Sonntag, 31. Juli 2011

Direkt und unverblümt

Weia, ich bin wirklich schon zu lange aus D'land weg. Nicht nur, dass mir das meine Leser hier in letzter Zeit ein paar Mal sagen mussten. Vorgestern merkte ich es auch selber mal. An manches bin ich doch einfach nicht mehr gewöhnt.

Wir hatten Besuch aus D'land - eine Bekannte, die ich seit 30 Jahren nicht mehr gesehen habe. (Jawohl, 30 Jahre! Ich war noch ein Kind, als ich sie das letzte Mal sah.) Auf Irlandurlaub, hatte sie mich kontaktiert, ob man sich nicht auf eine Tasse Tee treffen könne. Klar, sowas macht mir immer Spaß, und so lud ich sie und ihren Reisebegleiter zu mir ins Haus ein. Wir verbrachten ein paar nette Stunden beim Plauschen. Das Gespräch drehte sich um alles - nicht nur Irland, Deutschland, auch Leben, Freizeit und Gesundheit. Und mir blieb glatt die Luft weg, bei der Direktheit, die noch nicht mal böse gemeint war: Ohne thematischen Zusammenhang wies mein Gast plötzlich auf meine Körpermitte und meinte "Du musst aber auch ein bisschen aufpassen, oder?"

Mir fiel fast die Teetasse aus der Hand und die Kinnlade runter auf den Tisch. Ich mein, ich weiß, dass ich eine Gazelle bin (oder wie heißt noch mal das Tier mit dem Rüssel?). Aber dass mir nun ein mehr oder weniger Fremder, der noch dazu in meinem Haus gerade Gast ist, unverblümt und zusammenhanglos ansagt, dass ich dringend auf Diät gehen muss, das bin ich einfach nicht mehr gewöhnt. In Irland läuft das ganz anders. Je draller du wirst, desto häufiger sagt man dir "You are looking very well!" (Du siehst aber gut aus.) Mit abnehmendem Körperumfang dagegen kann man sich auf eine Kompliment-Nullrunde gefasst machen. Und niemals würde ein Außenstehender, der nicht mindestens 15 Jahre lang mit einem selbst zur Schule gegangen ist, drei Kinder zeitgleich im selben Kreißsaal zur Welt gebracht hat oder drei Monate in derselben Geschlossenen war, es auch nur ansatzweise wagen, eine direkte persönliche Ansage dieses Kalibers zu machen.

Ganz ehrlich: Mir gefällt die vorgeschobene Harmonie der Iren besser. Ich brauch nur in den Spiegel zu gucken, wenn ich wissen will, dass ich ne Diät brauche. Direktheit? Ich sag's mal ganz direkt: Find ich Scheiße!

Dienstag, 26. Juli 2011

Grenzverkehr

Gerade wieder zurückgekehrt vom Urlaub, stehe ich noch immer unter dem Eindruck des grenzüberschreitenden Reisens. Ich reise gerne. Aber stressig finde ich es dennoch immer. Das aber tendenziell eher bei der Ein- und Ausreise nach und von Deutschland. Nein, ich habe in Deutschland keine Leichen im Keller. Aber ich habe die emanzenhafte Sünde begangen, mich trotz Eheschließung nicht dem Familiennamen meines angetrauten Ehegattens anzupassen. Flintenweib!!!

Bereits bei der damaligen Unterzeichnung des Todesurteils öh... Heiratsdokuments mussten die Eheleute festlegen, wie die in Zukunft aus dieser Verbindung entsprießenden Nachkommen mit Familiennamen heißen würden. Konventionell der Name des Vaters? Oder lieber frauenbewegt-lila der Name der Mutter? Wir entschlossen uns für Ersteres. Und nun haben wir den Salat: Die böse Bürgerin K___ stürzt bei jeder Ein- und Ausreise die versammelte Grenzbeamtenschaft in Verwirrung, wenn Sie mit ihren nicht K___ heißenden Kindern antanzt. Das gestaltet sich dann in etwa so:

Frau K___ erscheint mit den Kindern C___ und T___ am Passkontrollschalter. Der Beamte nimmt den Reisepass von Frau K___ und studiert mit erhobenen Augenbrauen die darin enthaltenen Informationen, hält das Dokument unter die rätselhafte Maschine, die vermutlich irgendwelche im Reisepasstext versteckten Codewörter entschlüsselt ("Brillenträgerin. 1,68 m groß. Keine Punkte in Flensburg."), und überprüft die Übereinstimmung des kränklich aussehenden Passfotos mit der vor Gesundheit nur so strotzenden Reisenden. Verdächtig.

