Samstag, 18. Februar 2012

In bed with the Irish

Eigentlich wollte ich heute über Irland als Ziel einer Familienreise sprechen (danke für das Stichwort, A___), aber beim Nachdenken darüber bin ich mal wieder vom Höckschen aufs Stöckschen gekommen. Und statt Tipps zu Kurzreisen... äh... Reisen mit Kurzen nach Irland, möchte ich mal lieber aus der Nachttischschublade plaudern: in bed with the Irish, quasi.

Bis 1992 war es in Irland schwierig, wenn nicht gar verpönt, zum Verhütungsmittel zu greifen. Illegal war das Verhüten zwar nicht - aber in einer typisch irischen Lösung eines typisch irischen Problems hatte man es den koituswilligen Bürgern so schwierig wie möglich gemacht, die Fortpflanzung unter Kontrolle zu halten: Verhütungsmittel gab es nur auf Vorlage eines von einem Arzt ausgestellten Berechtigungsscheines. Im Verkauf waren diese in Apotheken. Man kann sich vorstellen, dass das gerade in ländlichen Gebieten wohl wenig diskret ablief, wenn man in der einzigen Apotheke in 50 km Umkreis eine Packung Verhüterli erstehen wollte. Kein Wunder, dass Irland bis in die 90er Jahre eines der geburtenstärksten Länder Europas war. Unter vier Kindern pro Familie lief da nichts - eine beneidenswerte Geburtenrate.

Besagtes Jahr 1992 änderte dann aber alles. Neue Gesetzgebung erlaubte den offenen Verkauf von Kondomen. Das ließen sich die Studentenvereinigungen nicht zweimal sagen und hängten Kondomautomaten in die Toiletten von Trinity College und UCD. Es folgte ein Sturm der Entrüstung. Ich war damals als Austauschstudentin vor Ort und erinnere mich lebendig an die bizarren Auseinandersetzungen, die für mich kaum nachvollziehbar waren. Spätestens seit Hella von Sinnens sprichtwörtlichem "Tinaaaaaaaaaa, wat kosten die Kondome?" gehörten die bunten Gummis schließlich zum guten Ton bundesdeutscher Bettgeschichten.



In Irland ließ sich die Fortpflanzung... pardon, der FortSCHRITT auch nicht mehr aufhalten.. Plötzlich gab es Kondome überall zu kaufen. Und zwar nicht nur dort, wo man sie vermutete (Drogerie, Apotheke, meinetwegen noch Supermarkt), sondern lagen an jeder Kasse in der Sockenabteilung, im Buchladen und am Imbisstresen. Bizarr. Aber ein gutes Ende der erzwungenen Großfamilienpolitik Irlands.

Die Geburtenrate Irlands pendelte in den Folgejahren auf den europäischen Durchschnitt zu. Vor allem in den Tigerjahren - der Zeit des wirtschaftlichen Booms in Irland - waren die Iren zu sehr mit Einkaufen beschäftigt, als dass sie sich fortpflanzen wollten. Vielleicht kauften sie einfach zu viele Kondome? Erstaunlicherweise schnellte die Geburtenrate mit eingesetzter Rezession wieder auf überdurchschnittliche Höhe und liegt heute in Europa hinter der Türkei mit mehr als drei Kindern pro Frau an zweiter Stelle. Man hat wohl wieder Zeit für häusliche Aktivitäten - und kein Geld für Verhütung.

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