Mittwoch, 27. Juni 2012

Im falschen Film

Inmitten des historischen Zentrums von Dublin zu wohnen, hat so seine Vorteile. Abgesehen davon, dass alle Sehenswürdigkeiten innerhalb einer halben Stunde Fußweg zu erreichen (aber natürlich bereits ausgiebig abgeklappert worden) sind und auch die einschlägigen Geschäftszentren in unmittelbarer Nähe liegen, ist hier (vor allem im Sommer) immer ordentlich 'was zu sehen.

Beliebt ist im Hause K__-P___ unter anderem das so genannte "Touristen-Bingo": Du zeigst mir eine Touri-Gruppe und ich sage dir, woher sie kommen. (Top-Hinweis bei deutschen Reisegruppen: beige Popeline-Anoraks. Bunte Brillen. Und sogar immer noch: Socken in Sandalen.) Um das zu spielen, brauche wir noch nicht einmal unser Haus zu verlassen - vom Wohnzimmer aus haben wir fantastischen Ausblick auf den Touristenpfad am Platz.

Und nicht nur das, auch sonst geht hier einiges ab. Die letzten zwei Tage war es mal wieder besonders aufregend, denn vor unserer Haustür wurde ein Film gedreht. Nach Information der IMDB handelt es sich dabei um die fiktionalisierte Biographie von Jimi Hendrix. Wat hat der denn nu mit Dublin zu tun??? Nix! Aber aus irgendeinem Grund wird Dublin immer wieder gerne als Schauplatz englischer Kostümdramen herangezogen. Und in diesem Fall sollte unser Platz als London der späten 60er Jahre dienen.

Wie auch immer - es war schwer was los. Berittene Polizei auf dem Bürgersteig, 60s Miniröcke im Anmarsch, Wahnsinnsaufwand an Film-Crew. Sonja hing mit der Kamera im Anschlag - 300mm Zoom dran - aus dem Fenster und paparazzi-te mal wieder eine Runde rum. Allerdings ist die Filmerei nicht wirklich spannend. Das weiß ich sogar noch aus meiner eigenen Erfahrung als Statist bei der irischen Lindenstraße. Jede Szene wird 500-mal gedreht, bis sie im Kasten ist, die Statisten und das helferische Fußvolk stehen nur rum, und am Ende landet die Sequenz in der Mülltonne.

Ich wurde gestern abend fast wahnsinnig hier. Das Team drehte in unserem Park eine Szene, bei der eine Blaskapelle spielte. Und was soll ich sagen - die haben das tatsächlich live spielen lassen und gedreht. Gefühlt 250-mal, immer wieder dasselbe Lied. Mist, warum hab ich davon keinen iPhone-Mitschnitt gemacht? Immerhin hab ich noch den genialen Reflektor festgehalten - bildlich - der benutzt wurde. Weia, damit kann man vermutlich mit dem Licht einer einzigen funzligen Kerze den Kölner Dom tageslichthell bestrahlen...

So interessant es auch war - im Grunde ist es immer am schönsten, wenn abends der Platz leer wird und alle weg sind. Die Touristen schlafend in ihrem Hotel und die Filmleute koksend in ihrem Nightclub. Oder was auch immer die so treiben. Ich schließe dann das Fenster, lege die Füße hoch und genieße, dass der Platz am Abend (fast) nur mir gehört...

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