Dienstag, 26. Juli 2011

Grenzverkehr

Gerade wieder zurückgekehrt vom Urlaub, stehe ich noch immer unter dem Eindruck des grenzüberschreitenden Reisens. Ich reise gerne. Aber stressig finde ich es dennoch immer. Das aber tendenziell eher bei der Ein- und Ausreise nach und von Deutschland. Nein, ich habe in Deutschland keine Leichen im Keller. Aber ich habe die emanzenhafte Sünde begangen, mich trotz Eheschließung nicht dem Familiennamen meines angetrauten Ehegattens anzupassen. Flintenweib!!!

Bereits bei der damaligen Unterzeichnung des Todesurteils öh... Heiratsdokuments mussten die Eheleute festlegen, wie die in Zukunft aus dieser Verbindung entsprießenden Nachkommen mit Familiennamen heißen würden. Konventionell der Name des Vaters? Oder lieber frauenbewegt-lila der Name der Mutter? Wir entschlossen uns für Ersteres. Und nun haben wir den Salat: Die böse Bürgerin K___ stürzt bei jeder Ein- und Ausreise die versammelte Grenzbeamtenschaft in Verwirrung, wenn Sie mit ihren nicht K___ heißenden Kindern antanzt. Das gestaltet sich dann in etwa so:

Frau K___ erscheint mit den Kindern C___ und T___ am Passkontrollschalter. Der Beamte nimmt den Reisepass von Frau K___ und studiert mit erhobenen Augenbrauen die darin enthaltenen Informationen, hält das Dokument unter die rätselhafte Maschine, die vermutlich irgendwelche im Reisepasstext versteckten Codewörter entschlüsselt ("Brillenträgerin. 1,68 m groß. Keine Punkte in Flensburg."), und überprüft die Übereinstimmung des kränklich aussehenden Passfotos mit der vor Gesundheit nur so strotzenden Reisenden. Verdächtig.

Zu den Kinderausweisen. Ein Blick in das Innere der Pässe, und die Augenbrauen der Grenzperson wandern unter den Scheitel. Der Beamte setzt sich aufrecht hin, beugt sich über die Theke des Kontrollkabuffs, um die mitreisenden Nachkommen visuell zu fixieren. "(*räusper*) Wessen Kinder sind das da?" fragt er mit der Autorität der gesamten bundesdeutschen, imaginär hinter seinem breiten Rücken versammelten Polizeihunderttausendschaft in der Stimme. "Das sind meine Kinder. Sie tragen den Nachnamen ihres Vaters. Ich habe den meinen bei der Eheschließung behalten. Aber ich führe in vorauseilendem Gehorsam (und auf Grund jahrelanger Erfahrung) eine Kopie meiner Heiratsurkunde mit mir, aus der hervorgeht, dass ich mit Herrn P___ verheiratet bin." (Natürlich sage ich das nicht wortwörtlich so, aber gelegentlich wäre es wahrscheinlich sinnvoll, den Beamten mit vorgestanzten und dementsprechend ihrem Hirn vertrauten Phrasen das Verständnis des so hoch-kom-pli-zier-ten Sachverhaltes zu erleichtern. Ich sollte mir das wohl mal notieren und ebenfalls mit-füh-ren.) "Ach so. Gut. Danke." Und ab.

Ein Naturschauspiel, das in der Regel dramatischen Charakter hat. Lässt er uns durch oder nicht? Handelt es sich bei Frau K___ um eine Entführerin oder nicht? Machen wir Gebrauch von der Schusswaffe oder nicht? Ein Wunder, dass das Theater sich bisher noch nicht traumatisch auf die beteiligten Nachkommen ausgewirkt hat. (Obgleich es da ja einmal diese brenzlige Situation gab, als der Grenzbeamte dummerweise den genialen Gedanken hatte, nicht mich nach den Familienzusammenhängen zu fragen, sondern die damals 6-jährige T___. "Wer ist denn das?" Schweigen. "Ist das deine Mama?" Große Augen und Schweigen. Weia. Die schnell gezogene Heiratsurkunde wendete das Schlimmste Gottseidank gerade noch ab...)

