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Sonntag, 11. August 2013

Country Living

Was in Deutschland erst in den letzten Jahren so richtig zur Blüte gekommen ist, gibt es im anglophonen Sprachraum schon lange - eine Vielzahl an Magazinen, die das ländliche Leben preisen und vor allem mit schönen Fotos von noch schöneren rustikalen Interieurs die Städter-Sehnsucht nach abgescheuerten Holztischen und ausgetretenen Granitböden bedienen. Ich bin eigentlich eher für das modern-minimalistische Interieur zu haben, gerne auch im eklektischen Zusammenspiel mit ein paar ausgesuchten Designerstücken, aber da wo es hinpasst, ist so ein traditioneller Look schon wirklich schön. Meistens jedoch, hat man das Gefühl, dass die Inneneinrichtung ausschließlich zum Angucken gemacht ist. Hinsetzen verboten. Und schon gar nicht auf den malerisch abgenutzten Küchentisch kleckern. Das passt farblich nicht zum kunsthandwerklichen Töpfer-Teeservice.

Selten hat man jedoch mal das Glück, so ein Interieur "in echt" zu erleben. Man muss nur die richtigen Freunde haben. Da lob ich mir mal wieder die Iren. Die sind in dieser Hinsicht doch meistens sehr unkompliziert, und so durften wir vergangene Woche das wundervoll renovierte Farmhouse von unserem Freund S___ in Co. Armagh zum Urlauben beziehen.

Straight out of 'Country Living'
Angesichts so eines historischen Innenlebens macht es dann auch gar nichts aus, wenn es mit dem Internetzugang hier nicht klappt. Statt dessen gab es Sommerwetter mit milden 22 Grad und Sonnenschein satt. Da es auf der Farm nicht prätentiös zugeht, bauten wir uns schnell eine kleine Terrasse auf den Rücken des "drumlin" (so nennt man die charakteristischen, schmalen Hügel, die in Nordirland die Landschaft prägen), an dem die Farm liegt. In der Scheune der Farm gab es zahlreiche Industriepaletten, die einen perfekten Holzboden ergaben. Hier im Bild, sieht man sie gerade mal noch:

Country Living - macht Spaß. Freiheit für die Kinder, die im Schlafsack unter den Sternen übernachteten, und die Eltern, die ihren abendlichen G&T gepflegt auf der Terrasse einnahmen. So muss Sommer sein. Und wer glaubt, dass das eine Ausnahme ist und es in Irland immer nur regnet: Nein. Irland ist einfach unbeschreiblich schön und hat zahlreiche Sonnenstunden. Nur gelegentlich mal unterbrochen von einem schnellen Schauer. Eben nichts für Weicheier und Schönwetter-Cabriofahrer. Aber ein bisschen Zivilisations-resistent muss man schon sein. Ansonsten sollte man doch nur bei den bunten Bildchen in "Landlust" bleiben.

Montag, 15. Oktober 2012

Zwei Herzen schlagen in meiner Brust...

Normalerweise würde mich nichts in der Welt dazu hinreißen, auf der Basis von Blut, Sprache oder Grenzverlauf Loyalitäten öffentlich zu bekunden. Nationalismus ist mir zuwider - und auf Grund von jahrelangen Exillebens auch längst in seiner latentesten Form abhanden gekommen. Nur in einem Zusammenhang kann ich alte Loyalitäten nicht abschalten: wenn es um das runde Leder auf grünem Rasen geht. Und so war ich doppelt erfreut, als es mir gelang, zwei Karten für das WM-Qualifikationsspiel Deutschland - Irland im heimischen Aviva Stadion zu erwerben. Einmal die deutsche Nationalmannschaft live spielen sehen - und meinen fußballverrückten Sohn dazu einladen. Das war das ursprüngliche Vorhaben. Nur dass mir schon bald ein Haken bei meinem Plan auffiel: Während mich persönlich nichts  - auch nicht ein Sitzplatz außerhalb der deutschen Fanränge inmitten feindlicher Anhänger - davon abhalten würde, für Jogi Löws Truppe zu jubeln, würde die deutsche Mutter den sich mittlerweile als Iren selbst bezeichnenden Sohn vermutlich nicht nur irritieren, sondern auch peinlich berühren. Das war der Grund, warum ich meinen Sitzplatz an den irischen Kindsvater abtrat und die beiden Männer am vergangenen Freitag ins Stadion entließ, um selber von der heimischen Couch aus das Match am HD-kompatiblen LED Bildschirm mitzuverfolgen.

Boys in green vs Schland. Immer eine schöne Partie, die in der Regel wohlige Gefühle für deutsche Fußballfans aufkommen lässt - trotz wechselnder Form ein normalerweise bezwingbarer Gegner für die deutsche Fußballmannschaft bei unterhaltsamer tapferer Gegenwehr der nicht völlig hoffnungslos unterlegenen Iren. Denn das Schöne am Fußball ist doch seine Unberechenbarkeit: Wer will schon ein Topklassenteam gegen San Marino spielen sehen - da ist ja schon von vornherein klar, wer am Ende die Bälle aus dem Netz fischen muss und einzig und allein eine Frage bleibt offen: Wie viele Tore verwandelt heute der deutsche Torwart selbst?

Nein, die Iren sind eine Kämpfernation. Nach 800 Jahren Unterdrückung und winterlicher Abhärtung dank unbemützter Ausfahrten im Kinderwagen ein Volk zäher, schneidiger, aggressiver Draufgänger. Kurz - für eine Überraschung gut.

