Sonntag, 27. Mai 2012

Sommerlaune

Endlich ist er da. Der Sommer ist nun auch in Irland angekommen. Urplötzlich und ohne Vorwarnung. Oder liegt letzteres nur daran, dass ich keine Nachrichten schaue? Letzte Woche war er plötzlich da. Natürlich erst einen Tag nachdem unser letzter Besuch abgefahren war. Wie schade, denn auch wenn meinen Besuchern Dublin schon unter normalen Wetterumständen gefällt: Irland im Sonnenschein ist unwiderstehlich.
Für mich braucht es quasi nur einen Sonnennachmittag, und ich verliebe mich aufs Neue in dieses Land. Am Freitag musste ich das Töchterlein zum Fußballspiel fahren. Zwischen Absetzen und wieder Abholen war zu wenig Zeit, um effektiv nach Hause zu fahren und dort irgendetwas Konstruktives zustandezubringen. Stattdessen kaufte ich mir eine Cola Light und setzte mich mit selbiger und meinem iPhone in einen Park aufs Gras. Eine leichte Brise sanft in den Haaren, kitzelnde Sonnenstrahlen auf der Haut, kreisende Möwen am Himmel. Schöner kann man sich Sommer eigentlich nicht vorstellen.
Oder doch - am Folgetag genoss ich mal wieder meine Hauptstadtage. Gleich um die Ecke von mir fand in einem Innenstadtpark das alljährliche Soul Picnic statt - kostenloses Open Air mit jeder Menge leckerem Soul. Gemeinsam mit meinen Foto-Freunden und einem ausladenden Picknick verbrachte ich einen faulen, freundschaftlichen Samstagnachmittag in der Sonne. Wer glaubt, dass die irische Sonne genauso blass ist wie der durchschnittliche Teint der Iren, irrt. Drei Stunden Sonne + Ambre Solaire Faktor 30 = Sonnenbrand auf der rechten Schulter. Das kommt davon, wenn man nicht rechtzeitig das Grillfleisch wendet.
Aber wisst ihr was? Es ist mir egal. Ich nehme es als Ehrenmal. Und sollte das Wetter morgen wieder einbrechen, dann hab ich wenigstens eine Erinnerung an einen Sommertag 2012.

Mittwoch, 23. Mai 2012

Open Ai-hair!

Sommer rückt in greifbare Nähe. Ja, auch in Irland, wo wir plötzlich warmes Sommerwetter genießen dürfen. Und das bringt einen Genuss mit sich, den ich erst im mittleren Lebensalter so richtig zu genießen gelernt habe: Open Air Festivals. Da verbinde ich doch einmal Arbeit mit Vergnügen und gebe einen kleinen, höchst subjektiven Einblick in die Highlights des Sommers 2012. Denn Musik-Lover, der ich bin, stehen auch dieses Jahr wieder einige Juwele auf dem Plan, die mich darüber hinweg trösten, dass mein Fernweh aufgrund der aktuellen ökonomischen Gegebenheiten wieder einmal nicht gestillt wird.
Doch wenn nicht Fernweh, dann eben Nahweh, denn auch auf der Insel kann man seiner Leidenschaft frönen - und das sogar kostenlos. Denn am kommenden Wochenende geht der Open Air-Spaß los. Dann findet nämlich in Dublin das alljährliche Soul Picnic statt. Der direkt in der Innenstadt gelegene Merrion Square ist dann der Veranstaltungsort eines kostenlosen Open Air-Konzerts. Dort tummeln sich die Massen auf ihren Picknickdecken, während auf der Bühne der Soul abgeht. In den vorherigen Jahren war das Festival immer von der Sonne verwöhnt, hoffen wir, dass es auch diesmal so bleibt. Ab 13 Uhr bis 18 Uhr.
Weiter geht es dann am darauf folgenden Wochenende in Kilmainham. In diesem Stadtteil von Dublin findet auf dem Gelände des Royal Hospital/Irish Museum of Modern Art das Forbidden Fruit Festival statt. Ein Musikfestival im Grunde nicht anders als die Mutter aller Open Airs, Glastonbury - nur ohne zelten. Das brauchen wir Gottseidank ja auch nicht, da wir quasi per pedes zum Festival gehen können. Der sog. "Clincher" (entscheidende Umstand) für mich: New Order und Death in Vegas als Top Acts des Sonntags. Nachdem ich letztere bereits im vergangenen Jahr auf dem Electric Picnic gesehen habe und New Order eine meiner Lieblingsbands ist, war der Ticketkauf nur noch Formsache. Zudem es sich bei Forbidden Fruit um eines der wenigen Festivals handelt, bei denen man auch einzelne Tagestickets kaufen kann, statt das ganze Wochenende bezahlen zu müssen. Wobei: Das Wochenendticket ist mit 115 Euro auch mehr als günstig. Juhu - Sonntag wird gerockt.
Dann gibt es eine kleine Durststrecke - erst Anfang Juli geht es wieder nach draußen. Am 5. Juli spielen die Stone Roses im Phoenix Park - der größte Park in Dublin. Ich gebe zu, ein Trip down Memory Lane, wie man so schön sagt: Die Stone Roses sind mittlerweile steinalt und machen nur noch dem ersten Teil ihres Namens alle Ehre *hüstel*. Hoffentlich ist die Musik immer noch so cool, wie sie 1994 war.
Höhepunkt des irischen Festivalsommers ist aber nach wie vor - für mich - das Electric Picnic am letzten Augustwochenende. In den letzten drei Jahren ist das EP für uns synonym mit Mutter-Sohn-Quality-Time geworden. Die beiden (Indie) Musik-Liebhaber der Familie seilen sich mit Zelt (und: wichtig! Campingstuhl) ab, um auf dem platten Land ein Wochenende lang abzurocken. Diesmal dabei: The Cure, The Killers, Hot Chip, Patti Smith, Bell X1.
Ahhhhh, Sommer in Irland - jetzt geht's los!