Zu den Kinderausweisen. Ein Blick in das Innere der Pässe, und die Augenbrauen der Grenzperson wandern unter den Scheitel. Der Beamte setzt sich aufrecht hin, beugt sich über die Theke des Kontrollkabuffs, um die mitreisenden Nachkommen visuell zu fixieren. "(*räusper*) Wessen Kinder sind das da?" fragt er mit der Autorität der gesamten bundesdeutschen, imaginär hinter seinem breiten Rücken versammelten Polizeihunderttausendschaft in der Stimme. "Das sind meine Kinder. Sie tragen den Nachnamen ihres Vaters. Ich habe den meinen bei der Eheschließung behalten. Aber ich führe in vorauseilendem Gehorsam (und auf Grund jahrelanger Erfahrung) eine Kopie meiner Heiratsurkunde mit mir, aus der hervorgeht, dass ich mit Herrn P___ verheiratet bin." (Natürlich sage ich das nicht wortwörtlich so, aber gelegentlich wäre es wahrscheinlich sinnvoll, den Beamten mit vorgestanzten und dementsprechend ihrem Hirn vertrauten Phrasen das Verständnis des so hoch-kom-pli-zier-ten Sachverhaltes zu erleichtern. Ich sollte mir das wohl mal notieren und ebenfalls mit-füh-ren.) "Ach so. Gut. Danke." Und ab.

Ein Naturschauspiel, das in der Regel dramatischen Charakter hat. Lässt er uns durch oder nicht? Handelt es sich bei Frau K___ um eine Entführerin oder nicht? Machen wir Gebrauch von der Schusswaffe oder nicht? Ein Wunder, dass das Theater sich bisher noch nicht traumatisch auf die beteiligten Nachkommen ausgewirkt hat. (Obgleich es da ja einmal diese brenzlige Situation gab, als der Grenzbeamte dummerweise den genialen Gedanken hatte, nicht mich nach den Familienzusammenhängen zu fragen, sondern die damals 6-jährige T___. "Wer ist denn das?" Schweigen. "Ist das deine Mama?" Große Augen und Schweigen. Weia. Die schnell gezogene Heiratsurkunde wendete das Schlimmste Gottseidank gerade noch ab...)

Manchmal kann die Gesichts- und Passkontrolle aber auch zu sehr amüsanten Wortwechseln führen. So geschehen vor einigen Monaten in Fuhlsbüttel. (Flughafen. Nicht Knast!) In freudiger Erwartung des üblichen Schlagabtauschs begibt sich Mutter K___ mit Reisepässen im Anschlag an die Kontrolltheke, die von einem freundlich aussehenden Grenzbeamten besetzt ist, der gerade noch mit seiner Kollegin scherzt. "Guten Tag!" sagt Frau K___ artig. Der gut gelaunte Grenzer wirft einen Blick in die Pässe, taxiert die unvollständige Kleinfamilie, starrt erneut in die Pässe. Und dann kommt die Frage der Fragen: "Was für ein Verhältnis haben Sie zu den Kindern?" Nun, auf diese Frage gab es nur eine passende Antwort. "Ehm, ein gutes." Der Grenzpolizist stutzte - und brach dann in schallendes Gelächter aus, während er uns grinsend durchwinkte. Puh, manchmal siegt Schlagfertigkeit dann doch, im kleinen Grenzverkehr. Und es gibt auch noch humorvolle Polizisten...

Dienstag, 19. Juli 2011

Eröffnungstouren

Im Rahmen des Fotografie-Fests PhotoIreland finden im gesamten Monat Juli zahlreiche Veranstaltungen zum Thema Fotografie statt. Von fachkundigen Führungen in Fotosammlungen zu Ausstellungen, Workshops und Podiumsdiskussionen. Wir waren letzte Woche schon ordentlich dabei. Über die Komplikationen auf dem Weg zur Galerie berichtete ich ja schon. Da konnte es dann ja nur noch besser werden. Und das wurde es. Nicht nur dank unterhaltsamer Gesellschaft guter Freunde und angesichts interessanter Fotokunst, sondern auch nicht zuletzt wegen der angebotenen Getränke. Denn das ist bei Eröffnungsfeiern natürlich immer inbegriffen - das obligatorische Glas Wein. Oder zwei.

