent, was den Holunder angeht.

Falls es jemand ausprobiert - viel Glück, und mich würde interessieren, wie es euch geschmeckt hat!

Happy Summer!

Sonntag, 15. Juli 2012

Farmleigh ruft

Wie wäre es mal mit einem touristischen Exkurs? Immerhin befinden wir uns hier ja in einem Irland-Blog, da darf der ortsansässige Ex-Pat auch einmal aus dem sehenswürdigen Nähkästchen plaudern. Und das Juwel, das ich heute allen Lesern ans Herz legen will, ist auch unter den Einheimischen ein Geheimtipp! Aus aktuellem Anlass stelle ich hier einmal Farmleigh vor, wo ich mich gestern wieder einmal zum Aufpassen auf die gegenwärtige Ausstellung meines Fotokollektivs Melt befand.








Eine wahrhaft gediegene Atmosphäre für eine Fotoausstellung, und ein wohlklingender Punkt auf unserem fotografischen Lebenslauf, handelt es such doch bei Farmleigh um das Gästehaus der irischen Regierung. Quasi der Petersberg Irlands. Allein im vergangenen Jahr stiegen in dem ehemaligen Landsitz der Guinness-Familie US-Präsident Obama und Fürst Albert von Monaco ab. Allerdings nicht gleichzeitig - sie mussten sich die Luxus-Absteige nicht teilen, keine peinlichen Gespräche am Frühstückstisch , wer denn nun die längere Polizeieskorte hatte...
 

Als Gästehaus der Regierung gehört Farmleigh dem irischen Volk. Und so ist denn das Haus, das im Phoenix Park gelegen ist (der größte Stadtpark Europas, übrigens) öffentlich zugänglich. Auf dem Gelände werden Pferde, Kühe und Esel gehalten - wirklich solche mit vier Beinen, die zweibeinigen sind nur bei offiziellen Anlässen dabei. Es gibt ein kleines Café am Ententeich und zahlreiche Picknicktische an denen man es sich auch mit seiner eigenen Picknicktasche bequem machen kann. Wochenends ist auf dem Gelände immer etwas los - mit Blaskapelle, Hausführung und Ausstellungen wie der unseren, die man kostenlos genießen kann. Wunderschön ist auch der alte Blumengarten mit seinen Heckenwegen und dem alten Gewächshaus.

Der Park, in dem sich Farmleigh befindet, ist typisch englisches Parkland - weite Grasflächen mit einzelnen Bäumen hier und da. Schöne Wege führen durch die Wiesen - auch für Kinder ist ein Ausflug an dieses Kleinod ein schönes Erlebnis. Von der Innenstadt ist Farmleigh allerdings ein ganzes Stück entfernt. Es empfiehlt sich, mit dem Bus Nummer 37 bis zum Ashtown Gate zu fahren und von dort nach Farmleigh weiterzugehen. Gelobt sei, wer ein Auto hat. Denn zu Fuß sind es bis in die Innenstadt knapp anderthalb Stunden - wie der Gemahl und ich letzte Woche zu unserem Leidwesen an unseren eigenen Füßen feststellen durften, als wir nach einer Konzertveranstaltung per pedes wieder nach Hause liefen. Alternativ sollte man sich im Hause K___-P___ einmieten - einen Ausflug nach Farmleigh organisiere ich immer gerne!

