Freitag, 6. Mai 2011

IRItationen

Manche Probleme gibt es nur in Irland. Und für die gibt es ganz spezielle irische Lösungen. Paradebeispiel dafür ist das seit Jahren erfolgreich in Irland praktizierte Rauchverbot in geschlossenen, öffentlichen Räumlichkeiten - das in der Einführungsphase den wunderbaren irischen Erfindergeist stark anregte und so originelle Lösungen zeitigte wie den Einsatz von ausrangierten, stationär vor Pubs aufgestellten Doppeldeckerbussen als Zufluchtsort für ausgegrenzte Raucher. Der von den Iren praktizierte Lösungsansatz - nämlich eine übereilte, nicht bis in alle Konsequenz durchdachte Eilreaktion - ist so typisch, dass es dafür sogar einen eigenen Wikipedia-Artikel gibt. Seit einigen Tagen amüsiere ärgere ich mich bereits über einen solchen typischen Fall.

Der Kontext: Wer sich in Dublin als Fußgänger auf die Straße wagt, ist ein wandelndes Kamikaze-Unternehmen. Der per pedes am Dubliner Straßenverkehr teilnehmende Mensch sieht sich an jeder Ampelkreuzung unüberwindbaren Barrieren ausgesetzt: Einerseits fehlen Fußgängerampeln, die das sichere Überqueren der vielbefahrenen Innenstadtstraßen gewährleisten, andererseits besitzt der Ire am Volant kein besonders stark ausgeprägtes Toleranzempfinden für die Befindlichkeiten eines schwachen, langsamen Fußgehers. Will sagen: Als Fußgänger ist man der Macht - und dem Kühler - des Autofahrers immer und überall schutzlos ausgeliefert.

Die konkrete Sachlage: Um der eingeschränkten Mobilität der Fußgänger (und Radfahrer) unter die Füße Arme zu greifen, haben die Dubliner Stadtplaner die Rad- und Wege entlang des die Innenstadt umfassenden Grand Canals kürzlich ausgebaut. Problem: Den kleinen Stadtkanal überkreuzen die sternförmig aus der Stadt hinausführenden Ausfallstraßen. Hier braust der Verkehr, und wer unter den grünen Wipfeln der Bäume am beschaulichen Grand Canal weitergehen möchte, steht alle paar hundert Meter vor einer mal stehenden, mal sich bewegenden Wand von Blechkarossen. Irische Lösung Nummer 1: Der Fußgänger nimmt sich ein Herz und die Beine in die Hand und überquert die Straße bei erster sich bietender Gelegenheit.

Irische Lösung Nummer 2: Wir bauen uns einen Ampelwald.

Ampelwald auf Leeson Street Bridge
Hier sehen wir den Grand Canal (Bäume links und rechts im Bild) und die darüber führende Leeson Street Bridge mit der Nationalstraße N11. Und wir zählen auf einer Strecke von knapp 20 Metern gleich drei Verkehrsampeln. Die mittlere davon (Pfeil ganz links) ist eine reine Fußgängerampel. Wir sehen desweiteren einen für Fußgänger markierten Ampelüberweg im Vordergrund, sowie das Vorhandensein einer Ampel am hinteren Ende der Brücke.

Das sollte mich jetzt als Innenstadt-Fußgänger mit Freude, Erleichterung und Genugtuung erfüllen - endlich mal eine Ampel *nur* für uns. In your face, drivers! Jedoch - ich bin gelegentlich ja auch mit dem Mama-Taxi unterwegs und fahre täglich mehrfach über die gezeigte Brücke. Oder besser gesagt: stehe mehrmals täglich auf dieser Brücke mit neuer Staugarantie. Mal wieder eine nach irischer Argumentation geplante Maßnahme: Da es den am Kanal entlang wandernden Fußgängern ja absolut nicht zuzumuten ist, zur sicheren Überquerung der Straße zehn Meter weiter an die bereits existierenden Fußgängerampeln zu gehen, bauen wir ihnen eine ganz eigene Ampel mitten auf die Brücke. Macht ja nichts, dass der Verkehrsfluss damit komplett irritiert wird. Oder sollte ich sagen iritiert?

Ja, so sind sie, die irischen Lösungen. Wir lösen ein Problem und bauen uns dafür ein neues. A typical Irish solution for an Irish problem. Tschüß dann, ich fahr jetzt mal in den täglichen Stau.

2 Kommentare:

  1. Amen, sistah! Ich sag nur Fahrradspur in Arklow!

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  2. *gröhl* Gibt es in Arklow eine Fahrradspur? Ich bin beeindruckt!

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