Samstag, 30. März 2013

Ostern in Irland

Habe ich mich eigentlich schon einmal zum Thema Ostern in Irland geäußert? Vermutlich nicht. Weil es dazu auch nicht viel zu schreiben gibt.
Na dann frohe Ostern.
Das war's. Und tschüß.



Nein, kleiner Scherz, ich schreib heute schon noch etwas mehr. Und selbst wenn es dann nur darauf herauslaufen sollte, mich in Ermangelung irischer Osterbräuche an der Überlegenheit deutschen Brauchtums aufzugeilen. Wundersam ist es schon, dass in Irland an Ostern so wenig an deutlich sichtbarem Brauchtum stattfindet. Immerhin ist Ostern das höchste kirchliche Fest, und in einem Land, das so stark kirchlich geprägt ist, hätte man doch etwas mehr Volkstümlichkeit vermutet. Vielleicht - und das ist jetzt nur meine unwissenschaftliche Theorie - liegt es ja auch daran, dass die Ausübung ihrer katholischen Religion den Iren jahrhundertelang quasi verboten war, und sich dementsprechend kein äußerer Ausdruck ihrer religiösen Feiertage bilden konnte?


Während jedenfalls in Deutschland all über all an den Tannenspitzen goldene Lichtlein blitzen... eh... falsche Jahreszeit... an den Büschen bunte Eier im Wind wiegen, bemühte Muttis mit ihren Kindern Eier bemalen und am Ostersonntag in jedem Garten nach Eiern gesucht wird, findet hier so etwas so gut wie gar nicht statt. Stattdessen empfinde ich das irische Brauchtum als vorwiegend kommerziell. Denn Ostereier gibt es schon - aber diese immer als riesige Schokoladeneier, die gekauft und verschenkt werden. Da gibt es dann auch keine Grenzen - je größer desto besser.

Im Hause K___-P____ kommt auch in diesem Jahr wieder der Osterhase. Das lasse ich mir nicht nehmen, auch wenn meine Kinder aus dem Osterhasenalter eigentlich heraus sind. O-Ton C____ (14): "Mama, gibt's denn bei uns trotzdem Ostereier auch wenn ich nicht mehr daran glaube???" Ha, selbstverständlich, allein schon, weil ich morgen nach sechs Wochen Abstinenz unbedingt wieder Schokolade essen will. Mich beschenkt zwar keiner, aber wenn ich mich gut anstelle, dann bekomme ich vielleicht doch ein oder zwei kleiner Eier aus der Beute meiner Kinder ab.

Frohe Ostern allerseits.




Freitag, 29. März 2013

Hoppenstedter Parade

Normalerweise ist Sonja in Sachen Musik entschieden hochgestochen. Mit 12 Jahren ununterbrochenem Konzerthallen-Abo in der (Abend-)Tasche (wir breiten hier jetzt einmal den Mantel des Schweigens über die Tatsache, dass das Abo seit letztem September ruht...) zählt man sich zu den kultivierten Klassikliebhabern, die herablassend den Dirigenten bei Betreten des Dirigierpultes begrüßen und verachtungsvoll die Augen gen Himmel rollen, wenn die barbarischen Konzerthallen-Anfänger in ihrem naiven Enthusiasmus zwischen den einzelnen Sätzen einer Sinfonie klatschen. Sooooooo peinlich!!!! Das *macht* man doch nicht!!!! *Weiß* man doch!!!! Freiwillig hätte ich mich dementsprechend wohl auch nicht zu einem Konzertabend begeben, bei dem Filmmusik gespielt wurde. Also bitte, das ist doch entschieden U und nicht E!!! Doch einem geschenkten Gaul schaut man ja nicht ins Maul, und so war ich gestern abend dabei, als in der National Concert Hall die sinfonische Filmmusik von John Williams auf dem Programm stand. Mir ging es primär eigentlich um die Gelegenheit, meine Freundin R___ zu sehen, die eingeladen hatte. Zudem es sich bei dem aufführenden Orchester auch nicht um mein Stammensemble handelte, sondern das Rundfunkorchester des irischen staatlichen Senders RTE.