Allerdings hatte die Überraschung am vergangenen Freitag dann schon fast Herzinfarktpotential. Es fing ja alles normal an. Hier das Protokoll eines Fußballabends:

Sturm aufs irische Tor, deutscher Spieler im Strafraum gefoult. Kurzsichtiger Schiedsrichter gibt gelbe Karte gegen den Gefoulten (!). "Schiedsrichter - Telefon!!" Im Gegenkonter ballert Reus zwei Minuten später das Leder ins Tor. 1:0.
"Super, das ist die Revanche für das Foul. Recht geschieht's euch, Irland!"
Die Deutschen spielen beflügelt und drängen weiter auf die Iren ein. 40. Minute: Reus trifft zum zweiten Mal.
"Tooooor! Klasse Mensch, das läuft ja heute gut. Schade, dass ich nicht im Stadion bin. Mensch, da ist sicher dolle Stimmung."
Halbzeit - Teezeit.
Wechselplänkeleien auf beiden Seiten. Bisher haben die Iren noch nichts aufregendes gezeigt, und das irische Kritiker-Trio im Studio war angesichts der unkoordinierten Spielweise der irischen Mannschaft auch nicht gerade erfreut. Der deutsche Fan sitzt gemütlich zurückgelehnt auf dem Sofa.
Moment, was war das? Foul Foul FOUL! Özil im Strafraum gefoult. Der Schiedsrichter muss in der Halbzeit wohl die Kontaktlinsen gewechselt haben - jetzt gibt's Elfmeter. BOOOOOM. Drin.
"Klasse, das war's. Jetzt kann man richtig genießen, mit drei Toren Vorsprung ist hier eigentlich alles gelaufen, verlieren werden die Deutschen nicht mehr. "Schöööön, so ein Spiel."
BANG. Drei Minuten später knallt Klose den Ball zum 4:0 ins Netz.
"Jut, Leute, bravo. Alles klar. Das Spiel haben wir in der Tasche. Jetzt reicht es dann auch."
SMS von einem deutschen Freund aus dem Stadion: "Wird langsam bitter!"
Genau mein Gedanke. Jetzt find ich's nicht mehr schön.
Die irische Mannschaft spielt nicht mehr mit. Steht nur noch rum.
62. Spielminute: 5:0! Status Update Facebook: "Ok, das reicht jetzt. Hört auf, Deutschland!"
Und irgendwie hat man fast das Gefühl, als sei es den Deutschen tatsächlich peinlich, noch weiter aufs Tor zu stürmen. Stattdessen machen die Deutschen Trainingslager-Kreisspiele um sich warm zu halten. Trotzdem in der 83. Minute 6:0.
Mir ist der Spaß vergangen. Ich kann jetzt nur noch hoffen, dass die mittlerweile wie begossene Pudel nur noch leidenschaftlos auf dem grünen Rasen umherirrenden Iren wenigstens einen Ehrentreffer in den Kasten setzen. Ganz ohne Gegenwehr zu gewinnen macht eben keinen Spaß (s. San Marino). Und auch dafür rennt ihnen fast die Zeit weg - in der 90. Minute gelingt ihnen der Treffer.

Was für ein grauenhaftes Spiel. So richtig kann ich mich nicht mal über den Sieg freuen, denn jetzt stellt sich heraus, dass die Loyalitäten doch nicht so deutlich verteilt sind. Zwar hat die deutsche Mannschaft gewonnen - aber dafür wurde die irische Mannschaft auch (zwar nicht grundlos! aber dennoch) gedemütigt.
Es schlagen wohl doch zwei Herzen in meiner Brust. Gewinnen darf Deutschland gerne gegen Irland - aber bitte verletzt nicht ihre Ehre völlig!

Dienstag, 13. März 2012

Celebrity Culture

So, Leute, ich  bin frisch gewaschen und gebügelt, der letzte Lidstrich ist gezogen, der Ausschnitt ist gerade gerückt und die Hacken angeschraubt: Es kann nachher losgehen. Was? Wo? Wer? Ich gehe doch heute zur Aufzeichnung einer Fernsehsendung, silly, und man weiß ja nie... Man könnte ja bei einem Kameraschwenk durchs enthusiastisch klatschende Publikum auch plötzlich mal in Großaufnahme irgendwo erscheinen.

Ein bisschen Übung hat man ja schon darin, nech. Letztes Jahr im Juni hatte ich das Glück, zu einer Fernsehaufzeichnung einer britischen Quizreihe nach London fahren zu dürfen. Ich gebe es mal gleich zu: Ich selber hatte "QI" bis zu diesem Zeitpunkt noch nie gesehen. Aber meine in diesen Dingen doch extrem gewandte Freundin A___ hatte dank fanatischer fantastischer Beziehungen Karten locker gemacht. Wir hatten Vorzugsplätze in der dritten oder vierten Reihe, Mitte. Und hinterher auch noch Zugang zum so genannten Green Room - quasi der "Aufwachraum" nach einer Show, in der sich Gäste und handverlesene Zuschauer hinterher noch kurz an Wein und Häppchen laben können beziehungsweise Fans Gelegenheit haben, ihre Stars zu sprechen... Leider gab es damals strenges Handyverbot - die bereits gemachten Erinnerungsfotos im Studio mussten in Gegenwart der Sicherheitsfritzen vom Handy gelöscht werden. Nur unsere "Handschellen" blieben dokumentiert. -  Übrigens habe ich die betreffende QI-Folge zum Thema "Invertebrates" (wirbellose Lebewesen) gar nicht im Fernsehen gesehen - ich habe nämlich kein BBC. Aber soeben finde ich die Folge tatsächlich auf Youtube. Wer also mal schauen will, ob ich im Publikum zu sehen bin, bitte schön...(und nein, ich trage nicht rot und versuche mich an einem seltsamen, nordenglischen Akzent...)

Freitag, 9. März 2012

Sammelwut

Manche Leute sammeln Briefmarken. Manche sammeln Reisepässe (von verschiedenen Ländern). Andere sammeln Tassen (weil sie selber nicht mehr alle im Schrank haben *höhö*). Ich sammle jetzt Einladungen.

Ok, das muss wohl erklärt werden. Das Ganze hat mal wieder damit zu tun, dass man einfach die richtigen Leute kennen muss. Unter meinen Kommilitonen ist eine besonders liebe Freundin von mir, mit der ich seit dem ersten Semester eng befreundet bin. J___ ist Grafikdesignerin im öffentlichen Dienst. Und macht in ihrem Job außerdem auch einiges in Sachen Ausstellungsorganisation. Nicht nur, dass ich dank J___ neulich die wirklich atemberaubend geil designte Kantine ihres Arbeitgebers fotografieren durfte (siehe rechts), nächste Woche bin ich zu einer Ausstellungseröffnung in Anwesenheit des Ministers für Ausstellungseröffnungen (oder so) eingeladen. Das Sehen und Gesehen-Werden finde ich ja gar nicht so interessant - die Häppchen dagegen schon eher *ggg*.