Um es nicht ganz so auffällig zu gestalten, mit welchen Prioritäten man auf eine Eröffnungsfeier gekommen ist, empfiehlt es sich, nicht nur die Glasabnahme im Turnus auf die anwesenden Gruppenmitglieder aufzuteilen, sondern das Weiterziehen auf gleichzeitig stattfindende Veranstaltungen mit einzuplanen.

So geschah es dann auch. Um so überraschter war ich, als ich mich auf Eröffnungsfeier Nummer zwei plötzlich in heimischen Gefilden wähnte - eine Ausstellung deutscher Fotografen der Agentur Ostkreuz, Berlin. Die unerwartete Konfrontation mit vertrauten deutschen Ansichten war extrem gewöhnungsbedürftig - erst recht, wenn man in Begleitung von nicht-deutschen Freunden ist, die eine lückenlose Interpretation und Hintergrundausleuchtung der gesehenen Bilder erwarten.

Und komisch - nur weil es sich um eine Ausstellung deutscher Fotografien handelte, fühlte ich mich tatsächlich besser befähigt, das Gesehene einzuordnen. Der Autorität und dem umfassenden Wissen des Eingeborenen ist eben nichts entgegenzusetzen. Und das gefällt mir manchmal, denn als Ex-Pat bin ich hier tendenziell eher der außenstehende Beobachter, der höchstens mal in Gegenwart von urlaubenden Ausländern die Identifikation und Vertrautheit mit der gewählten neuen Heimat als lückenlosen Kenntnisstand ausgeben kann. Selbst ein Besuch in Deutschland bringt da keine Linderung - nach über einem Jahrzehnt Auslandsleben ist mir auch das Geburtsland fremd geworden und ich kann nicht wirklich mehr generelle Auskunft über "DIE Deutschen" geben.

Bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als mal wieder eine landeskundliche Exkursion in heimische Gefilde anzuberaumen. 

Freitag, 15. Juli 2011

Konservenkost

Na, das war wohl nichts mit meiner dollen BlogPress-App. Der Beitrag heute kommt aus der Konserve. Ja, denn Irland ist mal wieder führend in Sachen Telekommunikation. Oder eben nicht. Von wegen  "dann schreib ich mal hochaktuell und liver als live direkt vom Urlaubsort meine Beiträge" - fällt aus wegen is nich. Grund: Mein irischer Telekommunikationsanbieter hat leider keine Kooperationsverträge mit einem französischen Anbieter, so dass alle Internetaktivitäten via iPhone im Urlaub über Roaming laufen würden. Und das kostet, kostet, kostet.

Aber ist ja nicht das erste Mal, dass die Rückständigkeit in Sachen moderne Kommunikation mir hier Schwierigkeiten macht. So war ein Breitband-Internetzugang in Deutschland schon Jahre vor einem solchen in Irland zu haben. Während ich hier noch mit einem lächerlichen Modem vor mich hintüterte, blieben meine deutschen Freunde stundenlang online. Kompletttarife machten's möglich.



Und jetzt, wo wir das Broadband haben, drücken wir nicht nur kräftig dafür ab, sondern ärgern uns dennoch über unzuverlässige Zugänge herum. In den letzten 12 Monaten habe ich zweimal den Anbieter gewechselt. So richtig zufrieden bin ich immer noch nicht. Dabei bin ich auf den Internetzugang angewiesen und kann von Glück reden, in einer Geschäftsgegend Dublins zu wohnen, wo überhaupt ein regulärer Anschluss zu haben ist. Meine bemitleidenswerten Freunde auf dem Lande verpulvern ihre Euronen dagegen mit mobilen Breitbandanschlüssen, da die auf grüner Wiese aus dem Boden gestampften Siedlungen teilweise gar nicht erst ans TK-Netz angeschlossen wurden.

Naja, bleiben wir mal ganz ruhig und sehen wir es positiv: Der gelegentliche Netzausfall hat ja auch was Gutes - so kommt man denn auch mal von der "Kiste" weg und kümmert sich um die reale Kommunikation und nicht die virtuelle.

Aus dem Isolationsurlaub grüßt

Sonja

Dienstag, 12. Juli 2011

Die ganz normale irische (Un)Logik

Wer sich in Irland mit Iren verabredet, trifft sich in der Regel in einem Pub. Bisher dachte ich ja immer, dass das an der stark ausgeprägten Trinkkultur der Iren liegt - und die findet nun mal in der Regel in einer öffentlichen Tränkstätte statt. Neueste Erkenntnisse bringen mich aber zu einer gänzlich anderen Vermutung: Wer sich mit einem Iren treffen will, muss das an einem öffentlichen Ort tun. Denn die Privatwohnungen der Iren kann man einfach nicht finden.