Wir hatten die besten Plätze - und zwar die billigsten, wo man auf unbenummerten Sitzen direkt über dem Orchester sitzt und einen fantastischen Blick auf den Dirigenten hat. Oh, was haben wir von dort schon für herrliche Tanzeinlagen geboten bekommen. Ob Dirigenten in ihrer Ausbildung auch das Modul Interpretationstanz belegen müssen? Eventuell sollte man sich auch überlegen, ob Konzertgängern als Voraussetzung für ihre Anwesenheit ein Zertifikat in modernem Tanz vorgeschrieben werden sollte. Sonst könnte es zu ähnlich unschönen Szenen kommen, wie gestern abend, als der Marsch aus "1941" gespielt wurde.



Als Deutscher liegt mir Marschmusik selbstverständlich im Blut. Wenn der Rhythmus so richtig fetzig wird, dann zuckt mir die Beinmuskulatur unwillkürlich im Stechschritt unter der Sitzreihe. Da möchte man seine Reitstiefel anziehen und eine Runde im Parademarsch durch die Konzerthalle exerzieren. Zackig und erfrischend. Aber wir sind ja schließlich in den heiligen Hallen der Kunst, da kann man sich nicht mit solchen Szenen exponieren. Wir lehnen uns lieber gepflegt zurück und verbergen die zuckenden Fußspitzen unter dem Sitz der Vorderreihe.

Dort jedoch war der Rhythmus offenbar zu viel für einen Anwesenden. Der gute Mann war mir bereits vorher unangenehm aufgefallen, als er *nach* Beginn des Konzerts zu spät erst ankam und die kultivierte Ruhe der Kunstliebhaber störte. Naja, was will man schon von Spät-Ökos erwarten, die in Kapuzenpulli und langen Bartzotteln sowie einem sich lichtenden Haupthaar, das wohl 1974 zum letzten Mal eine Schere gesehen hatte, ins Konzert gehen... Überraschenderweise kam Mr Hippie allerdings bei der martialischen Marschmusik so richtig in Fahrt. Erst wippte er ja nur sachte mit dem Fuß, doch dann kippte der Schalter - als es beim Marsch richtig in die Vollen ging, konnte sich Hippie nicht mehr halten. Unter "Sitztanz" kann man das schon gar nicht mehr einordnen - das war schon eine echte Hoppenstedter Parade. Doll - und das bei einem Hippie, dem ich ja nun doch etwas mehr Pazifismus zu Gute gehalten hätte.





Eine Frechheit, das Ganze, denn meine Freundin und ich gerieten darüber so ins Kichern, dass Gefahr bestand, unter Tränenschleier den Musikgenuss zu verpassen. Das Auge hört ja schließlich mit. Unter allerlei Zuckungen konnten wir uns schließlich wieder beruhigen. Fazit: Solches Riff-Raff sollte von ernsthafen Konzerten ausgeschlossen werden. Oder Arroganskis wie ich sollten nicht mehr in Konzerte mit E-Musik gehen.

Montag, 25. März 2013

Wetterresistenz

Iren sind hart im Nehmen. Schon von klein auf wird der keltische Nachwuchs auf das Leben im atlantischen Extremklima vorbereitet. Nach einer ersten Schonzeit dürfen fortgeschrittene Babys vom Gitterbett direkt in den Buggy umsteigen. Liegen im Kinderwagen ist für Weicheier - irische Babys sitzen von Anfang an. Und das unbemützt und ohne Socken. Der Hintergedanke: Früh geübt, erträgt sich das irische Wetter besser. Besonders die Iren weiblichen Geschlechts müssen schon früh an die Wetterbedingungen gewöhnt werden, schließlich sollen sie ja ab Teenager-Alter jahraus, jahrein ohne Jacke und Kopfbedeckung den Wettereinflüssen stilgemäß im obligatorischen Spaghetti-Träger-Hemdchen stoisch trotzen.
Meine eigenen Hybrid-Modelle gehen leicht gehandicapt in das Rennen um den Titel des härtesten Teenagers. Eine verweichlichte deutsche Mutter besteht darauf, Handschuhe und Mützen zu tragen und die Winterjacke bis zum Kragen zuzuknöpfen. Extrem lästig. Doch die Umgebung ist prägend, und so sind auch meine Beiden heute immun, was Wind und Wetter angeht. So zuckte Tochter (11) nicht mit der Wimper, als sie heute morgen zum Ferien-Wassersport-Camp bei wohligen 3°C Außentemperatur aufbrach. Die Aussicht, vier Stunden in einem Kanu auf dem Wasser zu verbringen, verursachte  mir bereits spontane Gänsehaut, rief bei T___ jedoch nur Achselzucken hervor. Was einen nicht umbringt, macht einen härter. Immerhin ist ja auch die Wassertemperatur mit 7°C erheblich wärmer als die Lufttemperatur - da springt man zum Abschluss des Kanutrainings noch einmal im Neoprenanzug in das Hafenbecken, um sich kurz aufzuwärmen.

