Es
ist schon erstaunlich, dass man heute nirgendwo in Irland mehr von
der Zivilisation abgeschnitten ist. Häuser stehen überall in der
schönen irischen Landschaft, angebunden an Stromnetz und Wasser,
kaum mehr ein Schotterweg, der zur letzten Hütte vor dem Atlantik
führt. Der Mobilfunk erreicht den entlegensten Sumpf.
Great Sugarloaf, morgens um 8 Uhr, auf der Joggingrunde |
Über dem Ofen in der Küche |
Vor
12 Jahren war das noch etwas anders. Damals fuhren wir zum ersten
Mal, recht kurz nach der Geburt von T___, zum Einhüten auf die Farm
unserer Verwandten in den Wicklow Mountains. Eine Stunde von Dublin
entfernt war das ein Eintauchen in die Vergangenheit - eine Farm mit
Pferden, Rindern, Schafen und Hühnern. Beim ersten Mal habe ich noch
geschluckt. Das allerdings auch, weil ich dank des gerade geborenen
Töchterchens noch an der Melkmaschine hing. (Das Pumpgeräusch
verfolgt mich heute gelegentlich noch bis in meine Alpträume. Und
dabei handelt es sich bei der Farm K___ nicht mal um eine
Milchwirtschaft...) In K___ ist es immer fünf Grad kälter als in
Dublin, aber eine Zentralheizung gibt es hier nicht. Die Küche wird
genau wie vor 90 Jahren, als das Haus von der Urgroßmutter meines
GäGa bezogen wurde, mit einem Kohle befeuerten Ofen beheizt und
bekocht. Mikrowelle und Elektroherd fehlen ebenfalls.
Nach
K___ zu fahren, ist immer ein kleiner Ausstieg. Zwar habe ich dieses
Mal der Versuchung nicht widerstehen können, meinen handlichen
Laptop einzupacken, und zu meinem großen Erstaunen stelle ich fest,
dass im Hause offenbar Wlan installiert worden ist, aber mir fehlt
dazu der Zugangscode. Also doch einmal ganz raus aus dem üblichen
Alltag, bei dem der PC und das Internet niemals außer Reichweite
sind? Allein die Stille auf der Farm ist schon ohrenerfrischend. Das
einzige Rauschen, das hier gelegentlich durch die Fenster dringt, ist
der Wind, der durch die mächtigen Bäume weht, die das Haus umgeben.
Manchmal wiehert eines der Pferde, oder ein Rind brüllt unheimlich.
Nachts sind für Stadtkinder alle Geräusche fremd. Und werden in der
Stille amplifiziert, so dass das Klicken der Tastatur unerträglich
laut erscheint, genauso wie der Himmel dunkler ist als in der Stadt.
Nicht ein Licht dringt über die Felder zu unserer Farm.
Als
Teenager konnte ich mir nichts
Schöneres vorstellen, als in
abgeschiedener Einsamkeit, umgeben von Schafen und Büchern, zu
leben. Neuseeland war mein Traum. Heute bin ich mir nicht mehr so
sicher, ob ich mich so wohl fühlen würde. Nach 13,5 Jahren
Dublin-Zentral bin ich zivilisationsgeschädigt. Ohne ständige
Straßenbeleuchtung, die auch nachts um 2 Uhr mein Schlafzimmer
illuminiert, fühle ich mich unsicher. Die kontinuierliche Nähe von
anderen Menschen ist zwar irritierend, aber vermittelt doch auch ein
Gefühl von Sicherheit. Auch wenn es wahrscheinlicher ist, in der
Stadt einem Gewaltverbrechen zum Opfer zu fallen: Immerhin bleibt die
naive Illusion, dass man gehört werden würde, sollte man um Hilfe
rufen müssen. In K___ hören mich nur Molly, Tatty und Bess - Pferd,
Katze und Esel. Für einen Kurzurlaub ist es immer herrlich - aber
ich freue mich, wenn ich wieder nach Hause zurückkomme, nach dear
dirty Dublin.
Morgens um halb 8, der Blick von meinem Bett |
Posted on tour!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen