Montag, 24. September 2012

Nur für Frauen geeignet!

Ok, Männer, bitte weglesen. Echt! Jetzt geht es um Frauensachen, und zwar wirklich ans Eingemachte. Nein, ich schwärme euch nicht wieder von meinem selbstgemachten Brombeergelee vor (obwohl das wirklich absolut hervorragend schmeckt). Ich möchte mich hier einmal auskotzen, was die medizinische Versorgung von Frauen in Irland angeht - und mögliche Auswanderer warnen, was hier auf sie zukommt.
Das Szenario: Ich war schon seit drei Jahren nicht mehr zur Untersuchung. Ok, ich bin zum Einen mit einer Rossnatur gesegnet und zum Anderen auch relativ sorglos und unhypochondrisch. Heute dachte ich mir aber, dass ich doch einmal selbständig aktiv werden könnte, und mir einen Termin verschaffen sollte. Schließlich sollte man ja eigentlich jedes Jahr mal einen gewissen Test machen lassen, der auf Englisch übrigens den reizenden Namen "smear test" trägt. (Doll - so ein richtig schönes lateinisches Wortungetüm würde mir da besser gefallen, als dieses einem direkt ins Gesicht starrende unschöne Wort. Nun ja.) Nachdem ich zunächst feststellen musste, dass mein bisheriger Frauenarzt offenbar nicht mehr praktiziert, rief ich woanders an. Was mich schon als erstes störte: Ohne Angabe von Gründen, warum ich eine Konsultation wünsche, kriegte ich schon mal von der eiskalt-genervten Sprechstundentusse am Telefon kein Gehör. Als ich dann meinte, es wäre wohl mal wieder Zeit für den Abstrich (auch nicht gerade ein besseres Wort, aber naja...), ließ sie mich deutlich spüren, wie *genorven* sie von meiner Anfrage war. Da müsste ich mich erstmal bei der staatlichen Stelle anmelden und mir von denen eine Überweisung für einen kostenlosen Test holen. Peng, aufgelegt.
Ok, ich mich also auf die Webseite von Cervical Check Ireland begeben, meine Daten da eingegeben und erwartet, einen Überweisungsschein zugemailt zu bekommen. Pustekuchen. Ergebnis: Abgewiesen. So einen Test gibt es hier nur alle drei Jahre. Ich bräuchte mich vor Mitte Februar 2013 nicht wieder melden.
Ich bin entsetzt und sauer. Ein wahres Unding, wie hier mit der Gesundheit von Menschen umgegangen wird. Seit wann ist so ein beknackter Test Luxus? Und wieso kann ich bei der Frauenarztpraxis nur dann einen Termin kriegen, wenn ich einen solchen Test machen lassen möchte? Echt, heute könnte ich Irland mal so richtig einen an die Backe klatschen. Die ham se doch nicht mehr alle, hier.

Dienstag, 18. September 2012

Ich bin verrückt nach deinem Brombeermund

Vielleicht sollte ich den neulichen Ausflug in die niederen Gefilde kulinar-erotischer Literatur dann doch noch einmal aufgreifen und erklären, was da eigentlich los war. Geht ihr im Herbst auch Beerensammeln? Ich kenne das noch aus meiner Kindheit, wenn ich mit meinen Eltern im Frühherbst Fahrradtouren entlang von Bahndämmen und auf heckenbesäumten Feldwegen machte, mit dem Plastikeimer am Lenker baumelnd, auf der Suche nach unseren geheimen Brombeerhecken... In Irland gibt es Gottseidank mehr Brombeeren als es Leute gibt, die diese eigenhändig verarbeiten wollen. Brombeeren wachsen an jeder Straße. Die Kunst ist hier eigentlich nur, Brombeerbüsche zu finden, bei denen man nicht von dem halsbrecherischen Verkehr bedroht wird.

Der Blutrausch, den ich euch beschrieben habe, ist (fast) wirklich so passiert. Wir waren zu dritt und hatten eigentlich nicht gerade reiche Beute auf unserer Route an der Rückseite von Bray Head gemacht. Erst auf dem Rückweg entdeckte ich dann das geheime Versteck der perfiden Brombeermafia: Die schwarzesten und saftigsten Dinger wuchsen meistens ganz unten, fast schon im Gras.

Und als ich mich dann - großzügig - auf das niedrige Niveau der Brombeer-Vigilanten herabgelassen hatte, da überkam mich dann dieser Brombeerrausch. Wo vorher nur leere Büsche uns gerade zu verhöhnt hatten, sah ich plötzlich Zweige-weise die üppigsten Beerenfrüchte. Während Gatte und Sohn um die letzte Kurve aus meinem Sichtbereich verschwanden - ich gebe es zu, ich war nicht ganz undankbar dafür; ich wusste, dass jetzt der Rausch zuschlagen würde, und das ist ein Anblick, den ich meinen Liebsten dann doch eher ersparen wollte - zupfte ich wie wahnsinnig an den Büschen. "Ich muss eigentlich aufhören", sagte mir der Verstand. Aber die Gier überkam mich. "Nur noch den einen Busch hier", dachte ich mir mehr als einmal. Aber immer wieder sah ich dann vom vermeintlich letzten Busch den nächsten direkt daneben.