Das wurde mir letzte Woche bewusst - wenn auch in etwas anderem Zusammenhang. Gemeinsam mit einem Freund war ich unterwegs zu einer Ausstellungseröffnung, die in Dublins Capel Street stattfinden sollte. Capel Street zieht sich schnurgerade in Nord-Süd-Richtung durch die nördliche Innenstadt Dublins. Wir stießen knapp am unteren Drittel der Straße seitlich auf Capel Street und freuten uns, auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Hausnummer 153 zu erkennen. Nun glaubt der logik-verwöhnte Zentraleuropäer, dass dementsprechend das von uns gesuchte Haus Nummer 53 etwas weiter oberhalb auf derselben Straßenseite zu finden ist, wie Nummer 153 im unteren Drittel. Weit gefehlt!  Wir meinten, auf der Straßenseite mit den geraden Nummern zu sein und machten uns nach rechts auf den Weg. Zuerst gab es mal gar keine Hausnummern, dann tauchte plötzlich eine 77 auf. Auf der geraden Straßenseite??? Gegenüberliegend erspähten wir dann noch eine 144. Die Verwirrung war perfekt.

Logisch wäre es, Hausnummern in gerade und ungerade aufzuteilen und dann in dieselbe Richtung gehend aufsteigen zu lassen. Nicht so in Dublin. Ordnungssystem war hier die fortlaufende Nummerierung der Häuser einmal die Straße runter und dann auf der gegenüberliegenden Seite wieder rauf. Toll. Sogar mein irischer Begleiter musste zugeben, dass das nicht effektiv sei.

Wenn man nun glaubt, dass einem das aber nur in der Großstadt passieren kann, dann hier eine Warnung: Auf dem Lande wird es noch schlimmer. Dort gibt man sich mit Hausnummern erstmal gar nicht ab. Stattdessen werden die Häuser durch wunderbare Namen gekennzeichnet. Das geht von irischen Ortsbezeichnungen wie "Dromore" (großer Berg) über Heiligennamen ("Loyola") bis zu ausländischen Städtenamen ("Altona") und Lieblingsnamen ("Casa Sara"). Eine Beispieladresse wäre dann sowas wie

Liam Murphy
Glenmore
Avoca
Co. Wicklow.

Kein Straßenname, keine Hausnummer. Nun findet das mal! *lachschlapp* Da ist ja die seltsame Hausnummernregelung in Dublin noch Gold dagegen.

Freitag, 8. Juli 2011

Testing, testing, one, two, three

Wer hätte das gedacht? Auf meine alten Tage habe ich mich nun doch noch zu einem Technikfan entwickelt. Oder sollte ich mich ehrlicherweise eher als "geek" bezeichnen, einer von den eher uncoolen, in der Regel bebrillten, verpickelten Technikfreaks, deren sozialen Kompetenzen reziprog-proportional zur Speicherkapazität ihres "Rechners" ("Computer" sagen diese Experten nicht zu ihrem PC...) stehen und die ihre Polyester-Strickpullover immer in den Hosenbund gesteckt tragen??? Ok, nee, das sind die Peinlichkeitsagenten so ca. 1985. Heute sehen wir ganz anders aus. Wir fallen in der Menge der Normalos gar nicht weiter auf. Wir sind blond, tragen fetzige rote Brillen, exzentrischen Schmuck und kommunizieren ohne Ende. Dies allerdings dann doch gerne nicht Angesicht-zu-Angesicht, sondern lieber am Bildschirm, neben sich der Koffeinnachschub in Form eines Kohlensäure-haltigen, anti-alkoholischen Brausegetränks, damit man bis nachts um 2 Uhr die Welt auf FB mit weitergeleiteten Gimmick-Empfehlungen á la "Fruchtzucker-betriebener USB-Anschluss - soooo cool, muss ich haben!" beglücken kann.

Warum schreibt sie das, fragt sich mal wieder die geneigte Leserschaft. Weil diese Bloggerin gerade begeistert eine neue App auf dem iPhone in Betrieb genommen hat, die - und jetzt kommt's endlich - mir das Verfassen meiner Beiträge mobil auch während meines in Kürze anstehenden Urlaubs ermöglichen wird! Das hier und heute ist eine Trockenübung, sozusagen. Ich teste mein BlogPress Pro vorsichtshalber schon mal im Vorfeld aus, damit ich dann von meinem gemütlichen Plätzchen im Schatten eines im Garten eines südfranzösischen Landsitzes gelegenen Baumes meinen Senf zur deutsch-irischen Freundschaft abgeben kann. Dazu gehört auch, das ich jetzt probeweise ein sinnfreies Foto hier einfüge, um die Fotofunktion zu überprüfen. Obacht!