Huch halt, ich bin ja auf Diät. Wie ärgerlich. Also doch bella figura machen? Das übe ich dann schon mal am Dienstagmorgen. Da habe ich nämlich eine Publikumskarte für die Aufzeichnung von Celebrity Mastermind organisiert. Als Medienstudent kommt man immer schön an sowas ran - die Produktionsfirmen brauchen immer Gesichter fürs Publikum. Netterweise kostet das nichts. Noch schöner wäre es, wenn man für die Anwesenheit bezahlt werden würde. Nun ja, man kann nicht alles haben. Immerhin gibt es so mal wieder einen Blick hinter die Kulissen.

Tja, und eine Woche später frühstücke ich dann mit dem Präsidenten. Echt jetzt. Noch ne schöne Einladung zur Eröffnung eines stattlichen Landsitzes, der sich in staatlicher Verwaltung befindet. Castletown House ist ein beeindruckend schöner georgianischer Landsitz im palladianischen Stil gebaut. Ich war bereits vor ein paar Jahren einmal da - sehr imposant. Und wenn es jetzt auch noch ein paar "leichte Erfrischungen" und einen handshake vom Präsidenten gibt, dann bin ich doch dabei... Ich glaube, ich habe Michael D. Higgins bei der Präsidentenwahl im letzten Oktober sogar meine Zweitstimme gegeben. Insofern ist es nur recht und billig, dass der sich jetzt mal bei mir bedankt.

Ich werde die Kamera dabei haben und berichten.

Donnerstag, 13. Oktober 2011

Gute-Laune-Morgen

Eigentlich wollte ich euch diese Woche noch mit einem politischen Beitrag beglücken. Die irische Präsidentenwahl steht in wenigen Wochen an und der Wahlkampf läuft auf Hochtouren. Doch nun drängt ein anderer aktueller Anlass das Thema in den Hintergrund: Heute ist ein gute-Laune-Morgen. Und zwar einer, wie es ihn nur in Irland geben kann.

Anlass meiner Eloge? Auf dem Rückweg vom Kurzeinkauf fiel mir plötzlich auf, dass sich ein ununterdrückbares Lächeln auf meinem Gesicht breit machte. Woher bloß? Und dann wurden mir so viele Gründe bewusst, von denen viele mit meiner Lieblingsstadt zusammenhängen:

Es bringt mich zum Lächeln, wenn...
... unerwartet die Herbstsonne auch noch nach 10.30 Uhr scheint.
... die Efeublätter zwischen blutrot und zartpink leuchten.
... im Straßencafé ein schicker Mann ein Zigarillo rauchend sitzt.
... im iPod "Kashmir" von Led Zep auf Endlosschleife läuft.
... in meiner Einkaufstasche eine Packung Chocolate Chip Cookies darauf wartet, von mir verzehrt zu werden.
... der Himmel azurblau ist.
... meine Ohrringe beim Gehen klimpern.
... ein LKW-Fahrer mit seinen zwei Hunden auf der Ladefläche sitzend Frühstückspause macht.
... mir mein Lächeln von einem Passanten erwidert wird.
... der Duft frischgebackener Croissants aus dem Coffeeshop noch meterweit weiterzieht.
... meine Haare mir beim Gehen in die Augen fallen.



Ich hoffe, ihr habt auch einen schönen Herbst, wo auch immer ihr seid! Nach meinem kleinen Erlebnis heute morgen bin ich für den Rest des Tages jedenfalls in unwiderruflich guter Laune.

Mittwoch, 17. August 2011

Direktheit Teil 2

Wenn ich mich mal kurz selbst zitieren darf: " Direktheit? Ich sag's mal ganz direkt: Find ich Sche*ße!" Nun, das muss wohl noch mal eben ein wenig qualifiziert werden. Direktheit ist nur dann "Sche*ße", wenn ich die Zielscheibe der Direktheit bin. Andersherum ist das natürlich gaaaaanz anders.

Neulich in Dublin: Familie K___-P___ hatte Sprachbesuch aus Deutschland. Und dieser sollte auf Wunsch des Nachwuchses in den Genuss des Besuchs des Wachfigurenkabinetts kommen. *gähn* Mutter K___ marschierte also mit den Kindern zum Wachsmuseum, um, diese dort abzugeben.

Ich baute die Kids wie Orgelpfeifen vor dem Kartenschalter auf. "Three tickets, please!" "Wie alt sind denn die Kinder?" Ich dachte, es ginge um die Eintrittspreise, die nach Alter gestaffelt waren, und erklärte wahrheitsgemäß: "14, 12 und 10." "Ja, dann müssen Sie auch eine Eintrittskarte kaufen. Die beiden Unter-14-Jährigen kann ich ohne erwachsene Begleitung nicht ins Museum lassen. Es ist heute so voll, da können wir nicht für die Sicherheit garantieren!" Mir fiel fast die Kinnlade herunter. Mal abgesehen davon, dass auch 10-Jährige schon selbständig laufen können, war mir bisher der Gedanke noch nicht gekommen, dass ein öffentliches, wenn auch privates Museum per se ein Sammlungsort für Kindesentführer, Pädophile und generelle Unholde ist. Aber diese ganzen Unternehmen wollen sich ja heute für jede Eventualität absichern - und lassen lieber keine Kinder unbegleitet hinein, damit sie nicht verknackt werden können, sollte etwas passieren...

Ich war aber dennoch nicht begeistert, zückte nur unwillig meine Brieftasche, schob räuberische € 25 für ein Familienticket über den Tresen und drückte der Kassendame emphatisch meinen Unmut aus: "Oh Mann, ich hasse Wachsmuseen!" Diese stutzte eine Runde. Und entgegnete dann: "Are you German?" Ups, voll erkannt. Wie sie da denn nun drauf käme, fragte ich zurück? "Nunja, Deutsche sind immer so direkt!"

