Dienstag, 25. Oktober 2011

Flut

Man sollte irgendwie meinen, dass Irland mit Wasser irgendwie Expertise hat. Nicht nur so als Inselnation. Sondern eher so als Land, das ja durchaus Erfahrung mit Regen hat, nech. Ich mein, es regnet hier ja eigentlich immer. Wenigstens einmal am Tag. Aber heute, da hat es mal den ganzen Tag geregnet. Und die Quittung haben wir auch gleich hier:



Ein kleines Video, das ich eigenhändig vor ein paar Stunden gedreht habe. Symptomatisch für Irland im Herbst. Nicht immer. Aber immer öfter. Und hier die dazugehörige Geschichte:

Es sollte ein schöner Abend werden. Beruflich hatte ich vier Eintrittskarten zu einer Vorführung des Films "Round Ireland with a Fridge" bekommen. Mann und Mäuse durften mich zur Ausübung meines Berufs (ausnahmsweise mal journalistisch, nicht fotografisch) begleiten, da es sich um einen komödiantischen Film handelte. Doch oh weh, der Dauerregen hatte bereits heute morgen eingesetzt, und als wir uns auf den Weg machen wollten, war der Feierabendverkehr so stark, dass wir kurzerhand entschieden, per Straßenbahn zum Kino im schicksten Einkaufszentrum Dublins zu fahren. Das Schicksal meinte es wohl gut mit uns - dazu aber später mehr. Zunächst mal war ich dem Schicksal nämlich nicht dankbar: Schon auf dem Weg zur Straßenbahnhaltestelle waren wir trotz dreifacher Beschirmung in kürzester Zeit durchweicht. Und außer uns wollten natürlich auch zahlreiche weitere Zuckerpuppen nicht nass werden, so dass wir uns mit eingezogenen Bäuchen zu den bereits wie Sardinen in der Büchse stehenden Strabapassagieren quetschen mussten, um überhaupt in die Bahn zu kommen.

Aber wir kamen an, die Freikarten lagen am Kino bereit und im WC gab es einen puststarken Handtrockner, der auch gleich die durchweichte Bluse wieder trockenfönte. Das Kino war mehr als dürftig besetzt - kein Wunder, bei dem Wetter. Und so beglückwünschte uns auch der Hauptdarsteller, Skriptwriter und Autor des Films, Tony Hawks, zu der erlesenen Zahl der Glücklichen zu gehören, die an diesem Abend gegen alle Elemente ankämpfend seinen Film sehen durften.

Mit Popcorn und Maltesers bewaffnet sanken wir in die roten Plüschsessel und genossen den Film - bis urplötzlich nach einer Stunde das Neonlicht aufflackerte. Sauerei, was für eine Unterbrechung? Drei offiziöse Herren stürmten in den Kinosaal und machten eine Ansage, die wir, auf den hinteren Plätzen sitzend, unter dem lauten Filmdialog leider nicht verstanden. Angesichts der Tatsache, dass alle anderen Kinoinsassen jedoch ihre Jacken anzogen und aus dem Saal stürmten, beeilten wir uns aber, hinterher zu kommen. Erst beim Hinausgehen erfuhren wir dann, dass das Shopping Center und das darin befindliche Kino soeben komplett evakuierte werde. Hochwasser.

Oder "flood" auf Englisch. Ein Wort, über das ich mich ja immer gerne amüsiere, ruft es bei mir doch Assoziationen von sturmgepeitschten Wellenbergen, Vollmond-Springflut und absaufenden Seelenverkäufern hervor. Haha, ein bisschen Wassereinbruch in'ner Tiefgarage, dachte ich noch so bei mir, bis ich dann vor das Kino trat und dort die aus den Gullydeckeln emporspritzenden Fontänen sah.

Dublin im Notstand. Mein Video von oben gibt es nur bruchstückhaft wieder, was draußen abging. Während sich das Shopping Center zu einem Hallenbad olympischer Ausmaße verwandelte, rauschten die an einem Hang gelegene Straße wahre Bäche von Wasser hinab. An ein Nachhausekommen trockenen Fußes war nicht mehr zu denken. Bereits nach fünf Metern waren meine Stiefel durchnässt. Glück im Unglück, dachte ich noch, denn wir mussten ja kein Auto mehr retten, waren ja mit der Straßenbahn gekommen. Alles, was in der Tiefgarage stand, war bereits unfreiwillig zum Amphibienfahrzeug umgerüstet worden.

Auf zur Straßenbahn, die bereits wartete. Doch wenn wir nun glaubten, dass wir nun trockenen Fußes nach Hause sausten, hatten wir uns getäuscht. Ansage in der Bahn "Verehrte Fahrgäste, leider verkehrt diese Bahn auf Grund von Hochwasser nur bis zur Haltestelle Beechwood. Wir bitten eventuelle Unannehmlichkeiten zu entschuldigen." Ach bitte doch, gerne. Bäh. Beechwood ist vier Haltestellen von der Innenstadt entfernt. Und als wir dort ausstiegen, wurden wir erst so richtig nass: Die Bahn konnte wahrhaftig nicht weiterfahren, da die Gleise einen halben Meter unter Wasser standen. Also stapften wir zwangsweise durch Regen, knietiefe Pfützen und immer in Erwartung einer Vertikaldusche mit ignoranten Grüßen vom rücksichtslosen Autofahrer neben uns nach Hause.

Tja, es soll wohl, so habe ich sagen hören, in manchen Ländern die enorm progressive und geradezu revolutionäre Idee geben, im Herbst das fallende Laub der Bäume regelmäßig von der städtischen Fahrbahnreinigung aufharken und einsammeln zu lassen. Könnte durchaus dem ständigen Durchfluss der Gullys und Rinnsteine zuträglich sein, habe ich mir sagen lassen. Das ist ein zukunftsträchtiges Konzept, aber eines, das in Irland bisher noch nicht auf Nachhaltigkeit und praktische Durchführbarkeit getestet wurde. Laubfall und Abflussfreiheit sind hier bislang noch in keinen kausalen Zusammenhang gebracht worden. Vielleicht ist noch Zeit, mir das patentieren zu lassen? Es könnte ja mal gebraucht werden...

1 Kommentar:

  1. Hi Sonja,
    hoffentlich kannst du den Film noch einmal sehen. Ich habe ihn hier http://www.roundirelandwithafridge.com/ gesehen. Er war für kurze Zeit frei. Ich habe das Buch vor kurzem erst gelesen. Hier die Karte dazu http://maps.google.com/maps/ms?msid=201772095889246119531.0004ad2180bdf861c9b41&msa=0

    Gruß aus Bhv

    Wolfgang

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