Montag, 8. April 2013

Good Vibrations

Hallo und willkommen im April. So langsam gibt es hier good vibrations. Seit mehreren Tagen scheint die Sonne, gestern haben wir den Park mit einer Frisbee-Session eingeweiht und heute habe ich dem Wetter glatt mit dem ersten Jog des Jahres 2013 getrotzt. Sollten sich hier jetzt doch Frühlingsgefühle bemerkbar machen? Wird ja auch langsam Zeit! Hmph.

Irland im Spiegel der Cinematografie. Da fallen einem als erstes solche Horrorfilme wie "In einem fernen Land" - besetzt mit Tom Cruise, neuerdings ja übrigens als Ire voll vereinnahmt, nachdem ihm letzte Woche in Dublin vom Außenminister (!!! muss man sich mal vorstellen!!!) Eamon Gilmore eine Irischstämmigkeitsurkunde verliehen wurde, und Nicole Kidman (befähigt dank eines vollen Haupthaares roter Farbe) - oder "PS - I love you", die Verfilmung des Erstlingsromans der Premierministertochter Cecilia Ahern und auch wieder passend mit einem Nicht-Iren in der Hauptrolle des toten irischen Ehemanns (Gerard Butler - ein Schotte... naja, immerhin auch ein Kelte) besetzt, ein. Niedlich sind sie ja, die Iren. Immer einen flotten Spruch auf den Lippen, feurig und ungestüm, dem Genuss eines alkoholischen Getränks nie abgeneigt, aber summasummarum doch eher befremdlich. Oder wie ein hier nicht näher genannter Bekannter von mir zu sagen pflegte "Die Iren sind wie Kinder". Hmph.

Dementsprechend hatte ich doch größte Hoffnung auf einen hausgemachten Film gesetzt, der die Entdeckung der nordirischen Punkszene in den späten siebziger Jahren zum Thema machte. "Good Vibrations" war nicht nur metaphorisch zu verstehen als ein Hoffnungsschimmer im "Trouble"-geplagten Nordirland, sondern war konkret der Name eines Plattenladens in Belfast. Besitzer Terri Hooley eröffnete diesen in den frühen Siebzigern auf der Victoria Street, die den zweifelhaften Rekord hält, die meistbebombte Straße der Welt zu sein... Irgendwie passend, dass dort dennoch die Wiege der nordirischen Punkmusik liegt, denn Hooley entdeckte verschiedene Punkbands, von denen The Undertones vermutlich die bekanntesten sind. Teenage kicks - unvergessen.


Von diversen Filmkritiken über alle Maßen aufgeputscht ("inspirierend und witzig", "herausragend", "absolut brilliant"), konnte das Ganze natürlich wieder mal nur eine Enttäuschung werden. Der Film entließ mich müde und nicht wirklich inspiriert. Dank des urbanen Themas gab es zwar keine Vorurteilsschafe und Landschaftsidylle im Film, aber die Story an sich blieb komplett unterentwickelt. Dieser Film wusste nicht so richtig, was er wirklich zeigen will. Die Figurenentwicklung der Hauptperson? Das Entstehen der Punkszene in Nordirland vor dem Hintergrund der Troubles? Der musikalische Siegeszug der Undertones? Die Zerrissenheit von Hooley zwischen Familienvater und Punkvater? Angerissen wurde vieles, aber nichts wirklich befriedigend zu Ende geführt. Nicht mal schöne Leute gab es als visuelles Bonbon, das über die inhaltlichen Enttäuschungen hinüberhelfen würde. Ich fand den Film weniger inspirierend als deprimierend - Hooleys Ehe geht zu Grunde, der Plattenladen macht dicht, die Punkszene brachte außer den Undertones nichts Erwähnenswertes hervor. Und der nordirische Bürgerkrieg fand im Punk auch keine Auflösung. Schade - vielleicht wäre es besser gewesen, die Punkentwicklung doch anhand einer fiktionialisierten Story darzustellen. Dann wäre ich vielleicht nicht noch vor Filmende eingeschlafen.

Good Vibrations? Lieber vermeiden.

3 Kommentare:

  1. "In einem fernen Land" ein Horrorfilm - Danke für diese Einschätzung!

    Nie werde ich vergessen, wie ich mit einer Freundin im Kino saß, frisch von meinem AuPair-Jahr ín Dublin zurückgekommen, und nicht wusste, ob ich angesichts dieses maßlos schlechten Machwerks laut lachen oder einfach gehen sollte. Ich fand den Film wirklich ungeheuer blöde.

    Angeschaut habe ich ihn nie wieder. Und weil ich danach nie einen Verriss gelesen habe, dachte ich in den letzten Jahre, ich hätte dem Film womöglich Unrecht getan und er sei vielleicht gar nicht so unterirdisch gewesen.

    Aber jetzt sehe ich bei Dir, dass ich nicht die einzige war, über die Maßen schlecht fand. Muss ich also doch nicht komplett an mir zweifeln. Dafür noch mal: Danke!

    susanna

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    1. Jou, im letzten Absatz soll das natürlich heißen: "...nicht die einzige war, die den Film über..."

      Wörter verschluckt hat
      susanna

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    2. Hallo Susanna - danke für deinen Kommentar! Nein, ich denke, du bist in guter Gesellschaft mit deiner Einschätzung. Naja, wenn *ich* denn gute Gesellschaft darstelle *lach*. Dabei habe ich den Film noch nicht mal in voller Länge gesehen. Aber vor Schreiben dieses Beitrags hatte ich noch mal kurz auf Youtube nachgeguckt - und bin entsetzt zurückgeprallt. Allein schon Cruise's Irish Brogue... neenee, Hollywood-Interpretationen von Irland sind meistens nix...

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