Tja, da war dann mal mit mir díe Zurückhaltung durchgegangen. Nun gut, die Dame sieht mich ja auch nie wieder, und ich hab nicht sie persönlich, sondern lediglich ihr blödes Museum beleidigt. Das war übrigens - erwartungsgemäß - lahm. Echt, ey. Ich hasse Wachsmuseen! Und das wird auch so bleiben.

Freitag, 8. Juli 2011

Testing, testing, one, two, three

Wer hätte das gedacht? Auf meine alten Tage habe ich mich nun doch noch zu einem Technikfan entwickelt. Oder sollte ich mich ehrlicherweise eher als "geek" bezeichnen, einer von den eher uncoolen, in der Regel bebrillten, verpickelten Technikfreaks, deren sozialen Kompetenzen reziprog-proportional zur Speicherkapazität ihres "Rechners" ("Computer" sagen diese Experten nicht zu ihrem PC...) stehen und die ihre Polyester-Strickpullover immer in den Hosenbund gesteckt tragen??? Ok, nee, das sind die Peinlichkeitsagenten so ca. 1985. Heute sehen wir ganz anders aus. Wir fallen in der Menge der Normalos gar nicht weiter auf. Wir sind blond, tragen fetzige rote Brillen, exzentrischen Schmuck und kommunizieren ohne Ende. Dies allerdings dann doch gerne nicht Angesicht-zu-Angesicht, sondern lieber am Bildschirm, neben sich der Koffeinnachschub in Form eines Kohlensäure-haltigen, anti-alkoholischen Brausegetränks, damit man bis nachts um 2 Uhr die Welt auf FB mit weitergeleiteten Gimmick-Empfehlungen á la "Fruchtzucker-betriebener USB-Anschluss - soooo cool, muss ich haben!" beglücken kann.

Warum schreibt sie das, fragt sich mal wieder die geneigte Leserschaft. Weil diese Bloggerin gerade begeistert eine neue App auf dem iPhone in Betrieb genommen hat, die - und jetzt kommt's endlich - mir das Verfassen meiner Beiträge mobil auch während meines in Kürze anstehenden Urlaubs ermöglichen wird! Das hier und heute ist eine Trockenübung, sozusagen. Ich teste mein BlogPress Pro vorsichtshalber schon mal im Vorfeld aus, damit ich dann von meinem gemütlichen Plätzchen im Schatten eines im Garten eines südfranzösischen Landsitzes gelegenen Baumes meinen Senf zur deutsch-irischen Freundschaft abgeben kann. Dazu gehört auch, das ich jetzt probeweise ein sinnfreies Foto hier einfüge, um die Fotofunktion zu überprüfen. Obacht!





Alles klar? Die wichtigsten Werkzeuge der Bloggerin ganz im Bilde. Rechner (!!) unbenutzt, Cola-Glas, Kalender mit eingetragenem Urlaub. So sieht's aus.

Um nun aber wenigstens noch abschließend mal das Thema dieses Blogs wieder aufzugreifen: ich freue mich ganz besonders auf diesen bevorstehenden Urlaub. Denn ich vermeide dabei diesmal etwas, was mich oft an meinem Ex-Pat-Dasein verzweifeln lässt: ich durchbreche die sonst übliche Fixierung auf Deutschland als obligatorisches Urlaubsziel. Rein zwangsläufig ist es gewöhnlich so, dass Urlaube in der alten Heimat verbracht werden (müssen). Nein, nicht weil ich fremdbestimmt bin oder in meinem fünften Lebensjahrzehnt (weia, wie bitter) immer noch am Rockzipfel meiner Eltern hänge, sondern weil der Mischlingskinder wegen die Auseinandersetzung mit der Heimat der Mutter natürlich durch Eintauchen in die Lebensrealität Zentraleuropas gefördert werden muss. Ergo: Sommerferien immer in D'land. Dabei gibt es noch so viel anderes Schönes auf der Welt zu sehen...

Wenn dieser Beitrag nun planmäßig online geht, dann steht meinem fernschriftlichen Live-Blogging direkt aus dem Sommerurlaub nichts mehr entgegen. Technik ist schon was Dolles, nech?! Man muss sie nur zu nutzen wissen. Es grüßt Techniksonja!

- Posted using BlogPress from my iPhone

Samstag, 2. Juli 2011

Klein-Irland

Die [West]Randbemerkungen sind ja bisher immer höchst subjektiv im Stile einer persönlichen Kolumne herübergekommen. Das liegt mir, gefällt mir - und kommt meiner intrinsischen, Einzelkind-sozialisierten Egozentrik extrem entgegen *ggg*. Heute will ich aber mal weniger auf meine persönliche Befindlichkeit hinaus, sondern euch (potentiellen) Irland-Fans einen eher praktischen Tipp an die Hand geben.

Nicht jeder, der nach Dublin kommt, hat Zeit, das "echte" Irland zu erleben. Viele Besucher planen nur einen Städtetrip mit ein paar Übernachtungen in der Landeshauptstadt. Sicher, hier ist einiges zu sehen, aber repräsentativ für "Irland" ist die Großstadt Dublin nicht unbedingt. Denn wer an Irland denkt, denkt an grüne Wiesen, sanfte Hügel, Strände und Klippen. Und doch gibt es genau das auch in Dublin.

Gestern war ich als Führerin mit einer deutschen Schulklasse unterwegs. Bei nur vier Tagen in Dublin war es mir wichtig, ihnen einen kleinen Eindruck von der landschaftlichen Schönheit und der wild-romantischen Natur Irlands zu vermitteln. Aber Budget-Grenzen und Zeitrestriktionen erlaubten keine Bustour in die nähere Umgebung Dublins. Doch nicht verzagen, Sonja fragen: Stattdessen führte ich meine Schutzbefohlenen nach Klein-Irland. So nenne ich eines meiner Lieblingsausflugsziele - die Dublin vorgelagerte Halbinsel Howth.