Dienstag, 3. Juli 2012

Unerbittliche Schmelzung

Liest hier jemand aus Dublin mit? Dieser Beitrag ist dann direkt an euch gerichtet, denn heute mache ich mal wieder schamlos Werbung in eigener Sache. - Wer mich kennt, weiß, dass ich neben meinem so genannten Brot-und-Butter-Job dabei bin, mich mit meiner großen Leidenschaft, der Fotografie, zu etablieren. Mein diesbezügliches Seniorenstudium habe ich gerade eben abgeschlossen. Und damit es auch weiter geht und ich nicht in den Sumpf des hausfräulichen Trotts zurückfalle, aus dem ich mich mit Hilfe eines kreativen Studiums befreit hatte, geht es jetzt in medias ars. Wir stellen aus, was das Zeug hält.
Bereits seit einer Woche eröffnet ist die Ausstellung "Peripheries", in der ich ein Foto unterbringen konnte. Gezeigt werden 20 Arbeiten von Absolventen eines Fotografiestudiums. Die Ausstellung bringt Bilder zusammen, die die Rolle der Fotografie und ihr Potenzial als Dokumentationsmedium des alltäglichen Surrealismus, Humors und Anmuts angesichts der Herausforderungen, die das Leben im Irland des Jahrs 2012 charakterisieren, untersuchen. Noch bis 13. Juli 2012, inspirational art, 7, Herbert Street, Dublin 2.
An dieser Stelle nun aber eine Einladung zu einer etwas größeren Sache: Mein Fotokollektiv "Melt Collective" stellt sich der Öffentlichkeit vor. Im gediegenen Rahmen von Farmleigh House, dem Gästehaus der irischen Regierung, findet unsere erste Gruppenausstellung "Relentless Melt" in der Remise statt. Die Ausstellung führt Arbeiten des Kollektivs zusammen, die in den letzten acht Monaten entstanden sind. Thematisch geht es dabei von intimen Familienportraits über Zukunftsvisionen der Nahrungsmittelindustrie bis zu Landschaftsaufnahmen, die der Arbeit mit der Großformatkamera entstammen. Zur Eröffnung sind alle herzlich am morgigen Mittwoch ab 18.30 Uhr im Motorhouse, Farmleigh, Phoenix Park, Dublin, eingeladen!

Montag, 2. Juli 2012

Kulinarischer Cross-Over

Heute gibt es mal Kulturbrei. Und zwar kulinarisch. Wir befinden uns im Land der Kartoffel. Die Iren lieben Kartoffeln. Vermutlich weil das die einzige Pflanze ist, die sich in diesem Land von den unerfreulichen Wetterverhältnissen nicht beeinflussen lässt. Sonne? Braucht man nich! Oder wenn, dann höchstens in Form von Tageslicht, und das dringt in Irland sogar durch die tiefhängendsten täglichen Regenwolken durch. Da wächst und gedeiht das ausgiebig bewässerte Nachtschattengewächs offenbar besonders gut. (Es sei denn, irgendeine Kartoffelfäule vernichtet die irische Kartoffelernte über Nacht...)
Kartoffeln also. Zu dem uririschen Nahrungsmittel reichen wir das Deutscheste, was Deutschland zu bieten hat - die gemeine Bratwurst. Und die ist hier besonders gemein, denn man bekommt sie hier normalerweise nur in Form der Sägespän-farbigen Frühstückswürstchen, deren Farbe vermutlich mit dem Inhalt korrespondiert. Es sei denn, man fährt zum deutschen Discounter mit dem gelben Fleck und kauft da deutsche Bratwürste.
Genau dort kann man dann auch gelegentlich auch das Gemüse in gesäuerter Form einkaufen, das uns den weltweit bekannten Spitznamen eingebracht hat. Jawoll - wenn man schon Kraut ist, dann sollte man auch Sauerkraut essen. Das war mir besonders wichtig, dass meine halbdeutschen Mischmaschkinder wenigstens kulinarisch auf meiner Spur sind - und Bratwurst mit Sauerkraut essen meine Kinder besonders gern. OT T___ beim Betreten der Küche zum Abendessen: "Hier riecht es nach Deutschland. Und nach Oma." Uiuiui, lass das nur nicht Oma hören, die wird sich nicht gerade geschmeichelt fühlen, olfaktorisch mit dem Verwesungsduft konservierten Sauerkrauts in Verbindung gebracht zu werden. OT T___:"Schmeckt gut. Aber bei Oma schmeckt es besser!" Na, gut, oft versucht und doch unerreicht. Vielleicht ist der kulinarische Cross-Over doch nicht so gut.

