Freitag, 17. Juni 2011

Bloomsday

Verspätete Bloomsday-Grüße, meine Lieben. Gestern war wieder der jährliche Ulysses-Gedenktag. Und egal ob wir das Monumentalwerk von Irlands meistgehasstemliebtem Schriftsteller nun gelesen haben oder ob wir uns die Intellektualität ganz fälschlich ans Revers heften: Bloomsday erfasst hier alle!

Dabei ist der Tag natürlich kein öffentlicher Feiertag. Diese sind in Irland ja sowieso selten gestreut. Aber in diesem literatur-affinen Land und in der Heimatstadt des prominentesten Nicht-Nobelpreisträgers der Welt kommt es keinem seltsam vor, einen ganzen Gedenktag einzurichten, der auf dem Namen eines fiktionalen Charakters beruht - Leopold Bloom, der Hauptfigur von Joyces Roman.

Ganz und gar nicht fiktionial ist allerdings die Geschichte, die sich um Joyces Wahl des 16. Juni 1904 als Tag der Handlung seines Romans rankt. Und genauer betrachtet, entpuppt sie sich als die schönste Liebeserklärung, die ein Schriftsteller wohl seiner Auserwählten machen kann: Am besagten 16. Juni 1904 traf der damals 22-Jährige seine spätere Frau Nora Barnacle zum ersten Mal. Ein so einschneidendes Erlebnis, dass er das Datum auf alle Zeit in die Annalen der englischen Literaturgeschichte einbrannte. Die Figur der Molly Bloom - Ehefrau des Romanhelden - soll ebenfalls auf Nora fußen.

Nora hat Ulysses nach eigener Aussage übrigens nie gelesen. Sie hielt ihren Mann ohnehin für einen besseren Sänger als Schriftsteller. Dennoch muss auch sie sich ihrer Liebe zu Joyce von Anfang an sicher gewesen sein, denn nur kurze Zeit nach dem Kennenlernen wagte sie es, gemeinsam mit Joyce Irland zu verlassen. Unverheiratet - ein geradezu wahnsinniges Risiko für eine junge Frau in damaliger Zeit, denn eine Trennung nach unverheiratetem Zusammenleben hätte bedeutet, dass ihre Ehre auf immer beschmutzt gewesen wäre. Geheiratet haben Joyce und Barnacle übrigens erst nach über 30 Jahren! Und das auch nicht aus romantischen Gründen, sondern zur Sicherung des Erbes - obwohl Joyces Werk zu Lebzeiten niemals den Erfolg erhielt, das ihm gebührte, und es dementsprechend nichts zu erben gab - außer den Rechten am Werk.

2 Kommentare:

  1. Another lesson in Literaturgeschichte! Da kommt die Lehrerin in Dir wieder zum Vorschein... ICH hab was gelernt, so... Thanks! :)

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  2. Doppelt gemoppelt. Ich war ja neulich schon als "Privatdozentin" aktiv ;-)... Das war sozusagen die Inspiration zu dem Beitrag!

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