Nur knapp 30 Minuten mit der Vorortbahn Dart entfernt gelegen - ein Rückfahrtschein kostet € 4,40 - bringt den Touristen in den niedlichen Hafenort Howth. Neben einem Fischereihafen, an dem man Seehunde beobachten kann, ist dort ein großer Yachthafen und eine kleine Promenade mit Cafés und Shops und eine schöne Mole, auf der man zum Leuchtturm am Ende spazieren kann, von wo aus man einen herrlichen Blick auf die Howth vorgelagerte Insel Irelands Eye hat. Soweit, so urban.

Landschaftlich schön wird es dann, wenn man sich auf den Cliff Walk begibt. Dazu geht man von der Leuchtturmmole aus Richtung Hügel und lässt das Meer immer links liegen - wortwörtlich. So kommt man schließlich auf den Klippenpfad, der direkt am Abgrund entlang um den Hill of Howth herumführt. Von hier aus ergeben sich schöne Aussichten auf das Meer; malerische Klippen, ganz wie man sich die irische Küste vorstellt, runden den Blick ab. In den Felsen nisten Seevögel, deren Flugkünste über den kleinen Buchten beeindruckend anzusehen sind. Wer wenigstens die kleine Runde des Cliff Walks macht, für die 1,5 Stunden veranschlagt werden, wird mit einem herrlichen Ausblick belohnt - nach knapp einer Stunde erreicht man eine Felsnase, hinter der sich die Aussicht auf das Panorama der gesamten Dubliner Bucht eröffnet: Von Dalkey Island über Dun Laoghaire, Blackrock, Sandymount, Dublin Hafen, Dollymount, Clontarf bis Sutton. Im Hintergrund erheben sich die Wicklow Mountains. Malerisch davor gelegen ist das Bailey Lighthouse, das auf einer felsigen Landzunge von Howth in die Bucht ragt. Aber seht selbst:


Schon unzählige Male auf diesem Klippenpfad gegangen, bin ich jedes Mal aufs Neue hingerissen von der Schönheit dieses Fleckchens. Und der Tatsache, dass man quasi in Dublin dieses Naturerlebnis genießen kann. So einfach zu erreichen, ein leichter Spaziergang für Wanderer aller Stärken. Und am Ende des Cliff Walks gibt es dann nichts Besseres, als sich mit einer Box Fish and Chips von Beshoff's am Hafen von Howth zu belohnen.

Nur eine kleine Warnung: Der Pfad ist gänzlich ungesichert und führt direkt über den Klippen entlang. Für Leute mit Höhenangst und Kinder unter 6 Jahre ist der Cliff Walk nicht geeignet!

Mittwoch, 29. Juni 2011

Was'n HIER los???

Wie jetzt? Das ist ja päpstlicher als der Papst. Beziehungsweise: Irland wird deutscher als die Deutschen. Fängt das hier jetzt auch mit der unerbittlichen Durchregelung der allerkleinsten Ereignisse an? Hatte ich mal irgendwo geschwärmt, die Iren seien so wunderbar locker, unkonventionell und erfrischend regel-resistent? Nun, ein bisschen mehr "Sure, it'll be grand" wäre mir am Wochenende doch ganz recht gewesen...

Der Tatort: Ein provinzielles regionales Bürgerbespaßungsfest zu Ehren der Sammelnussfrucht Fragaria, im Volksmund auch unter dem irreführenden Namen "Erdbeere" bekannt.

Die Beteiligten: Zwei nukleare Kleinfamilien mit Nachwuchs im Alter zwischen 12 und fünf Jahren, sowie diverse Sicherheitsbeauftragte des o.e. Regionalevents.

Der Stein des Anstoßes: Canon 5D Mark ii, auch liebevoll "Marky Mark" genannt, samt Zoom-Objektiv Canon EF 24-105mm f/4.0 L IS USM. 

Das Delikt im Zusammenhang: Die Besuchergruppe A näherte sich gut gelaunt und in freudiger Erwartung eines nostalgischen Konzerterlebnisses mit der in Irland weltbekannten Rockband "The Saw Doctors" dem Einlasstor des Sammelnussfestes in Enniscorthy und ließ sich von den freundlichen Helfern das blaue Papierklebeband als Eintrittsberechtigung um die Handgelenke legen. Doch vor den Musikgenuss hatte der Veranstalter noch eine Sicherheitskontrolle gestellt. Nach Ganzkörperabtastung durch das Sicherheitspersonal öffnete Besucherin B (meine eigene Wenigkeit) arglos die mitgebrachte Kameratasche zur Durchsicht auf eventuell mitgeführte Waffen und Spirituosen. Der Blick in die Kameratasche eröffnete Schreckliches: Eine semiprofessionelle Fotoausrüstung. "Damit können Sie hier nicht rein! Haben Sie eine Fotografiererlaubnis?" "Ömm... nein, ich bin nicht dienstlich hier, sondern auf privater Vergnügungstour. Reicht mein Presseausweis nicht?" "Nein, mit der Kamera kommen Sie hier ohne Erlaubnisschein nicht rein."

Grah! Kein Argumentieren half, auch nicht beim hinzugezogenen Obersicherheitsbeauftragten. Dieser funkte freundlicherweise noch den Oberobersicherheitsbeauftragten an, aber die unerbittliche Tatsache blieb: Das Mitführen einer Kamera mit abnehmbarem Objektiv ist ein deutlicher Hinweis auf die zu erwartende Fotografietätigkeit mit späterer Veröffentlichung der resultierenden Lichtbildaufnahmen zum Zwecke kommerzieller Verwendung. Never mind, dass man mit einem 100mm-Zoom wohl kaum gestochen scharfe Großaufnahmen der provinziellen Superstars machen kann.