Freitag, 29. Juni 2012

Die Kehrseite des Ex-Pat-Daseins

Sprach ich neulich noch davon, wie cool es ist, Ex-Pat zu sein? Sich unter die ansonsten fürs Fußvolk geschlossene Gesellschaft mischen können, beim Empfang ein paar leckere Häppchen abgreifen und schön Konversation machen. Nun ja. Dabei gibt es eine Kehrseite der Medaille, die wiederum nicht so besonders unterhaltsam ist. Und die zeigt sich im regelmäßigen Turnus immer wieder im Sommer. Gestern war es wieder so weit.
Eigentlich war ich mit dem Auto unterwegs, um im Baumarkt ein paar Bilderhaken zu kaufen. Dazu kurvte ich in einem südlichen Vorort Dublins herum - und fand mich plötzlich in der Straße einer befreundeten deutsch-österreichischen Familie. Für eine Zehntelsekunde empfand ich den Impuls "Ach, da halt ich mal eben an und guck bei V___ rein!" Und dann traf mich die Erkenntnis wie ein Schlag: Nix da anhalten! V___ und Familie sind an just diesem Wochenende aus Dublin weggezogen. Auftrag in Dublin nach sechs Jahren erfüllt, nun bringt der Arbeitsplatz von Mr. V___ einen Wohnungsortwechsel mit sich. Die Familie mitsamt zwei Kindern ziehen nach Südostasien. Sicher ein tolles Abenteuer.
Und für uns wieder einmal ein typisches Ex-Pat-Erlebnis: Wir müssen liebgewonnene Freunde verabschieden. Der Kreis der Freunde ist hier immer in Bewegung. Kommen und Gehen. Das ist interessant, aber auch immer wieder enttäuschend. Und so sehr man verspricht und hofft, dass man angesichts moderner Kommunikationsmethoden auch lange Distanzen überwinden wird, so ist es doch unsicher, ob man die Freundschaft fortsetzen kann.
Mir schnürte es im Auto glatt die Kehle zu. Wieder eine nette Freundin weg. Wieder bleibt man selber hier sitzen. Wieder muss mein Kind eine neue Freundschaft schließen, weil ein Kind die Klasse verlässt. Immer wieder der kleine Tod, wie die Franzosen es ja angeblich nennen. Und es ist tatsächlich so - ein bisschen 'was stirbt jedes Mal. Das Vertrauen auf eine lebenslange Freundschaft. Und die Fähigkeit, neuen Freundschaften offen zu begegnen. Denn wenn Freundschaften vonvornherein immer nur auf Zeit bestehen, dann fehlt irgendwann die Kraft, mehr als nur oberflächliche Zivilität in eine Beziehung zu investieren.
*schluchz* Mein Scott, wie tragisch, wie dramatisch, wie egozentrisch. Ich werde es wohl überleben. Aber schön ist es dennoch nicht für die "Zurückgebliebenen"...
Alles Gute in der neuen Heimat, V___, R___, V___ und S___!!! Wir werden euch vermissen.

Mittwoch, 27. Juni 2012

Im falschen Film

Inmitten des historischen Zentrums von Dublin zu wohnen, hat so seine Vorteile. Abgesehen davon, dass alle Sehenswürdigkeiten innerhalb einer halben Stunde Fußweg zu erreichen (aber natürlich bereits ausgiebig abgeklappert worden) sind und auch die einschlägigen Geschäftszentren in unmittelbarer Nähe liegen, ist hier (vor allem im Sommer) immer ordentlich 'was zu sehen.

Beliebt ist im Hause K__-P___ unter anderem das so genannte "Touristen-Bingo": Du zeigst mir eine Touri-Gruppe und ich sage dir, woher sie kommen. (Top-Hinweis bei deutschen Reisegruppen: beige Popeline-Anoraks. Bunte Brillen. Und sogar immer noch: Socken in Sandalen.) Um das zu spielen, brauche wir noch nicht einmal unser Haus zu verlassen - vom Wohnzimmer aus haben wir fantastischen Ausblick auf den Touristenpfad am Platz.

Und nicht nur das, auch sonst geht hier einiges ab. Die letzten zwei Tage war es mal wieder besonders aufregend, denn vor unserer Haustür wurde ein Film gedreht. Nach Information der IMDB handelt es sich dabei um die fiktionalisierte Biographie von Jimi Hendrix. Wat hat der denn nu mit Dublin zu tun??? Nix! Aber aus irgendeinem Grund wird Dublin immer wieder gerne als Schauplatz englischer Kostümdramen herangezogen. Und in diesem Fall sollte unser Platz als London der späten 60er Jahre dienen.

Wie auch immer - es war schwer was los. Berittene Polizei auf dem Bürgersteig, 60s Miniröcke im Anmarsch, Wahnsinnsaufwand an Film-Crew. Sonja hing mit der Kamera im Anschlag - 300mm Zoom dran - aus dem Fenster und paparazzi-te mal wieder eine Runde rum. Allerdings ist die Filmerei nicht wirklich spannend. Das weiß ich sogar noch aus meiner eigenen Erfahrung als Statist bei der irischen Lindenstraße. Jede Szene wird 500-mal gedreht, bis sie im Kasten ist, die Statisten und das helferische Fußvolk stehen nur rum, und am Ende landet die Sequenz in der Mülltonne.