Auch Sohn (14) hat für meine Bedenken wenig Verständnis, wenn ich empfehle, angesichts Windstärke 4 und Schneeregens ausnahmsweise einmal nicht mit dem Fahrrad zur Schule zu fahren. Auch der Vorschlag, Winterhandschuhe anzuziehen, wird mit Naserümpfen quittiert. Eine Tasche mit trockener Ersatzkleidung im Schließfach in der Schule zu deponieren, ist undenkbar!!!
Vielleicht ist man aber mit unter-20 einfach noch heißblütiger als mit Mitte-20 40 *hüstel*. Oder die irischen Gene haben sich doch durchgesetzt. Schließlich hat der Kindsvater selber bis zum Übertritt in die Sekundarstufe ausschließlich und zu jeder Jahreszeit kurze Hosen getragen. Da ist das Genmaterial entsprechend vorimprägniert. Die Iren sind eben hart im Nehmen.

Freitag, 22. März 2013

Jagdwetter

Halali. Die Jagdsaison ist eröffnet. Jawoll, ich gestehe es, ich bin ganz und gar für die Jagd. Und genau jetzt ist das beste Wetter dafür. Je windiger und regnerischer, desto besser. Rein in die entsprechende Ausrüstung und raus in die freie Wildbahn. Da kommt das Blut in Wallung und mensch fühlt sich ganz Mensch! Und wenn das Jagdglück dann dem Jäger hold war, kommt man gar mit reicher Beute nach Hause. Dann noch die Beute zerlegen - und schon hat man die Zutaten für eine kreative Stunde. An der Nähmaschine.

Wer mich kennt, den konnte ich mit meinem Einleitungsabsatz sowieso nicht hinter das Licht führen. Meine Jagd geht nicht auf Hirsch und Co. Meine Pirsch bezieht sich auf die derzeit in Brunft befindenden Taschenknirpse und Regenschirme. Da sind die arktischen Winde, die sich gerade in Irland einregnen und das Land unter Wasser setzen, genau richtig.

Und so zog ich gestern abend im Schutze der Dunkelheit los. In meinen schwarzen Mantel gehüllt und camouflage-artig in graue Mütze und Schal gewandet konnte ich mich nahtlos mit der Schwärze der Nacht verbinden. Nahezu unsichtbar und hinterlistig mit einem eigenen Knirps als Tarnung und Lockmittel bewandet durchstreifte ich dann die menschenleeren Straßen, um hinterrücks unschuldige Regenschirme abzumurksen.

Bevor mir jemand vorwirft, dass es sich dabei um einen ethisch anrüchigen Blutsport handelt: Ich erlege nur bereits kranke Exemplare, die in der freien Wildbahn ohnehin nicht mehr lange durchhalten. Es handelt sich bei meiner Jagd um die Beschleunigung der ohnehin natürlichen Selektion. Im Grunde tue ich der Natur einen Gefallen, denn ich hinterlasse keine Spuren und sorge dafür dass der Schirm-Genpool rein bleibt. Keine Mülltonne im Ein-Meilen-Radius um mein Haus, der nicht sorgsam von mir auf kränkliche Knirpse untersucht wird. Auch die am Wegesrand von ihren Herden hinterlassenen Versprengten sammle ich ein, um sie dann später zu Hause zu entweiden, die Haut von ihrem Skelett zu ziehen und einem neuen Verwendungszweck zuzuführen.