Alles klar? Die wichtigsten Werkzeuge der Bloggerin ganz im Bilde. Rechner (!!) unbenutzt, Cola-Glas, Kalender mit eingetragenem Urlaub. So sieht's aus.

Um nun aber wenigstens noch abschließend mal das Thema dieses Blogs wieder aufzugreifen: ich freue mich ganz besonders auf diesen bevorstehenden Urlaub. Denn ich vermeide dabei diesmal etwas, was mich oft an meinem Ex-Pat-Dasein verzweifeln lässt: ich durchbreche die sonst übliche Fixierung auf Deutschland als obligatorisches Urlaubsziel. Rein zwangsläufig ist es gewöhnlich so, dass Urlaube in der alten Heimat verbracht werden (müssen). Nein, nicht weil ich fremdbestimmt bin oder in meinem fünften Lebensjahrzehnt (weia, wie bitter) immer noch am Rockzipfel meiner Eltern hänge, sondern weil der Mischlingskinder wegen die Auseinandersetzung mit der Heimat der Mutter natürlich durch Eintauchen in die Lebensrealität Zentraleuropas gefördert werden muss. Ergo: Sommerferien immer in D'land. Dabei gibt es noch so viel anderes Schönes auf der Welt zu sehen...

Wenn dieser Beitrag nun planmäßig online geht, dann steht meinem fernschriftlichen Live-Blogging direkt aus dem Sommerurlaub nichts mehr entgegen. Technik ist schon was Dolles, nech?! Man muss sie nur zu nutzen wissen. Es grüßt Techniksonja!

- Posted using BlogPress from my iPhone

Dienstag, 5. Juli 2011

Sehnsucht geht durch den Magen

Eigentlich leide ich nicht unter Heimweh. Ich habe das große Glück, in dem Land leben zu dürfen, das ich mir als selbst gewählte Heimat aussuchen durfte. Nach fast 12 Jahren Auslandsleben zieht mich nichts mehr nach Deutschland zurück. Ausgenommen selbstverständlich meine Familie und Freunde, das marginal bessere Wetter und die alljährliche Weihnachtsstimmung. Oh, und gelegentliche kulinarische Sehnsüchte...

Wie bereits im letzten Beitrag erwähnt, war ich vergangene Woche als Führerin einer deutschen Schulklasse unterwegs. Die jungen Erwachsenen kamen in Begleitung meines Referendariatskollegen T___ nach Dublin, der mich kurzerhand als Bezugsperson engagiert hatte. Im Vorfeld dieser Abschlussfahrt hatte T___ mir eindringlich nahegelegt, die Tatsache auszunutzen, dass die 18 Gruppenteilnehmer mit 18 Gepäckstücken reisen würden, in denen dementsprechend auch Platz für dringend aus Deutschland benötigte Produkte Platz sei.

Dieser Aufforderung konnte ich nicht widerstehen. Und so gab ich eine Liste mit den gerade zu ersetzenden, nur in Deutschland erhältlichen Dingen an, die mein Leben in Irland komplettieren... Als da wären:

  • eine Rolle Backpapier
  • Zuckerrübensirup der Marke Grafschafter Goldsaft
  • Erdnussflips

Und nun gewähre ich interessierten Lesern einen exklusiven Einblick in meinen Vorratsschrank.

Erdnussflipsvorrat bis fünftes Quartal Zweitausenddrölf?

Beeindruckend, nicht wahr? Ja, man muss Prioritäten setzen, das ist mein Motto. Und Kollege T___ hatte das sofort verstanden und unter den Mitfahrenden gefühlte 20 Tüten Erdnussflips zum Mitbringen verteilt. Vielleicht waren es auch tatsächlich 20, am Ende wurden mir jedenfalls 15 Tüten überreicht. (Ein bisschen Schwund ist ja immer dabei - erst recht, wenn es um hungrige, junge Leute auf Klassenfahrt geht. Und bei 15 Tüten kann ich die ein oder andere abgezweigte Packung "Würmchen" noch verschmerzen!)

