Mittwoch, 4. April 2012

Obstruktionspolitik

Neulich am Flughafen. Ich erwartete meinen Besuch aus Deutschland am Ausgang zur Ankunftshalle im blitzeblankneuen Terminal 2 des Dubliner Flughafens. Ein ruhiger Freitagnachmittag, eigentlich, aber erfahrungsgemäß wissen wir ja, dass die ankommenden Reisenden immer in Schüben durch die beiden Schiebetüren herauskommen. Alles schön und gut. Mit Musikbeschallung auf den Ohren und einer LuxusFotozeitschrift zum Zeitvertreib lehne ich direkt gegenüber dem Ausgang an einer Säule und freue mich, dass ich freien Blick auf die Türen habe.

Dieser währt nicht lange. Denn eine irische Großfamilie schiebt mit zwei haushoch bepackten Gepäckwagen sowie Omi im Rollstuhl aus dem rechte Ausgang, um sich dann dick und breit mitten im Ausgangsbereich festzusetzen. Boaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaah!

Immer schön im Weg stehen, damit auch alle anderen etwas von unserer Anwesenheit haben.
So was bringt mich ja immer auf die Palme. Und das sogar an einem Tag wie dem besagten, an dem eigentlich überhaupt nichts los war. Jede Menge Platz, um eben aus dem abgesperrtem Ausgangsbereich herauszurollen und sich mitsamt dem Clan direkt daneben abzustellen. Ab nein, man muss ja genau da stehen bleiben, wo man den Verkehr aller anderen Ankommenden am besten behindern kann.

Es fällt mir ungeheuer schwer, da über meinen deutschen Schatten zu springen. Es ist, schlicht und einfach, egoistisch und unhöflich, sich mitten in den Weg zu stellen: Zahlreiche andere Leute können ihre ankommenden Freunde nicht sehen, andere Ankommer - auch mit Gepäck oder Rolli - müssen einen großen Bogen machen. All das nur, weil eine Familie nicht nachdenkt und sich rücksichtslos da hinpflanzt, wo es für sie am praktischsten ist. "Wenn wir das alle machen würden, dann..."

Aber vielleicht bin ja auch nur ich es, die sich über die Hinernisresistenz der Iren aufregt. Das Ganze hat hier ja durchaus Plan und strategischen Hintergrund. Nicht zuletzt wurde die so genannte "obstrucionist policy" (Obstruktionspolitik) in Irland erfolgreich entwickelt und perfektioniert. Und zwar im Zusammenhang mit dem irischen Nationalismus: Irische Abgeordnete im britischen Parlament behinderten absichtlich die Entscheidungsfindung und den Debattierprozess in Westminister mit ihren Verzögerungstaktiken. Nach dem Motto: Wir stören hier so lange, bis ihr uns unsere Unabhängigkeit gebt.

Was die obstruktionistische Familie am Flughafen mit ihrer Taktik mittelfristig erreichen wollte, weiß ich nicht. Kurzfristig erreichte sie nur eines: Den Zorn und die Missbilligung einer maßgeblichen Mitbürgerin zu erregen. Wenn das mal kein Erfolg ist...

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