Gestern abend war mir das Jagdglück dementsprechend treu - der derzeit herrschende arktische Sturm und der heftige Regen bescherte mir zwei Prachtexemplare der Gattung Taschenknirps und Golfschirm respektive. Ersterer war nach einem fatalen Knöchelbruch abgebrochenen Griff von seinem Besitzer auf dem Gehweg herz- und rücksichtslos zurückgelassen worden. Den Golfschirm zog ich zum finalen Fangschuss aus einer Mülltonne. Keine Zeit für Sentimentalitäten - in der freien Wildbahn zählt jeder Mann nur für sich selbst.

Das galt allerdings leider auch für meinen eigenen Lockvogelknirps. Dieser hielt dem unnachlässig stürmendem Regen nicht stand und erlag trotz Aufbietung aller Kräfte dem Sturm. Und so zähle ich mittlerweile vier Knirpse und einen Golfschirm in meiner Beutesammlung, die sich derzeit noch im Badezimmer zum Abhängen befindet und erst nach dem Trocknen der Ausweidung zugeführt wird. Und dann, dann werden aus den abgezogenen Fellen praktische Einkaufstaschen genäht, die in jeder Handtasche Platz finden.

Wie ich gerade dem täglichen Jagdbericht entnehme, sollen die Wetterbedingungen die nächsten paar Tage noch anhalten. Da bleibt ein neuer Lock-Knirps im Anschlag und ich gehe auch morgen wieder auf die Pirsch. Waidmanns Heil!

Montag, 18. März 2013

Frühlingsgefühle

So, endlich ist auch Paddy's Day vorbei, dann kann ich ja endlich Frühlingsgefühle verbreiten. Nicht, dass es hier draußen danach aussieht. Es bleibt weiterhin kalt und nass in Irland. Meine Frühschicht größte mich heute morgen so dunkel wie schon lange nicht mehr. Von wegen Tageslicht - unter regenschweren Wolken dämmerte Dublin um halb 7 noch vor sich hin.
Und nicht nur Dublin, sondern auch die Dubliner. Denn heute ist hier Feiertag. Normalerweise finde ich ja mein Gastland nicht unbedingt besonders praktisch in der Denke. Wenn es um Feiertage geht, sind sie uns in Deutschland jedoch durchaus einen Schritt voraus. Egal, auf welchen Wochentag ein beweglicher Feiertag wie beispielsweise der Nationalfeiertag oder auch der 1. Mai fällt - der dazugehörige arbeitsfreie Tag wird immer an das Wochenende danach geklemmt. Ich finde das ausgesprochen gut - auf diese Weise hat man keine verschwendeten Einzeltage frei, sondern immer ein verlängertes Wochenende, das man zu einem kleinen Ausreißer in ein Hotel nutzen könnte.
Nicht dass ich das tue. Derzeit befinde ich mich noch in den letzten Ausläufern des Winterschlafs. Oder einer hibernationsbedingten Lethargiephase. Ich komme hier nur ganz schlecht in die Puschen und aus dem Haus, verbringe lieber meine Abende unter der heimischen Wolldecke als aushäusig. Vielleicht auch als Reaktion auf die vergangenen drei Jahre, in denen ich drei Abende pro Woche im College war. So sehr mich das mittelfristige Fernweh auch packt - irgendwann ist es auch schön, das Zuhause zu genießen.
So much so dass ich hier vor mich hinpussle und die besagten Frühlingsgefühle der Überschrift in Form von österlichem Schnickschnack ins Haus hole. Neeeeeein, das dient ja ausschließlich der landeskundlich-heimatverbundenen Unterweisung der mir anbefohlenen Minderjährigen. Diese müssen schließlich kulturell in das Land ihrer Väter Mutter eingewiesen werden. Und so brennt es mir bereits unter den Finger, hier mit meinen Ostereiern an den Busch zu kommen. Vielleicht noch ein bisschen früh, aber ein paar Küken dürfen schon sein, oder?


Peekaboo - der Frühling kommt bald. Hoffe ich...

