Freitag, 12. Oktober 2012

Prominenz

Eigentlich wollte ich schon lange mal einen Blogbeitrag darüber schreiben, wie prominentenfreundlich die Iren sind. Damit meine ich nicht, dass sie Prominente vergöttern und anbeten - ganz im Gegenteil. (Man denke nur an dieses wunderschöne urbane Märchen, das bereits in den offiziellen Kanon der weltbesten Fan-Encounters eingegangen ist: Der Legende zu Folge begab sich der bekannte Sänger einer noch bekannteren irischen Rockband in sein Süd-Dubliner Stammlokal. Die dort bereits heftig zechenden Normalsterblichen erkannten den als zugänglichen Gutmenschen bekannten Sänger sofort. Ein besonders gewiefter Anwesender soll auf dem Weg zum WC auf Popstar Bono zugetreten sein: "Bono, hör mal, ich bin hier gerade auf einem Date mit einer Frau, die ich gerne beeindrucken würde. Wäre es möglich, dass du gleich, wenn ich aus dem WC zurück bin, mal eben an den Tisch rankommst und hallo zu mir sagst? Ich heiße James." Der immer freundliche Bono konnte sich diesem Ansinnen nicht entziehen - er macht ja so gerne alles, was in seiner Macht steht, um den Menschen Freude zu bringen - und so stimmte er dem Plan zu. - James kehrte nach kurzer Zeit vom Klo zurück und setzte sich zurück zu seiner Angebeteten. Wie verabredet schlenderte Bono lässig zu James hinüber. "Hey James, nett dich hier zu sehen", elaborierte Bono freundlich, um James' potentielle Freundin adäquat mit seiner Prominenz zu beeindrucken. "Wie geht es dir?" Worauf James Bono direkt in die Augen blickte und sagte "F*ck off, Bono, ich hab jetzt keine Zeit!" --- Ah, köstlich, köstlich, diese Anekdote...)

Ja, so, ich wollte also mal einen Blogbeitrag über die Iren und ihr interessantes Verhältnis zur Prominenz schreiben. Das Problem: Ich komme nicht dazu. Weil ich ständig irgendwo selber irgendwelche Prominente treffe. Naja, treffen ist wohl etwas übertrieben - ich sehe sie. Gestern abend schnackte meine Freundin K___ z.B. unwissend einen bekannten irischen Theater- und Fernsehschauspieler an. Ich selbst saß bei meinem letzten Theaterbesuch direkt vor John Hurt. Und hinter besagtem Bono stand ich neulich auf einem Musikfestival.

Ja, mich beeindruckt das. Nicht, weil ich in der Nähe von göttlichem Talent zu stehen komme und vielleicht ein Milligramm des prominenten Glanzes und Glamours auch auf mich abfallen würde. Nein, es beeindruckt mich, weil man hier einfach so normal mit den Prominenten umgeht. Keiner macht ein Aufhebens um die Herrschaften - Fangetümmel gibt es hier nicht. Dafür aber gelegentlich eher forsche und dezent abschätzige Anekdoten wie die obige. Ich finde das irgendwie schön. Denn der Trubel, der um Prominente gemacht wird, kann doch für die Personen selber nicht angenehm sein. Wie grauenhaft muss es sein, immer und überall erkannt und angesprochen zu werden? Bei allem Glanz und aller Glorie der Welt: Der Verlust der Privatsphäre ist wahrscheinlich der höchste Preis, den die Prominenten bezahlen müssen. Es sei denn, sie ziehen nach Irland - und genießen das echte Leben.

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