Sonntag, 20. Mai 2012

Der ganz normale Wahnsinn des Exils, Teil 2

Nichts liegt mir ferner als nationalistische Gefühle. Wäre ich dem Nationalismus verfallen, würde ich wohl kaum im Ausland leben. Doch mit der räumlichen Distanz zum Vaterland nimmt rätselhafterweise gelegentlich der ganz normale Wahnsinn direkt proportional zu.
Kaum hatte ich mich dem Spargelgenuss hingegeben, erfasste mich eine Geistesverwirrung, die rational nicht mehr erklärbar ist. Erklärend muss ich hinzufügen, dass ich als Hanseatin, born and bred, selbstverständlich Anhängerin meines heimatörtlichen Erstligafußballclubs bin. Dieser hat uns zwar in der letzten Saison wenig Freude gemacht, aber die Scholle ist ja vermutlich dicker als das Wasser. Oder so. Wir stehn für Werder ein usw. Genau deswegen kann ich auch nicht erklären, warum mich am gestrigen Abend plötzlich das irrationale Gefühl überkam, beim anstehenden Champions League-Finale ausnahmsweise einmal sämtliche Ressentiments gegen FC Hollywood Bayern München über Bord zu werfen, und mich als Bayern-Supporter vor den Fernseher zu setzen.
Wieder mal drei Stunden meines Lebens, die ich auch nicht zurück kriegen werde. Da spielt diese Spargeltruppe (...) 120 Minuten lang dominant Fußball auf dem Platz. Und lässt sich dann im Elfmeterschießen von FC Chelsea - noch so'n zusammengekaufter TV Hoffenheim - abledern. Echt ey.
Da springt man eeeeeeeeeeeeeeinmal in seinem Leben über seinen Schatten und schenkt seine Gunst dem durchaus verdienten Finalclub, und dann dermaßen enttäuschende Performanzen. Wieder mal was dazu gelernt: Schuster bleib bei deinem Leder Werder.