Ich wurde gestern abend fast wahnsinnig hier. Das Team drehte in unserem Park eine Szene, bei der eine Blaskapelle spielte. Und was soll ich sagen - die haben das tatsächlich live spielen lassen und gedreht. Gefühlt 250-mal, immer wieder dasselbe Lied. Mist, warum hab ich davon keinen iPhone-Mitschnitt gemacht? Immerhin hab ich noch den genialen Reflektor festgehalten - bildlich - der benutzt wurde. Weia, damit kann man vermutlich mit dem Licht einer einzigen funzligen Kerze den Kölner Dom tageslichthell bestrahlen...

So interessant es auch war - im Grunde ist es immer am schönsten, wenn abends der Platz leer wird und alle weg sind. Die Touristen schlafend in ihrem Hotel und die Filmleute koksend in ihrem Nightclub. Oder was auch immer die so treiben. Ich schließe dann das Fenster, lege die Füße hoch und genieße, dass der Platz am Abend (fast) nur mir gehört...

Freitag, 22. Juni 2012

Ex-Pat-Klüngel

Eigentlich habe ich mich nie als Ex-Pat gesehen: Ich bin nicht vorübergehend von meinem inländischen Arbeitgeber ins Ausland abgesandt worden, und lebe schon gar nicht in einem osteuropäischen, afrikanischen oder asiatischen Land. Dort treibt sich diese Spezies, laut Wikipedia, vor allem herum. Manchmal gibt es aber auch in Dublin das Ex-Pat-Feeling. Und ich muss eingestehen, dass es manchmal auch sehr interessant sein kann, zu den Ex-Patrioten, äh, Ex-Patriaten zu gehören.


Verbunden durch die gemeinsame Heimat, Sprache und Kultur begegnen sich die Ex-Pats im Ausland auf gleicher Ebene, auch wenn sie nach Bildung, Beruf und Gesellschaftsschicht getrennt sind. Oft ist es die Tatsache, dass man Kinder in derselben (Auslands-)Schule hat, die die gesellschaftlichen Grenzen überspringt und Kontakte herstellt, wo sie sonst eher selten sind. Und so hatte ich gestern abend mal wieder das Vergnügen, mich in erlauchten Kreisen zu bewegen.

Das meine ich jetzt nicht mal ironisch. War ein interessanter Anlass - Buchvorstellung im Goethe-Institut Dublin, verbunden mit der Verabschiedung des bisherigen Institutsdirektors. Und schön ist bei diesen Anlässen einfach, dass man sich relativ leicht kennenlernt. Das ist - wir wissen es ja als Deutsche - nicht ganz selbstverständlich. Small Talk zum Kennenlernen, unverbindliches Geplauder, um mal die Zeit miteinander zu zerstreuen, fällt uns in der Regel ja nicht so leicht. Doch hier gibt es immer einen Gesprächsanlass. Sollten Sie sich einmal selber in der Situation finden, im Kreise distinguierter Ex-Pats Konversation machen zu müssen, greifen Sie zu auf meinen amtlich bestätigten


Fragenkatalog des Ex-Pats:
  1. Wie lange sind Sie schon hier?
  2. Warum sind Sie hier?
  3. Wo kommen Sie her?
  4. Wie lange bleiben Sie hier?
  5. Gehen Ihre Kinder auf die deutsche Schule?
  6. Können wir uns auch duzen?
  7. Das Wetter ist ja ganz scheußlich/wunderbar/langweilig/unerträglich.
  8. Autofahren können die ___ überhaupt nicht.
  9. Deutsche Wurst bekommen Sie am besten bei ___
  10. Am meisten vermisse ich ___
Die Antworten sind nicht wirklich wichtig - das lässt sich im Gespräch dann leicht feststellen, ob man sich durch strategisches Zustimmen mit dem Gesprächspartner alliieren will, oder ob taktisches Widersprechen interessanter ist. In jedem Fall ist davon abzuraten, auf  Konfrontationskurs zu gehen - denn Ex-Pat-Kreise sind klein. Und jeder kennt hier jeden...