Werden die irischen Sicherheitsfritzen neuerdings in Deutschland ausgebildet? Da stand ich ja anlässlich des WM-Spiels Italien-Ghana in der AWD-Arena zu Hannover bereits einmal im Visier von auf Fotografen abgerichteten Sicherheitskräften. Dabei trug ich damals lediglich eine Amateur-Spiegelreflexkamera bei mir, die das Misstrauen der überprüfenden Sicherheitsmannschaft erregte. Gut, dass ich damals aber noch einen Apfel in der Tasche dabei hatte - der war nämlich noch viel suspekter als die Kamera. Und musste vor den Augen der Eingangskontrolleure in den Mülltonnen entsorgt werden.

Entsorgen musste ich marky Mark in Enniscorthy Gottseidank nicht. Aber Schluss mit lustig war dennoch - kein Zugang für Fotografen, selbst wenn sie sich als harmlose Muddis im mittleren Lebensalter tarnen. Was für ein Theater. Schade drum.

Freitag, 17. Juni 2011

Bloomsday

Verspätete Bloomsday-Grüße, meine Lieben. Gestern war wieder der jährliche Ulysses-Gedenktag. Und egal ob wir das Monumentalwerk von Irlands meistgehasstemliebtem Schriftsteller nun gelesen haben oder ob wir uns die Intellektualität ganz fälschlich ans Revers heften: Bloomsday erfasst hier alle!

Dabei ist der Tag natürlich kein öffentlicher Feiertag. Diese sind in Irland ja sowieso selten gestreut. Aber in diesem literatur-affinen Land und in der Heimatstadt des prominentesten Nicht-Nobelpreisträgers der Welt kommt es keinem seltsam vor, einen ganzen Gedenktag einzurichten, der auf dem Namen eines fiktionalen Charakters beruht - Leopold Bloom, der Hauptfigur von Joyces Roman.

Ganz und gar nicht fiktionial ist allerdings die Geschichte, die sich um Joyces Wahl des 16. Juni 1904 als Tag der Handlung seines Romans rankt. Und genauer betrachtet, entpuppt sie sich als die schönste Liebeserklärung, die ein Schriftsteller wohl seiner Auserwählten machen kann: Am besagten 16. Juni 1904 traf der damals 22-Jährige seine spätere Frau Nora Barnacle zum ersten Mal. Ein so einschneidendes Erlebnis, dass er das Datum auf alle Zeit in die Annalen der englischen Literaturgeschichte einbrannte. Die Figur der Molly Bloom - Ehefrau des Romanhelden - soll ebenfalls auf Nora fußen.

Nora hat Ulysses nach eigener Aussage übrigens nie gelesen. Sie hielt ihren Mann ohnehin für einen besseren Sänger als Schriftsteller. Dennoch muss auch sie sich ihrer Liebe zu Joyce von Anfang an sicher gewesen sein, denn nur kurze Zeit nach dem Kennenlernen wagte sie es, gemeinsam mit Joyce Irland zu verlassen. Unverheiratet - ein geradezu wahnsinniges Risiko für eine junge Frau in damaliger Zeit, denn eine Trennung nach unverheiratetem Zusammenleben hätte bedeutet, dass ihre Ehre auf immer beschmutzt gewesen wäre. Geheiratet haben Joyce und Barnacle übrigens erst nach über 30 Jahren! Und das auch nicht aus romantischen Gründen, sondern zur Sicherung des Erbes - obwohl Joyces Werk zu Lebzeiten niemals den Erfolg erhielt, das ihm gebührte, und es dementsprechend nichts zu erben gab - außer den Rechten am Werk.

Freitag, 10. Juni 2011

Vom Höckschen aufs Stöckschen aufs Trottoir

Habt ihr euch schon mal gefragt, wie ich so auf meine Themen hier im Blog komme? Klar, manchmal sind die Themen gerade aktuell sooo präsent (will sagen: ich beschäftige mich privat gerade in-ten-sivst damit), dass ich sie hier unbedingt artikulieren muss. Wie bei dieser unsäglichen Verbindlichkeitsresistenz, über die ich mich geradezu täglich errregen könnte. An anderen Tagen dagegen muss ich laaaaange überlegen, was ich so zu sagen habe. Heute ist auch eher so ein Tag.

Eigentlich kreisen meine Gedanken im Moment fast ausschließlich um die nächste Fotoausstellung, die ich gemeinsam mit meinen Freunden organisiere. Aber das ist nicht wirklich relevant für ein Irland-Läster-Fest-Landeskundebeitrag. Genausowenig wie meine Überlegungen zum angemessenen Outfit für die Montag anstehende Ausstellungseröffnung. Oder die Erwägungen, welche Schuhe dann zur möglichen Künstlerverkleidung passen. Zudem ich für die dann ausgewählten Schuhe - blaue 7-cm-Keilabsätze - zunächst noch einen Stöckelkurs belegen muss. So was ist für das irische Terrain tatsächlich notwendig, um nicht zu sagen unerlässlich. Womit wir dann nun endlich beim Thema wären: das Dubliner Trottoir.

Das Dubliner Trottoir ist ein Fußgängerweg aus der Familie der öffentlichen Gehflächen und eine der drei in Irland vertretenen Gattungen innerstädtischer Freiräume. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich über ganz Dublin, sowie südwärts bis nach Bray. Das gemeine Dubliner Trottoir breitet sich dabei vor allem in den zentralen Einkaufsstraßen aus, wo es sein Territorium durch überraschendes Erlegen von Beute aus dem Hinterhalt absichert.

Drei Unterarten des Dubliner Trottoirs sind hervorzuheben, gekennzeichnet durch jeweils charakteristisches Jagdverhalten - das vom Aussterben bedrohte Kopfsteinpflaster semita ambulans, die denkmalgeschützten Granitgehsteige semita silica und die in den letzten Jahren verstärkt auftretenden Pflastersteinfußwege pavimentum emplastri . Alle drei Trottoirs haben die Konzentration auf weibliche Beutepersonen gemeinsam. Insbesondere Passantinnen mit einer Absatzhöhe von 3 cm und höher werden durch das Dubliner Trottoir erlegt.