Freitag, 18. Mai 2012

Back in Business

Warum hallt es hier so? Und zieht wie Hechtsuppe? Ach ja. Mein Leben ist plötzlich so leer. Soeben ist mein dreijähriger BA-Studiengang zu Ende gegangen. Drei Jahre kreativen Fotoschaffens, ständigen kritischen Austauschs, intensiven theoretischen Studiums, körperlich schwerer praktischer Arbeit.
*hüstel*
Ok, ich gebe zu, die Adjektive oben sind vielleicht ein Tickchen zu dramatisch. Immerhin bin ich immer noch des Genetivs mächtig, und das will etwas sagen in einem akademischen Spannungsfeld zwischen praktischer Unterweisung und englischsprachiger Theorie. Manchmal hatte ich das Gefühl, schizophren zu sein: Mein deutscher Wortschatz beschränkte sich nurmehr auf das Private und für den Alltag Notwendigste, während mein englisches Vokabular sich mehr und mehr auf fotografische und postmodern-theoretische Fachausdrücke konzentrierte. Ein ganz normaler Vorgang, den ich auch aus anderen Arbeitsfeldern in meinem Liebesexil kenne - der Tunnelblick auf das, was man in den jeweiligen Sprachen ausübt. Daran gewöhnen werde ich mich wohl nie - ich hasse es, besonders in meiner Muttersprache nach den korrekten Ausrücken suchen zu müssen!
Wie dem auch sei - wir sind hier also wieder "back in business". Ich bin wieder dabei, die Projekte sind eingereicht, die letzte Klausur ist geschrieben. Nun warten wir aufs Christkind Ergebnis und bereiten lediglich die Abschlussausstellung vor.
Sollten denn also hier Leser dabei sein, die tatsächlich vor Ort sind (und mein Geschreibsel hier mit ihrer eigenen Lebenswirklichkeit vergleichen), lade ich herzlich zu meiner Abschlussausstellung ein:


Wer in die Praxis umsetzen möchte, was ich am vergangenen Freitag hier geschrieben habe, komme am Eröffnungstag um 19 Uhr - dann ist nämlich Weinempfang.

Talk soon, peeps :-)

Mittwoch, 16. Mai 2012

Der ganz normale Wahnsinn des Exils

Wenn man im Exil lebt, dann macht man manchmal seltsame Sachen. Hier bin ich - Hanseatin von Geburt, Fischkopp und stolz darauf. Nirgendwo ist das Land flacher und der Himmel weiter als in der norddeutschen Tiefebene. Um das - und Labskaus - lieben zu können, muss man da schon aufgewachsen sein.
Doch dann wird der Muschelschubser plötzlich aus dem angestammten Umfeld gerissen und landet an fremden Gestaden. Ob selbst gewählt oder nicht - ein Auslandsleben ist immer ein Auslandsleben und bringt mit sich die Entbehrungen des Exilanten. Diese brechen sich dann in irrwitzigen Anwandlungen Bahn, die man in heimischen Gefilden nicht mal im Entferntesten in Erwägung ziehen würde.
Mein Haus ist gastfrei. Das heißt, ich empfange gerne Gäste. Nur zwischen Mai und Juni gibt es eine eiserne Regel, die meine Gäste einhalten müssen: Zutritt zu den Räumlichkeiten ist nur nach Empfang von vier Pfund frischem, weißen Spargel möglich.
Hand aufs Herz: In Deutschland würde ich zwar auch gerne Spargel essen, aber mich wohl kaum so sehr danach verzehren wie hier im Liebesexil. Klar - hier gibt es ja die göttlichen weißen Stangen auch nicht zu kaufen. Jedenfalls nicht erschwinglich. Und alles, was der Mensch nicht hat, erscheint plötzlich ungeheuer erstrebenswert. Dieses Jahr habe ich Glück gehabt: Der deutsche Besuch hatte 2 kg Spargel dabei, noch frisch vom deutschen Acker, mit deutscher Erde. Fast habe ich pathetische Tränen geweint, als ich das heilige Braun unter dem schnöden irischen Wasser abgewaschen habe. Quatsch!
Aber geschmeckt hat er dann doch, der weiße Spargel. Stilecht, wie bei uns in der Familie Tradition, nur mit Kartoffeln, zerlassener Butter und geräuchertem Schinken. Ein Gedicht.
Deswegen:
Einladung: Alle Leser sind herzlich eingeladen, mich in Dublin zu besuchen. Allerdings nur bis 24. Juni, dann hat die Gastfreundschaft ein bitteres Ende...