Sonntag, 17. März 2013

The Wearing of the Green

Grün ist unvorteilhaft für den Teint. Macht eigentlich ein eher kränkliches Gesicht und keinen schlanken Fuß. Aber es gibt einen Tag im Jahr, an dem ich mich in mein einziges grünes Kleidungsstück schmeiße.


Happy St Patrick's Day, all. Der irische Nationalfeiertag. Und auch in diesem Jahr wieder mit den üblichen Begleiterscheinungen. Will sagen: Hier ist Schietwetter. Das ist traditionell an diesem Tag immer üblich. Dieses Jahr haben wir derzeit 2°C, dazu wechselnden Schneeregen und Niesel. Schön. Wahrscheinlich passt das den Iren gut in den Kram, gibt es doch Legitimierung zum gemütlichen Abhängen im Pub über einem zehn Pints.

Möglicherweise könnte der Kelch dieses Jahr an mir vorbeigehen. Bisher war das Abhängen am Rande der Paddy's Day Parade familiäres Pflichtprogramm. Doch mit zunehmendem Alter sind die Kinder groß genug, um ohne Mama an der Route zu fangirlen. Vielleicht sehe ich ja dieses Jahr sogar mal etwas von der Parade - nämlich auf der heimischen Couch vor dem HD-Fernseher. Ich bin nämlich eher so der passive Paraden-Fan. Mit einer dampfenden Tasse Tee doch irgendwie zu Hause viel schöner. - Boah, wie langweilig. Naja, ich kann meine energetisch-dynamische Teenager-Regression auch nicht immer rund um die Uhr aufrecht erhalten...

Wie auch immer - einen schönen Paddy's Day an alle, die sich in Irland aufhalten, einen irischen Pass haben, Irland lieben oder schon mal in einem irischen Pub ein Guinness getrunken haben. It's good to be Irish for one day.

Montag, 11. März 2013

Hitzewallungen

Moment mal. Was ist denn nun los? Eben blühten doch noch die Kamelien im Garten.

Beweismittel 1
Und jetzt ist plötzlich Schneesturm bei Temperaturen an der Gefriergrenze.

Beweismittel 2
Die Innentemperatur beträgt 13,6°C. Die Frisur sitzt 1a. Kein Wunder - die Locken gefrieren ja auch nach dem Duschen und sitzen bombenfest auf dem Schädel. Weitere praktischen Nebeneffekte sind die gesunkenen Elektrizitätskosten - der Kühlschrank bleibt heute aus. Die Butter bleibt auch offen in der Küche frisch. Der Blumenschmuck im Wohnzimmer erfreut sich ebenfalls langanhaltender Frische - bei Kühlhausatmosphäre halten sich die Blüten eben länger. Nach jahrelanger Erfahrung habe ich mittlerweile angesichts auch meines jugendlich-frischen Teints den Verdacht, dass der Langzeitaufenthalt in unterkühlten Räumen gut gegen die Faltenbildung bei der reiferen Haut ist. (Naja...) Garnier kann einpacken. Ich verkaufe demnächst einen Aufenthalt in unserem Gästezimmer als Wellnessurlaub. Auf Wunsch auch mit Null-Diät-Vollpension. Dann habe ich wenigstens keinen Aufwand damit.

Aktueller Zwischenstand: Strahlend blauer Himmel bei blendend weißen Wolken. Da geben wir uns doch mal ganz der Kraft der Fantasie hin und stellen uns vor, bei 28°C im ärmellosen Sommerkleid am weit geöffneten Fenster zu stehen, sich von einem lauen Lüftchen befächeln lassend, ein gepflegtes Sommergetränk alkoholischer Natur in der leicht schwitzenden Hand. Wow, mir ist schon ganz heiß.

Ups, vergessen, das sind ja nur meine Hitzewallungen der beginnenden Menopause. Endlich hat der ganze Hormonscheiß auch  mal einen praktischen Nutzen. 13,6°C im Hause sind mir egal - es lebe das Östrogen. Guten Abend.

Donnerstag, 7. März 2013

Mundwerk hat goldenen Boden

Ich erwähnte es ja schon mal in den Anfangstagen dieses Blogs - die Iren haben eine wunderbare Begabung zum Reden. The gift of the gab. Das ist das Geschenk des Mundwerks. Sozusagen. Oder auch die Gabe der Klugschnackerei, wie mir gestern abend bewusst wurde.