Kopfsteinpflaster sind heute nur noch selten anzutreffen und treten vor allem in innerstädtischen Szenegebieten sowie in der Nähe von Hafenanlagen auf. Das Kopfsteinpflaster erlegt Absatzträgerinnen vor allem durch systematisch angelegte Fang-Ritzen, in denen sich die Hacken festsetzen und die Trägerin zu Fall bringen. Der Granitgehsteig - vorzugsweise an georgianischen Plätzen gelegen - geht nur bei Regenwetter auf Beutezug, indem er seine Oberfläche mittels kohäsiver Wasseraufnahme zu einer glitschigen Rutschfläche macht, auf der die Stöckelnden den Halt verlieren. Besonders perfide jagt der Pflastersteingehweg. Seine Opfer zunächst angesichts moderner Baumethoden in Sicherheit wiegend, öffnet der Pflastersteingehweg nicht nur nach Bedarf Fangritzen (siehe Kopfsteinpflaster), sondern ist darüber hinaus in der Lage, die Kanten seiner Einzelsteine individuell als Stolperfalle in Position zu bringen. Die doppelte Angriffsstrategie des Pflastersteingehwegs ist nach neuesten Erkenntnissen der Zeologen eine Reaktion auf das Überangebot an Beute vor allem in verkehrsberuhigten Fußgängerzonen, vor Schuhgeschäften und in der Nähe von Bekleidungshäusern.

Angesichts dieser Sachlage ist es den potentiellen Opfern (Absatzträgerinnen) dringend angeraten, das Territorium des Dubliner Trottoirs nur mit Gehhilfe (homo sapiens masculinum) zu betreten oder gegebenenfalls auf absatzloses Schuhwerk umzusteigen. Das Betreten des Dubliner Trottoir geschieht auf eigene Gefahr, kann aber ggf. durch Lektüre einschlägiger Onlinekurse zum Thema "Gehverhalten auf Hochabsätzen" oder durch Teilnahme an einem High-Heels-Sicherheitstraining geübt werden.

Samstag, 19. März 2011

Heimaturlaub

Liebe Leser,

wenn ihr diesen Blogeintrag lest, befinde ich mich gerade auf Heimaturlaub. Nun ja, im weitesten Sinne - ich halte mich in der Mitte Deutschlands auf, in Thüringen. Meine eigentlich Heimat liegt ein paar hundert Kilometer weiter nordwestlich. Dabei: Als Auslandsdeutscher gewinnt Lokalpatriotismus doch immer mehr Gewicht, je weiter man von seinem ursprünglichen Zuhause entfernt ist. Dennoch - ich freue mich, wieder mal "im Lande" zu sein. Denn auch wenn Irland mein Lebensmittelpunkt ist und ich niemals aus Irland wegziehen möchte: Eine Prise Deutschland von Zeit zu Zeit muss sein.

Ach, wie herrlich es doch ist, leckeres Körnerbrot auf dem Abendbrottisch zu finden. Und generell Abendbrot zu essen und mittags warm, nicht umgekehrt, wie in Irland. Da freut sich die Verdauung (und der Ire wundert sich). Oder sich auf den an der Haltestelle ausgehängten Busfahrplan weitestgehend verlassen zu können und nicht "Dublin Bus Lotto" zu spielen (Kommt der Bus oder kommt er nicht? Oder kommen gleich zwei auf einmal?). Erfrischend vertraut, das Heimaturlaubserlebnis.

Ein Effekt jedoch, der spätestens nach drei Tagen ins Gegenteil umschlägt. Nicht, dass mir das Körnerbrot dann nicht mehr schmeckt oder ich mir wünsche, die Busse seien nicht so verdammt pünktlich. Von beidem kann man nie genug haben, gerne auch gleichzeitig. Aber bei aller Pünktlichkeit und Ordnung fehlt mir in Deutschland irgendwann das kleine Quentchen Nachlässigkeit, das den Alltag in Irland erheblich unkomplizierter macht. Wie schön - so freut man sich immerhin dann schon auf die Rückkehr in die Wahlheimat. Das macht den Abschied vom Vaterland einfacher.

Bis dann die Sehnsucht nach einem erneuten Heimatbesuch wieder aufkeimt...

Donnerstag, 17. März 2011

Happy St. Patrick's Day!

Bitte um Vergebung für den zwei Tage verspäteten Beitrag, aber ein Blog, das sich dem Leben in Irland widmet, muss sich schließlich hochaktuell dem saisonalen Thema anpassen. Und das ist am 17. März schließlich der irische Nationalfeiertag. 

Grün, grün, grün sind alle meine Kleider,
Grün, grün, grün ist alles, was ich hab.
Darum lieb ich alles was so grün ist,
Weil mein Schatz ein Ire, Ire ist.



Jawoll, heute mal wieder ganz den heimischen Sitten angepasst, war es Zeit das vor Jahren während meines früheren Lebens als Marketing-Pro in einer internationalen Internetfirma als typisches Gimmick-Geschenk erhaltene grüne Baseball-Shirt mit dem schwungvollen Schriftzug "Ireland" herauszukramen. Grün dominiert am heutigen Tag. Obwohl landläufig, aus den USA gestreute Gerüchte, dass am 17. März auch der Dublin durchfließende Liffey-Fluss grün sei, reine Fantastareien sind. In unserem Hause dagegen ist am Paddy's Day das Essen auch grün - heute gab es grünen Porridge, sehr zum Entsetzen Vergnügen der Kinder...


Traditionell geht der mit Nachwuchs geschlagene gesegnete Ire am Paddy's Day selbstverständlich auch auf die Parade. Oh Freuden des Kinder-Entertainments - nach halbstündigem Fußmarsch erreicht man die abgesperrten Straßenzüge und sucht sich im wachsenden Getümmel einen halbwegs guten Platz am Straßenrand, von dem aus der Zug dann gut einsehbar ist. Einsehbar allerdings nur von der eigens auf der Schulter mitgeschleppten Aluminiumleiter, die selbstverständlich nur für die anwesenden Kinder unter 1,68m zur Verfügung steht. Der Erwachsene schweigt und genießt erfreut sich am wechselnden Panorama bunt behüteter oder schlicht gescheitelter Zuschauerhinterköpfe. Oder er dreht sich um und beobachtet die Anteilnahme der Paradebesucher.