Samstag, 12. Mai 2012

Feier-Abend

Hat mich jemand vermisst? Die Zeiten des unregelmäßigen Schreibens sind vorbei! Vorgestern war der Abgabeschluss des letzten Uniprojektes. Ich bin frei! Bis auf eine kleine Klausur am kommenden Freitag und der Tatsache, dass nur noch die Abschlussausstellung organisiert werden muss.
Drei Jahre Studium wurden gestern abend nach der Semesterschlussausstellung unseres Nachfolgesemesters dann auch kräftig begossen. Und das in traditionell irischer Art: Idealerweise beginnt man einen Abend "on the piss" (sauftour) - vor allem in wirtschaftlich tief rezessionären Zeiten - mit einer alkoholischen Einstimmung möglichst billiger Art. Dazu trinkt man entweder zu Hause eine Unterlage billigsten Ciders, Weins oder Biers, um danach auf einer Vernissage, einem Empfang oder Konfrrenzeröffnung die kistenlos gereichten Getränke im großen Stil abzugreifen. Wenn möglich sollten in einem unbeobachteten Moment hinter der Bar nicht nur zwei Dutzend Ersatzplastikbecher abgezweigt, sondern auch ein, zwei oder fünf Flaschen Rotwein unter einer strategisch platzierten Jacke/Handtasche/Kiste vom offiziellen Kontigent requiriert werden. In der Masse liegt die Kraft - man bleibe danach als Gruppe eng beisammen. Das macht Spaß, fördert den Zusammenhalt und hält die Veranstaltungsorganisatoren davon ab, näher zu hinterfragen, in welcher Kapazität man am Weinempfang denn eigentlich teilnimmt.
Erst wenn der letzte Tropfen getrunken ist, geht es zum offiziellen, kostenpflichtigen Teil des Abends über. Dazu begibt man sich in das erste Pub des Abends. Damen aufgepasst: wer sich dezent beim Bestellen im Hintergrund hält, darf sich über die höfliche Zuvorkommenheit der männlichen Begleiter freuen, die i.d.R. das gewünschte Kaltgetränk erwerben. Merke: das Bestellen nicht-alkoholischer Getränke wird allerdings nur mit scharf artikuliertem Widerwillen toleriert! Auch das eigene Bestellen eines Gin and Tonic ist abzuraten - "Ist das etwa ein Mineralwasser???"
Mach Einnahme eines Getränkes steht gewöhnlicherweise ein weiterer Ortswechsel an. In Pub Nummer 2 werden die Getränke nun von anderen großzügigen Begleitern übernommen. An dieser Stelle dürfte der Alkoholpegel so weit gestiegen sein, dass nunmehr auch Etablissements mit Musikbeschallung für Aufenthaltsort Nummer 3 in Erwägung gezogen wird. Achtung: lautes Mitsingen und ennerviertes Standtanzen sind nicht nur erwünscht, sondern Pflicht! Etwa im Weg befindliche Handtaschen oder mitgeführte Gegenstände (Leitkegel, Fahrradhelme, Weinkisten) werden dazu auf der Tanzfläche deponiert und ein Stehkreis darum gebildet. Jacken und Schals können hier ebenfalls kostenlos abgegeben werden!)
Der Abendabschluss sollte gebührend in einer weiteren Lokalität gefeiert werden. Empfehlenswert ist dazu beispielsweise ein Club mit Spätausschanklizenz oder eine Karaoke-Bar. Wer am Folgetag Pläne hat, sollte spätestens hier auf nucht-alkoholische ageträne umsteigen. Diese können ausschließlich von Damen an der Bar bestellt werden. Es empfiehlt sich bei negativen Erstreaktionen des (männlichen) Barpersonals kühlen Kopf zu bewahren und sein Glück bei einem anderen Barmann zu versuchen!
Sollte eine Karaoke-Kabine belegt werden, sollten diejenigen Gruppenmitglieder, die sich noch im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte befinden, dafür sorgen, mindestens eines der zur Verfügung gestellten Mikrophone auszustöpseln und dieses denjenigen Teilnehmern anzubieten, die tonal beziehungsweise Nüchternheits-geschädigt sind!
Bei Einhalten o.g. Maßnahmen kann mit einem erfolgreichen Berlauf eines Feier-Abends gerechnet werden!
- Posted on Tour, using BlogPress from my iPhone