Manchmal kann die Gesichts- und Passkontrolle aber auch zu sehr amüsanten Wortwechseln führen. So geschehen vor einigen Monaten in Fuhlsbüttel. (Flughafen. Nicht Knast!) In freudiger Erwartung des üblichen Schlagabtauschs begibt sich Mutter K___ mit Reisepässen im Anschlag an die Kontrolltheke, die von einem freundlich aussehenden Grenzbeamten besetzt ist, der gerade noch mit seiner Kollegin scherzt. "Guten Tag!" sagt Frau K___ artig. Der gut gelaunte Grenzer wirft einen Blick in die Pässe, taxiert die unvollständige Kleinfamilie, starrt erneut in die Pässe. Und dann kommt die Frage der Fragen: "Was für ein Verhältnis haben Sie zu den Kindern?" Nun, auf diese Frage gab es nur eine passende Antwort. "Ehm, ein gutes." Der Grenzpolizist stutzte - und brach dann in schallendes Gelächter aus, während er uns grinsend durchwinkte. Puh, manchmal siegt Schlagfertigkeit dann doch, im kleinen Grenzverkehr. Und es gibt auch noch humorvolle Polizisten...

3 Kommentare:

  1. Soviel zu kommentieren! *g*

    a) Wußte gar nicht, dass eine Heiratsurkunde ausreicht, der gründliche Grenzer erkennt daran noch lange nicht die verwandschaftlichen Verhältnisse zwischen dir und den suspekten Kindern. Abstammungsurkunde heißt das Stichwort! :)

    b) Ich meine ja, dass du eher das Gehorsam als die Erfahrung hättest durchstreichen sollen. Ein Grenzer ist immer beeindruckt, wenn du selbst eine Ahnung von dem hochkomplizierten Geschäft hast, dass er da betreibt. IMHO zählt deswegen die Erfahrung mehr.

    c) Datt givvt datt nur in' Nordn!
    Mach dasselbe, was du in Hamburg gemacht hast, in München und du wirst wegen Majestätsbeleidigung (nicht des Kinis, des Grenzers!) nicht einreisen dürfen und nie wieder ein Visum für Bayern bekommen!

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  2. a) Hihi, Heino, du hast das Hirn eines Grenzers. Das mit der nicht ausreichenden Heiratsurkunde (aus der hervorgeht, dass ich mit einem Herrn P___ verheiratet bin, dessen Namen die Kinder auch tragen) habe ich in HH auch schon gehabt. Da wollte der Grenzmensch allerdings von mir einen amtlich bestätigten Schrieb des Kindsvaters, dass ich berechtigt bin, mit den Kindern zu verreisen. Ich sag dir, so eine Frechheit. Ich brauch von gar keinem die Erlaubnis - ich bin schließlich die Mutter!!!

    b) Meine Strategie: Ich bedanke mich immer schön bei der Grenzpolizei, dass sie mit ihrer Fragerei sicherstellt, dass meine Kinder nicht entführt werden. Dient ja der Sicherheit der Kinder... Nicht auszudenken, wenn sie von ihrer eigenen Mutter entführt werden sollten...

    c) In München hab ich schon meine diesbezüglichen Erfahrungen gemacht. Ok, der Kontext war ein bisschen anders, es ging nicht um Kindesentführung, sondern um Einführung von verbotenen Flüssigkeitsmengen. Kommentar meiner bayer. Freundin T___ zu der Geschichte: Na, du hast halt den falschen Akzent gehabt... So sieht's wohl aus...

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  3. Zu b) Wenn du einer anderen Religionsgemeinschaft als der westeuropäischen Majorität angehören würdest, dann wäre das durchaus im Rahmen der Möglichkeiten.

    Aber ich hatte jetzt bei der letzten Ausreise aus Rumänien eine Mutter mit zwei Kindern dabei, die in die USA unterwegs waren. Alle hatten sie doppelte Staatsbürgerschaft, also hatte die Mutter brav alle (sechs!) Pässe vorgelegt. Der Grenzer wollte allerdings die Erlaubnis des Vaters (Amerikaner) haben, dass die Kinder auch wirklich ausreisen dürfen. Hätte ja auch nicht von ihm gewollt sein können, dass die Familie zu ihm unterwegs ist...

    Der Clou der Geschichte war allerdings, dass der Grenzer nichts gesagt hätte, hätte die Mutter nur die amerikanischen Pässe vorgezeigt. Schade, dass die verqueren EU-Regelungen als Erstes in den "neuen" Mitgliedstaaten Einzug halten.

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