 Nun ja, meckern kann die Mannschaft nun sowieso nicht. Immerhin habe ich die gepflückten  Brombeeren dann zu Hause stante pede zu zwei Litern Saft verarbeitet. Und diesen wiederum in 10 Gläser Gelee umgesetzt. Klasse - jetzt nur noch ein frisch gebackenes Kürbisbrot, und das Frühstück ist perfekt.

Sonntag, 16. September 2012

Blutrausch

Das Blut hämmerte mir in den Ohren. Es war als hätte mich ein Anflug von Wahnsinn überkommen. "Mehr, ich will mehr", dachte ich. Nur noch eines war mir im Sinn, diese Lust zu stillen, dieses Gefühl zu verlängern, die Befriedigung des überwältigenden Verlangens zu erlangen. Meine Nüstern blähten sich, gleich wie ein Spürhund witterte ich nach dem Objekt meiner Begierde. Wie geschrieben und doch nur als ein wollüstiges Gefühl erreichten gedachte Wortfetzen den Rand meines Bewusstseins. Üppig. Rund. Saftig. Süß. Sünde. Besitz. Jetzt. Mehr. Mehr. Mehr.

Meine Hände zitterten unter einem Anflug von Begierde und der Erwartung des erfüllten Blutrausches. Ich konnte sie kaum koordinieren, aber unter Aufbringung meiner letzten Kräfte und mit der ultimativen Befriedigung meiner Gier vor Augen streckte ich meine Finger aus. So weich, so zart, so leicht verletzlich. Sanft, mit der Zärtlichkeit eines Liebhabers, streichelte ich, zog ich sachte. Ja. Ich hatte es geschafft. Warm und weich lag sie in meiner Hand.

Doch die Befriedigung währte nur kurz. Schon hämmerte mir wieder das Blut in den Schläfen. Mehr. Und ich wühlte mich tiefer. Wie gehetzt von den Furien der Hölle suchte ich weiter nach der mir verhießenen Erfüllung. Ich konnte nicht aufhören. Nicht jetzt. Nicht nach diesem Busch. Niemals. Auch dass es zu regnen anfing, konnte mich nicht von meiner Mission abbringen. Ich musste weitermachen. Ich musste meinen Blutrausch stillen, bis mein Herz zersprang und das Körbchen voll war.

"Sonja, are you coming?" Ja. Ja, ich komme. Nur noch diese eine Brombeere.

Freitag, 14. September 2012

Goldener September

Wenn man in Irland lebt, wird man bescheiden, was das Wetter angeht. Ich bin ja schon froh, wenn es trocken ist, höre ich mich selbst sagen. Zur Ausstattung jeder Handtasche im Repertoire gehört immer ein Knirps. Vorzugsweise billige oder gefundene solche - alles andere ist bei den hier ständig herrschenden Windverhältnissen herausgeschmissenes Geld! Doch der September, der ist immer golden.


Auch dieses Jahr beweist der September wieder einmal, dass er der beste Monat für einen Besuch in Irland ist. Wir haben herrliches Spätsommerwetter, mit milden Temperaturen um die 19, 20 Grad. Die Sonne scheint. Die Hecken blühen wie blöd und die Brombeerernte winkt bereits in den windgeschwängerten country lanes.


Und noch etwas ist im September immer wieder Anlass für Vorfreude: das alljährliche Fringe Fest, das am Rande des renommierten Theatre Festival läuft. Was haben wir da schon für coole Stücke gesehen... Molly Blooms Monolog in Kerzenbeleuchtung und auf die Bühne im James Joye Centre gebracht von einer polnischen Theatergruppe. Bizarr wurde es, als sich ein Schauspieler unter unseren Stühlen quer durch den Raum durch die Stuhlbeine wand. (Es wurden zahlteiche Türen geknallt - fast wie bei einer Publiksbeschimpfung a la Handke...). Dann war da das geniale Kammerspiel, das in einer echten Mietwohnung stattfand und bei der das Publikum in kleinen Gruppen von maximal 5 Personen direkt neben den Schauspielern im Wohnzimmer/Schlafzimmer/Badezimmer/Balkon stand. Quasi vier Stücke auf einmal, denn die Handlung lief synchron in allen vier Zimmern und war trotz Wechselpause fortlaufend, so dass der Gatte und ich, von den Theatermächten absichtlich getrennt, unterschiedliche Handlungen erlebten. Zweck: die Zuschauer sollten sich nach dem Stück über die unterschiedlichen Handlungsstränge austauschen. Kostenlose Paartherapie : da hat man dann mal wieder einen Gesprächsanlass... Und unvergessen auch die Stadtführung Berlin, die wir vor zwei Jahren mitmachten. In Dublin, wohlgemerkt! Und die mir einen neuen wortwörtlichen Höhepunkt meiner eigenen Gästetour geliefert hat, den ich gerne ansteuere, wenn ich Dublin-Besucher herumführe. Das neueste highlight des Fringe Festivals? Die Ikeaoper Flåtpäck. Eine moderne Oper in vier Akten, deren Libretto aus jeweils einem Wort bestand: Gorm. Hemsvik. Grundtal. Billy. Und das ganze vor Ikeamöbeln. Wunderbar. Ein Muss für der Kultur zugeneigte Einrichtungshausfanatiker.

Ich liebe den September in Dublin. Auch wenn die Tage wieder kürzer werden.