Montag, 20. Juni 2011

Da kommen die Ex-Pats dann mal wieder raus

Deutsche sind ja wohl so die assimiliations-affinsten Nationalität, die es gibt. Wer als Deutscher ins Ausland geht, lernt a) möglichst schnell die Landessprache, b) passt sich örtlichen Sitten und Gebräuchen perfekt an und versucht ergo c), möglichst nicht mehr als Deutscher aufzufallen. Das jedenfalls ist so mein allgemeiner Eindruck von meinen Landsleuten, denen ich in knapp 20-jähriger Auslandserfahrung so begegnet bin.

a) äußert sich meistens in einem übersteigerten Anspruch, sich sprachlich an die Eingeborenen anzupassen. Dazu gehört für die linguistisch Befähigten das Annehmen eines breiten, regionalen Akzents und die Übernahme örtlicher Angewohnheiten wie das ausschweifende Fluchen. In Hinblick auf b) kann man in Irland sehr schnell den Eindruck erwecken, nicht-deutsch zu sein, indem man die laxe Einstellung zu Pünktlichkeit und Ordentlichkeit übernimmt. Und - tada - schon ist c) vollzogen.

Ist ja auch alles schön und gut, und nachvollziehbar. Wer lange im Ausland lebt, wechselt seine Loyalitäten und ist es irgendwann satt, ständig erklären zu müssen, woher man eigentlich stammt - vor allem, wenn man sich dem Zeitpunkt nähert, an dem man bereits länger im Ausland als im deutschen Inland gelebt hat.

Dennoch könnte ich manchmal die Krise kriegen, wenn deutsche Landsleute ganz offenbar versuchen, sich demonstrativ sprachlich von anderen Deutschen zu distanzieren (siehe auch meine Begegnung mit einer Passagierin auf meinem Horrorflug von München nach Dublin). Nein, wir müssen nicht alle Freunde sein, weil wir den Zufall eines gemeinsamen Geburtslandes teilen. Ich frage mich nur oft, warum es manchen Deutschen so schwer fällt, die gemeinsame Sprache und die vielfach gemeinsame Lebenserfahrung einer Kindheit und Jugend in Deutschland als Bindeglied zur unverbindlichen Kommunikation zu nutzen. Da wird lieber beharrlich weiter auf Englisch geredet, obwohl im ersten Kontakt bereits klar ist, dass man denselben Hintergrund hat.

Nur in einem Kontext enttarnen sich die Deutschen selbst ganz gerne: Wenn es um die Wurst geht. Nämlich die gute, alte, deutsche Bratwurst. Die gibt es hier natürlich nur selten mal. Aber bei den bekannten Gelegenheiten - als da wären Weihnachtsbasar in St. Kilian's oder Adventsmarkt im IFSC - da kommen sie dann doch mal alle aus ihren Löchern, die Deutschen. Zuletzt geschehen am vergangenen Wochenende beim Sommerfest der St. Kilian's Grundschule. Wahnsinn, wie viele es von uns gibt - leider allerdings ohne offizielle Zahlen.

Nun ja, sein Geburtsland kann man sich leider nicht aussuchen. Seine Nationalität allerdings (in manchen Fällen) schon. Aber das ist eine Geschichte, die ich dann an anderer Stelle noch mal ausführen werde.

3 Kommentare:

  1. Deine Beschreibung trifft es sehr gut, besonders die dreiteilige Assimilation ist sowas von zutreffend.
    Durch meine inzwischen recht rege Tätigkeit im rumänischen Sprach- und Landesgebiet versuchte ich es ebenfalls nach dieser Methode. Spätestens bei c) war, bin und werde ich immer als Deutscher zu erkennen sein. Oder hat mal schon mal einen über 1,90 Meter großen, mehr als 110 kg schweren, hellhäutigen und dunkelblonden Mann gesehen, der als Rumäne anerkannt wird? Leider nein.
    Das erinnert mich an diesen - zugegeben alten und wohl nicht sehr witzigen - Witz, der von dem perfekten amerikanischen Agenten für Moskau berichtet. Alles kann der gute Mann: Wodka trinken, russische Lieder singen, russisch fluchen und er kennt die komplette Geschichte des Landes. Aber als die Anderen immer noch sagen "Du bist kein echter Russe!", mußte er doch fragen, warum das denn so sei. "Es gibt keine Neger in Russland!"

    AntwortenLöschen
  2. Hehe. Kenne ich. Rein äußerlich falle ich hier auch meistens sofort als Nicht-Irin auf, werde gelegentlich aber auch als Niederländerin oder Skandinavierin vermutet. Ha, naja, das ist ja äußerst schmeichelhaft. Dabei macht es mir aber nichts aus, von vornherein als Deutsche "enttarnt" zu werden - Nationalität ist nichts als Zufall des Geburtsorts.

    AntwortenLöschen
  3. Lustigerweise gab es ja schon immer die schizophrene Tendenz, sich selbst als Teil eines immer größer werdenden Ganzen zu betrachten - "Ich bin Europäer!" - aber gleichzeitig den Lokalpatriotismus zu pflegen - "Ich wohne in Trudering, nicht in München!"
    Vielleicht ist das der Weg aus dieser Bredouille, großzügig über die falschen Zuordnungsversuche anderer hinwegzusehen.
    Und es gibt ja auch noch ein anderes nettes Zitat: "Heimat bleibt, Zuhause verändert sich."

    AntwortenLöschen