Wunderbar! So in Naturalien für meine Dienste bezahlt, sind die Wochen bis zum nächsten Deutschlandbesuch wieder mal überbrückt. Wenn man sparsam ist, halten die 15 Tüten eventuell gar für 45 Tage. Dabei steht mein nächster Flug nach Hause schon in 34 Tagen an. Gerettet!

Samstag, 2. Juli 2011

Klein-Irland

Die [West]Randbemerkungen sind ja bisher immer höchst subjektiv im Stile einer persönlichen Kolumne herübergekommen. Das liegt mir, gefällt mir - und kommt meiner intrinsischen, Einzelkind-sozialisierten Egozentrik extrem entgegen *ggg*. Heute will ich aber mal weniger auf meine persönliche Befindlichkeit hinaus, sondern euch (potentiellen) Irland-Fans einen eher praktischen Tipp an die Hand geben.

Nicht jeder, der nach Dublin kommt, hat Zeit, das "echte" Irland zu erleben. Viele Besucher planen nur einen Städtetrip mit ein paar Übernachtungen in der Landeshauptstadt. Sicher, hier ist einiges zu sehen, aber repräsentativ für "Irland" ist die Großstadt Dublin nicht unbedingt. Denn wer an Irland denkt, denkt an grüne Wiesen, sanfte Hügel, Strände und Klippen. Und doch gibt es genau das auch in Dublin.

Gestern war ich als Führerin mit einer deutschen Schulklasse unterwegs. Bei nur vier Tagen in Dublin war es mir wichtig, ihnen einen kleinen Eindruck von der landschaftlichen Schönheit und der wild-romantischen Natur Irlands zu vermitteln. Aber Budget-Grenzen und Zeitrestriktionen erlaubten keine Bustour in die nähere Umgebung Dublins. Doch nicht verzagen, Sonja fragen: Stattdessen führte ich meine Schutzbefohlenen nach Klein-Irland. So nenne ich eines meiner Lieblingsausflugsziele - die Dublin vorgelagerte Halbinsel Howth.

Nur knapp 30 Minuten mit der Vorortbahn Dart entfernt gelegen - ein Rückfahrtschein kostet € 4,40 - bringt den Touristen in den niedlichen Hafenort Howth. Neben einem Fischereihafen, an dem man Seehunde beobachten kann, ist dort ein großer Yachthafen und eine kleine Promenade mit Cafés und Shops und eine schöne Mole, auf der man zum Leuchtturm am Ende spazieren kann, von wo aus man einen herrlichen Blick auf die Howth vorgelagerte Insel Irelands Eye hat. Soweit, so urban.

Landschaftlich schön wird es dann, wenn man sich auf den Cliff Walk begibt. Dazu geht man von der Leuchtturmmole aus Richtung Hügel und lässt das Meer immer links liegen - wortwörtlich. So kommt man schließlich auf den Klippenpfad, der direkt am Abgrund entlang um den Hill of Howth herumführt. Von hier aus ergeben sich schöne Aussichten auf das Meer; malerische Klippen, ganz wie man sich die irische Küste vorstellt, runden den Blick ab. In den Felsen nisten Seevögel, deren Flugkünste über den kleinen Buchten beeindruckend anzusehen sind. Wer wenigstens die kleine Runde des Cliff Walks macht, für die 1,5 Stunden veranschlagt werden, wird mit einem herrlichen Ausblick belohnt - nach knapp einer Stunde erreicht man eine Felsnase, hinter der sich die Aussicht auf das Panorama der gesamten Dubliner Bucht eröffnet: Von Dalkey Island über Dun Laoghaire, Blackrock, Sandymount, Dublin Hafen, Dollymount, Clontarf bis Sutton. Im Hintergrund erheben sich die Wicklow Mountains. Malerisch davor gelegen ist das Bailey Lighthouse, das auf einer felsigen Landzunge von Howth in die Bucht ragt. Aber seht selbst:


Schon unzählige Male auf diesem Klippenpfad gegangen, bin ich jedes Mal aufs Neue hingerissen von der Schönheit dieses Fleckchens. Und der Tatsache, dass man quasi in Dublin dieses Naturerlebnis genießen kann. So einfach zu erreichen, ein leichter Spaziergang für Wanderer aller Stärken. Und am Ende des Cliff Walks gibt es dann nichts Besseres, als sich mit einer Box Fish and Chips von Beshoff's am Hafen von Howth zu belohnen.

Nur eine kleine Warnung: Der Pfad ist gänzlich ungesichert und führt direkt über den Klippen entlang. Für Leute mit Höhenangst und Kinder unter 6 Jahre ist der Cliff Walk nicht geeignet!