Dienstag, 7. Februar 2012

Vetternwirtschaft

Über Wetternvirtschaft, äh, Vetternwirtschaft habe ich schon oft gevettert. Gewettert. Bei vier Millionen Piepels hierzulande, ist klar, dass das Parlamentsmandant vom Vater auf den Sohn vererbt wird, die Handwerkeraufträge vom Bauunternehmer an den Schwager der Ehefrau gehen und Behördengänge am liebsten beim Nachbarn der Cousine erledigt werden. Als Ausländer ist man da schnell außen vor. Doch wer langen Atem hat und lange genug im Lande lebt, der hat sie irgendwann auch, die Beziehungen...

Daran erfreue ich mich derzeit selber auch ein bisschen. Gerade bin ich dabei mein Abschlussprojekt für die Uni anzugehen. Dazu brauche ich Zugang zum Innersten von verschiedenen Firmen - ich möchte Kantinen fotografieren. Dies erweist sich als schwieriger denn gedacht. Während öffentliche Institutionen gerade für studentische Projekte sehr offen sind, haben Firmen der freien Wirtschaft offenbar nur eines im Kopf: Industriespionage. Oder wie kommt es, dass es ungeheuer schwer erscheint, Fotografiererlaubnis für so etwas harmloses wie Firmenkantinen zu bekommen?

Nun, ich darf nicht meckern, denn mittlerweile habe ich schon eine Liste von Erlaubniszusagen vorliegen. Und das dank besagter Vetternwirtschaft. Zwar bin ich mit keinen meiner Gönner verwandt, aber geholfen hat es dennoch, dass ich nicht davor zurückgeschreckt bin, meine Freunde, die in den verschiedensten Branchen arbeiten, auf eine Fotoerlaubnis anzusetzen. Dank A___ kann ich in einer Versicherung fotografieren. M___ brachte mich ins Heiligtum eines Computerherstellers. Und J___ hat mir Zugang zur brandneuen Kantine einer staatlichen Einrichtung verschafft.

Nun sind wir auf Augenhöhe, Irland und ich. Ich kann nämlich auch Beziehungen spielen lassen, wenn ich will. Nein, nicht wenn ich will. Denn eigentlich will ich nicht. Irgendwie hat es mir nie im Leben Spaß gemacht, etwas nur deswegen zu bekommen, weil ich die entscheidende Person kenne. Selbst etwas zu erarbeiten ist einfach befriedigender. Aber wenn Irland nicht zu mir kommt, muss ich eben nach Irland gehen... Es lebe die Vetternwirtschaft.

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