Samstag, 14. April 2012

Angewandte Relativitätstheorie

Da sitzt man an einem schönen Samstagabend zu Hause und muss doch wieder lästig auf das Schreiben per Blogpress-App zurückgreifen, da die Nachkommenschaft den PC blockiert. (etwaige Tippfehler bitte ich im Voraus zu entschuldigen - es tippt sich so schlecht auf dem iPhone, auch mit zierluchen Frauenfingern, die sonst in jede Küchenritze zum Putzen kommen...) und nicht nur der PC ist blockiert, sondern auch das Wohnzimmer. Denn dort campiert derzeit ein unvorhergesehener Gast, der Anlass meines heutigen Beitrags ist. Wer Gutmensch sein will, der muss dann auch den Worten Taten folgen lassen. Und so nahmen wir einen algerischen Asylanten kurzfristig bei uns auf, der nach - hier nicht näher genannten - Ereignissen eine Überbrückungsbleibe brauchte.

F___ ist ein gebildeter, junger Mann. Er kommt aus einer bürgerlichen Familie und hat einen Universitätsabschluss. Neben Arabisch und Französisch spricht er auch ein wenig Deutsch. Und nachdem er herausbekommen hatte, dass seine Gadtgeberin Deutsche ist, gab es kein Halten mehr: Deutschland sei ja sooo toll. Dort funktioniert alles. Es ist sauber. Die Menschen sind direkt, geradlinig und effektiv. Ein Asylantrag wird innerhalb eines Monats beantragt. Das steht so in den Informationsbroschüren und das ist auch so. Die Asylantenunterkünfte sind freundluch und sauber. Es gibt keine Korruption. Die Deutsche Welle macht hervirragende Radioprogramme und legt für Korrespondenz frankierte Rückumschläge bei. Die schönsten und cleversten Hunde der Welt sind deutsche Schäferhunde.

Irland? Wie kann man nur freiwillig in Irland sein? F___ kann nicht verstehen, warum ich die Relaxtheit (F___ nennt diese Unzuverlässigkeit) und Freiheit (in F___s Augen Chaos) Irlands der Ordnung und Verlässlichkeit Deutschlands vorziehe.

Da haben wir sie, die angewandte Relativitätstheorie. In der strengen Ordnung geboren, gewinnt der legere Umgang mit Regeln, Gesetzen und Vorschriften an Attraktivität. Unverbindlichkeit ist Freiheit. Umgekehrt geben den im Chaos Aufgewachsenen Regeln und Virschriften Halt und Sicherheit.

Vielleicht sind mir Ordnung und Verbindlichkeit in Fleisch und Blut, dank meiner deutschen Jugend, und ich kann das kreative Chaos des irischen "Ah, sure it's grand" verkraften und genießen? Auch ich habe meine gelegentlichen Kritikanfälle, was Irland angeht. Diese sind ja auch zur Genüge in diesem Blog dokumentiert. Und doch steht für mich unumstößlich fest, dass ich lieber hier lebe als in Deutschland. Denn Lebensqualität definiert jeder anders. Und die Freiheit, anders zu sein und auch einmal Fünfe gerade sein zu lassen, sind für mich wichtiger als pünktluche Busse und täglich geleerte Papierkörbe!


- Posted on Tour, using BlogPress from my iPhone

1 Kommentar:

  1. Ich will auch in dieses Deutschland, das Euer Gast da beschreibt! Nur...wie komme ich von München dorthin?
    Liebe Grüße (und Du bist zu gut für diese Welt!)
    Biggi

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