Freitag, 14. Juni 2013

Nur in Irland (4): Schleudertrauma


Wer verstößt hier gegen die Verkehrsregeln? Tipp: Der einzige, der hier richtig parkt, bin ich. Was allerdings nicht weiter verwunderlich ich. Selbstverständlich bin ich die einzige, die hier in diesem Lande *richtig* Auto fahren kann. Ok, das ist vielleicht etwas übertrieben. Ich kenne noch ein paar weitere deutsche Autofahrerinnen, die ebenfalls mit der Straßenverkehrsordnung vertraut sind. Im Gegensatz zu unseren irischen Mitbürgern, mit denen wir uns hier die Straße teilen müssen.

Eigentlich sollte ich mich ohne Halskrause gar nicht mehr hinter das Steuer setzen. Ich habe nach den meisten Autofahrten ein Schleudertrauma. Vom vielen Kopfschütteln! Denn mit den Verkehrsregeln nimmt man es hier in Irland nicht so genau. Vor allem, wenn es sich dabei um Regeln handelt, die nicht unbedingt das fahrende Kraftfahrzeug als solches betreffen. Siehe oben. Auf dem Schulgelände der deutschen Schule Dublin. Das Schulgebäude erreicht man, indem man einen Zufahrtsweg bergab fährt und gegebenenfalls sein Gefährt auf dem Schulparkplatz abstellt. Zum Halten gibt es wiederum einen Haltestreifen an der Zufahrt, bei dem die Eltern ihre Autos kurz anhalten, damit die Kinder einsteigen können. Halten. Nicht Parken. Trotz großer Markierung "Set-down Only" (Nur zum Ein- und Aussteigen), ist dieser Streifen der begehrteste Parkplatz an der Schule. Weil es von hier etwa zehn Schritte näher zum Schulportal ist, als wenn man auf dem Parkplatz parkt. Hmph. Was mich regelmäßig aber viel mehr auf die Palme bringt, weil es meinem deutschen Ordnungssinn auch nach 14 Jahren immer noch to-tal gegen den Strich geht: Genau diese Plätze werden am liebsten von den Eltern zum Parken gegen den Verkehr genutzt. Arrrrrrrrrrgh. *kopfschüttel* Da komm ich einfach nicht aus meiner Haut heraus, am liebsten würde ich aussteigen und erstmal in die Runde ranzen "Das ist VERBOTEN!!!" (Aber ich hab mich ja im Griff. Ich ärger mich nur im Fond. Denn my car is my castle. Oder so.) Unsere irischen Freunde haben eben ein lockereres Verhältnis zur Auslegung der Verkehrsregeln. Parken kann man überall, auch gegen den Verkehr und in dritter Reihe in einer Kurve. *kopfschüttel* *kopfschüttel*

Schön finde ich auch immer wieder das graduelle Beleuchten der PKWs bei einbrechender Dunkelheit. Dass nicht jeder zur exakt selben Zeit seine Scheinwerfer einschaltet, ist natürlich klar. Warum man aber bei Dämmerung nur das Standlicht einschaltet, verstehe ich nicht. Glauben die Fahrer, dass es billiger ist, wenn man nur mit Funzelbeleuchtung fährt? *kopfschüttel* Leute, legt den Schalter ganz nach rechts und macht die verdammten Scheinwerfer an, das kostet euch nicht mehr als die Standbeleuchtung. Und besser gesehen wird man dann auf jeden Fall. - Gespart wird gerne auch an der Nutzung der Blinkerbirnen. *kopfschüttel* Bloß nicht zu früh blinken - vielleicht verschleißt die teure Blinkerbirne dann zu schnell? Zweimal klein blinken muss reichen, am besten erst dann, wenn man die Einmündung schon erreicht hat, denn wir wollen mit unseren gelben, blinkenden Leuchten ja niemanden vom Verkehr ablenken.

Wo auf Verschleiß dann wiederum keine Rücksicht genommen wird, ist bei der Nutzung der Handbremse. Diese, so brachte man mir - allerdings zugegebenermaßen beim Fahrunterricht in der norddeutschen Tiefebene - bei, wird angezogen a) wenn man das Fahrzeug verlässt (= parkt) oder b) am Berg anhält. So weit, so logisch. Nun ist Irland tendenziell etwas hügeliger als Norddeutschland, dennoch ist es hier gang und gäbe, bei jedwedem Halten die Handbremse anzuziehen. Das gilt auch für das Anhalten an einer roten Ampel oder beim Erreichen einer Einmündung. *kopfschüttel* Und führt zu unnötigen Verzögerungen, wenn Verkehrsteilnehmer auch bei tiefgrün immer noch nicht ihre verdammte Handbremse wieder losgekriegt haben. Grah.

Angeblich soll es sich ja auf Irlands Straßen wesentlich entspannter fahren als auf deutschen Trassen, auf denen unbeirrt auf das verbriefte Recht des Verkehrsteilnehmers gepocht wird. Kann ich so nicht bestätigen. Ich finde das Fahren in Irland immer stressig. Mir tut der Nacken weh, ich habe Halsschmerzen. Kopfschütteln und lauthals schimpfen sind einfach nicht gut für die seelische Ausgeglichenheit. Wie gut, dass ich in der Stadtmitte wohne und die meisten Erledigungen sowieso zu Fuß erledige. Alles weitere wird mich noch einmal vorzeitig ins Grab bringen. Ich wünsche mir für meinen letzten Weg eine von zwei Rappen gezogene Leichenkutsche.

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