Der Anlass war eine Einladung zu einer Diskussionsrunde im Rahmen eines Marktforschungsprojekts. Ich war keineswegs dienstlich da - obwohl ich für meine Teilnahme bezahlt wurde - sondern als Befragungsperson. Worum es dabei ging, ist eigentlich nebensächlich. Aber ich war wieder einmal schwer beeindruckt von der zwanglosen Plaudergabe der irischen Teilnehmer. Als ausländisches Kontingent war ich dort in absoluter Unterzahl - acht Iren repräsentierten ihr Volk.
Man hatte uns - ein wenig klaustrophobisch - in einen fensterlosen Kellerraum eines Dubliner Hotels gesperrt gebeten, in dem wir zunächst auf unsere Diskussionsleiterin warten mussten. Die neben mir sitzende Irin, vermutlich etwa zehn Jahre jünger als ich, klein, rundlich, blond und mit großen blauen Kulleraugen, wandte sich an die Gruppe. Ob jemand der Anwesenden so eine Befragungsrunde schon einmal mitgemacht hatte und ob man denn hier viel reden müsste? Ganz die Coolheit selbst, nahm ich es mit meinem Erfahrungsschatz mit Marktforschungsunternehmen auf mich, das Mädla zu beruhigen "Die können dich ja schließlich nicht zwingen. Du redest einfach, wenn du was zu sagen hast. Wenn nicht, kannste auch schweigen", sagte ich gönnerhaft und herablassend. Und freute mich wie ein Schnitzel, dass ich schon mal nicht als schweigende Eminenz im Hintergrund sitzen würde - sondern meine Sitznachbarin. *hüstel* Weit gefehlt. Miss Baby-Blues in ihrem rosa Rüschentop entpuppte sich als Vielrednerin mit noch mehr Meinung als Atem. Allerdings befand sie sich in guter Gesellschaft - der Rest der Anwesenden nahm ebenfalls kein Blatt vor den Mund.

Irische Marktforschungsunternehmen operieren in einem wahren Paradies. Gib in diesem Land Joe oder Jane Bloggs die Gelegenheit zu reden, und die schnacken auf olympischen Niveau. Vox pop ist hier quasi ein Unterrichtsfach in der Schule. Wo man sich in anderen Ländern gerne mal dezent mit der Artikulation seiner Meinung zurückhält, wird in Irland lautstark opiniert. In solchen Situationen wünscht man sich manchmal, über ein Hörgerät zu verfügen. Ich meine, norddeutsche Wortfaulheit kommt zwar eher unfreundlich rüber, aber mittlerweile finde ich es ja schon erfrischend, wenn sich Gesprächspartner zunächst einmal Gedanken machen, bevor sie zu labern anfangen. Bizarr wurde es gestern abend, als die Diskussionsleiterin den Raum verließ und sich das Gespräch vom Pro und Contra staatlich verordneter Impfungen urplötzlich auf schlechte Musik der 1990er verlegte. Auf Englisch sagt man dazu "I didn't see that one coming" - keine Ahnung, wo das nun herkam. Ein Raum voll Robbie-Williams-höriger End-Dreißiger. Und ich. Passenderweise hatte sich im Gespräch ohnehin schon mein gesamtes Academic English verabschiedet - die Soundkarte im Hirn war irgendwie abgestürzt, und ich konnte plötzlich nur noch Pidgin Englisch sprechen. Wie es mir oft geht, wenn ich von Menschen umgeben bin, die fließend Englisch sprechen. Quasi den Iren. Wogegen ich in Gegenwart von grauenvoll radebrechenden Ausländern in der Regel zu voller sprachlicher Größe auflaufe und mit rhetorisch-stilistischen Feuerwerken brilliere. *hüstel* Womit wir aber wieder mal bei der wunderbaren Narrenfreiheit und universell anwendbaren Ausrede des Ausländers sind. Sorry, mein Mundwerk hat keinen goldenen Boden. Aber dafür gibt es ja auch Blogs, in denen man schreiben kann...