Etwa wie dieses in das Nationalkostüm irisch-stämmiger Amerikander gewandete Paar - als da wären grüne Jacken, lustige Fliegen und die obligatorische Kleeblattbrille. "Proud to be Irish" - no kidding...

Die Parade ist - selbst für Faschings-resistente Nordlichter wie mich - dann doch eher ein leicht enttäuschendes Erlebnis. Wer je die deutschen Dauerübertragungen vom Rosenmontagszug in Düsseldorf/Mainz/Köln anschauen musste durfte, kann über die Hauptstadtparade dann doch nur noch lächeln. Große Prunkwagen gibt es nur wenige, zumeist laufen amerikanische Collegebands in grellen Fantasieuniformen in der Parade mit. Auch die ein oder andere deutsche Blasmusik taucht gelegentlich auf. Und mit dem VW-Käfer-Korso ist der Spuk dann auch schon wieder vorbei.


Ich, negativ? Nun ja, ganz so viel Enthusiasmus kann ich mir angesichts des traditionell schweinekalten Wetters am St. Patrick's Day nicht abringen. Immerhin hatte der Postbote aus Donegal dieses Jahr mit seiner Vorhersage dann wenigstens doch nicht Recht: Es war trocken und sonnig, ein idealer Tag für die Parade. Nur ca. zehn Grad wärmer hätte es sein können.


Happy Patrick's Day, everyone.



Sonntag, 20. Februar 2011

Das Wandern ist der Iren Lust

Lange Jahre, nachdem ich nach Irland gezogen war, konnte ich dem Wandern wenig Positives abgewinnen. Unglücklicherweise hatte ich in einen Clan eingeheiratet, der das so genannte "Hiking-Gen" seit Generationen von Eltern an Kinder weitergegeben hatte. Ich dagegen komme aus einer rein niedergelassenen Familie (auf Deutsch: Beamte seit drei Generationen), in der die wochenendliche Perambulation grundsätzlich für alle Teilnehmer durch Konzentration auf die am Ende stehende Osmose am Zielpunkt einer cafénah gewählten und wenige Höhenmeter überwindende Spazierroute aufgewertet wurde. Mein nicht unbeträchtliches Übergewicht in meinen Anfangsjahren in Irland trug zu meiner Abneigung sicher nicht wenig bei (- das wäre dann aber eher ein Thema für das Blog Fettrandbemerkungen...). Mit Ablegen nämlichens dagegen stellte sich bei mir eine ausgiebige Wanderlust ein, begleitet von einer Sozialisa- und Indoktrination, die mich heute der Ehrennadel des irischen Äquivalents zum Alpenverein würdig machen würde.

Und so ging es auch heute auf die erste Wandertour des Jahres 2011. Aktuelle Wetterlage (ich zitiere hier wortwörtlich den offiziellen Wetterbericht des irischen Meteorologiediensts Met Eireann:) "Outbreaks of heavy rain will continue. Breezy with lowest temperatures 4 to 6 degrees." - Übersetzt: Heftige Niederschläge dauern fort. Windig mit Tiefsttermperaturen zwischen 4 und 6 Grad - also perfektes Wanderwetter.

Nein, ehrlich, ich bin mittlerweile wirklich so. Jahrelanges Untergraben jeglicher deutsch geprägter Wetterinterpretationen und deren möglicher Konsequenzen für Wanderunternehmungen haben ihr Ergebnis gezeitigt: Es gibt kein schlechtes Wetter zum Wandern, es gibt nur falsche Wanderausrüstung! Wobei: Wer zu professionell ausgestattet ist, ist ein Weichei! Nix da Goretex! Firlefanz! Ne warme Jacke, immer ein Hut (vorzugsweise im beliebten Teewärmerlook) und gerne auch Hosenbeine in dicken Wandersocken über den Stiefeln. Macht einen schlanken Fuß und verhindert das Verheddern in Brombeerranken und Heidebüscheln beim Durchschreiten der irischen Landschaft.

Denn: Wege sind für Warmduscher! Meine Pfadfinder-sozialisierte Verwandtschaft kommt nur abseits der markierten Pfade zwecks Vermeidung jeglicher möglicher Begegnungen mit Gruppenwanderern in Schwung. Der Abstieg von irischen Gipfeln wird grundsätzlich nur in Luftlinie vollzogen - durch Moore, Tannenschonungen, alle sich gegebenenfalls uns in den Weg stellenden Gewässer und über Zäune und Absperrungen. Behördliche Hinweisschilder wie "Danger. Loose Rocks" oder von Privatbesitzern freundlich formulierte Verbote ("No Trespassing") sind ausschließlich an Touristen gerichtet, nicht jedoch an die ortskundigen Einheimischen (= uns). Eventuelle Steinschläge - im Granit- und Schiefergebirge der Wicklow Mountains durchaus möglich - würden quasi also eine Wandergruppe von indigenen Iren nicht betreffen. Tröstlich.

Lough Dan, Co. Wicklow

Höhepunkt einer irischen Wanderung ist das mitgebrachte Picknick. Nach Überwindung von 200 Höhenmetern, zwei Bächen, dem Umklettern vor vier Farm-Ruinen und drei Schafsherden freut sich die Wanderschar auf die Brotzeit mit Ausblick. Dazu teilen sich traditionell etwa fünf  Erwachsene und vier Kinder einen Apfel. Derartig stoffwechselfreundlich gestärkt ist der Heimweg - prinzipiell natürlich immer auf einer Alternativroute zum Aufstieg - nur noch ein Klacks!

Sport ist, wenn es weh tut. Und wandern ist, wenn man hungrig, nass und kaputt ist. Erst dann weiß man, dass man wirklich etwas getan hat. Die erste Tasse dampfender, heißer Tee zu Hause ist köstlicher als jedes Getränk der Welt. Aber darüber mache ich dann demnächst meine nächsten Randbemerkungen...