Dienstag, 12. Juli 2011

Die ganz normale irische (Un)Logik

Wer sich in Irland mit Iren verabredet, trifft sich in der Regel in einem Pub. Bisher dachte ich ja immer, dass das an der stark ausgeprägten Trinkkultur der Iren liegt - und die findet nun mal in der Regel in einer öffentlichen Tränkstätte statt. Neueste Erkenntnisse bringen mich aber zu einer gänzlich anderen Vermutung: Wer sich mit einem Iren treffen will, muss das an einem öffentlichen Ort tun. Denn die Privatwohnungen der Iren kann man einfach nicht finden.

Das wurde mir letzte Woche bewusst - wenn auch in etwas anderem Zusammenhang. Gemeinsam mit einem Freund war ich unterwegs zu einer Ausstellungseröffnung, die in Dublins Capel Street stattfinden sollte. Capel Street zieht sich schnurgerade in Nord-Süd-Richtung durch die nördliche Innenstadt Dublins. Wir stießen knapp am unteren Drittel der Straße seitlich auf Capel Street und freuten uns, auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Hausnummer 153 zu erkennen. Nun glaubt der logik-verwöhnte Zentraleuropäer, dass dementsprechend das von uns gesuchte Haus Nummer 53 etwas weiter oberhalb auf derselben Straßenseite zu finden ist, wie Nummer 153 im unteren Drittel. Weit gefehlt!  Wir meinten, auf der Straßenseite mit den geraden Nummern zu sein und machten uns nach rechts auf den Weg. Zuerst gab es mal gar keine Hausnummern, dann tauchte plötzlich eine 77 auf. Auf der geraden Straßenseite??? Gegenüberliegend erspähten wir dann noch eine 144. Die Verwirrung war perfekt.

Logisch wäre es, Hausnummern in gerade und ungerade aufzuteilen und dann in dieselbe Richtung gehend aufsteigen zu lassen. Nicht so in Dublin. Ordnungssystem war hier die fortlaufende Nummerierung der Häuser einmal die Straße runter und dann auf der gegenüberliegenden Seite wieder rauf. Toll. Sogar mein irischer Begleiter musste zugeben, dass das nicht effektiv sei.

Wenn man nun glaubt, dass einem das aber nur in der Großstadt passieren kann, dann hier eine Warnung: Auf dem Lande wird es noch schlimmer. Dort gibt man sich mit Hausnummern erstmal gar nicht ab. Stattdessen werden die Häuser durch wunderbare Namen gekennzeichnet. Das geht von irischen Ortsbezeichnungen wie "Dromore" (großer Berg) über Heiligennamen ("Loyola") bis zu ausländischen Städtenamen ("Altona") und Lieblingsnamen ("Casa Sara"). Eine Beispieladresse wäre dann sowas wie

Liam Murphy
Glenmore
Avoca
Co. Wicklow.

Kein Straßenname, keine Hausnummer. Nun findet das mal! *lachschlapp* Da ist ja die seltsame Hausnummernregelung in Dublin noch Gold dagegen.

5 Kommentare:

  1. Es gibt noch andere Länder in Europa mit seltsamen Adressverwirrungen.

    In unserem vergleichsweise kleinen Dorf gibt es auch keine Straßennamen. Es gibt nur eine - sagen wir mal - Hauptstra0e mit ein paar kleinen Nebenstraßen. Die Häuser sind durchnummeriert an einem Dorfende beginnend bis zum Ende und dann wieder zurück. Klingt sehr einfach und logisch. Ist es aber nicht.
    Erstens sind seit der Nummerierung an jedem Dorfende neue Häuser dazugekommen. Haus Nr. 1 ist jetzt ungefähr das 4. Haus.
    Zweitens wurde das fast neben jedem Haus liegende weitere Bauland in den Jahren nicht mehr als Garten genutzt sondern seinem ursprünglichen Zweck zugeführt und ein Haus darauf errichtet. Das Haus bekam eine Nummer irgendwo ganz weit oben. Nur der eigentliche Ortskern hat noch durchlaufende Nummern, wo nur ab und zu eine Nummer ganz ausfällt, weil das Haus aus Altersgründen ausgeschieden ist.
    Drittens gibt es in unserem Dorf keine Post mehr und so sind wir als Postadresse unter dem Namen des Nachbardorfes zu finden, unser Dorfname erscheint dann auf der Adresse sozusagen als Straßenname. Das hat auch schon zu Verwirrungen geführt. Bei Besuchern aus Deutschland zum Beispiel.

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  2. *lach* Das sind ja geradezu irische Verhältnisse in der Slowakei, Ortrud. *grusel* bei sowas kommt dann doch immer die ordnungsliebende Deutsche aus mir heraus. Gewöhnt man sich da jemals dran???

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  3. N. aus W. an der Bergstraße14. Juli 2011 um 10:17

    Hey, hier in Deutschland geht es auch nicht immer so strukturiert zu! Du bist einfach zu lange weg, da bilden sich (nostalgische?) Fehlerinnerungen ;-)
    So wohnt ein Bekannter von uns in "Neutsch 3" – ganz ohne Straßennamen ... Und den Nachbarort von uns gibt es – eigentlich - gar nicht. Der heißt "Hirschberg" und besteht aus Großsachsen und Leutershausen, die aber keineswegs zusammengewachsen sind. Nur zusammengelegt. Mit viel grünem Land (Weinberge!! Obsthaine!! Pittoresk!) dazwischen. Unser gemeinsamer Schulfreund T.K. wohnt in „Stutensee“ – noch so ein Konstrukt aus verschiedenen Orten. Gibts eigentlich auch nicht. Ich finde das verwirrend, dieses willkürliche Zusammenkleben von Orten ... aber so macht man das wohl in Baden-Württemberg ...

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  4. Und die Zählweise, die du da beschreibst, gibt es auch in Berlin (also links hoch, rechts runter) - allerdings nicht in allen Straßen. Manche zählen auch gut deutsch auf einer Seite gerade, auf der anderen ungerade. D.h. man muss erst mal rausfinden, mit welcher Sorte Straße man es zu tun hat...

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  5. Irja hat Recht ist in Berlin auch so. Man weiß nur nie auf welche Art und Weise gezählt wird , und wenn die Straße noch recht breit ist , kann man die Nummern auf der gegenüberliegenden Seite nicht sehen. Ganz witzig wird es aber in einigen Wohngebieten wo dann zwischen zwei Häusern mal kurz 20 Nummern fehlen. Das sind Häuser die irgendwo dahinter liegen. Der Weg dorthin fängt aber meistens ganz wo anders an. Das finde mal wenn es dunkel ist !!!! Wenn sich darauf verlässt irgend jemand zu fragen,dann trifft man auf jemanden der angeblich auch nicht von hier ist oder man landet in Moskau.

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